Der Staatsbankrott rückt immer näher, dennoch lässt sich Zypern viel Zeit. Auch am Samstag stand noch kein Termin für die erwartete Abstimmung des Parlaments über die umstrittene Zwangsabgabe auf Sparkonten fest, mit der Zypern seinen Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen abrunden wollte. Bei den Verhandlungen der Regierung in Nikosia mit der Geldgeber-Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) zeichnete sich am Abend keine schnelle Einigung ab. Dadurch geriet der gesamte Zeitplan in Verzug. Am Sonntag will in Brüssel die Eurogruppe über Zypern beraten.
In den Troika-Gesprächen geben es Komplikationen, berichteten die zyprische Nachrichtenagentur CNA und der Staatsrundfunk unter Berufung auf Regierungskreise am späten Abend. Die IWF-Vertreterin stelle "immer wieder neue Forderungen". Zuvor hatte sich Finanzminister Michalis Sarris positiv über den Verlauf der Gespräche geäußert: "Es gibt wahrhaftig Fortschritte. Wir haben ein umfassendes Programm vorgelegt." Es gebe aber einige Themen, die noch nicht geklärt seien. Details nannte er nicht.
Parallel zu den Verhandlungen kam Staatschef Nikos Anastasiades am Abend mit den Parteichefs auf der Mittelmeerinsel zusammen.
ZWANGSABGABE
Im Mittelpunkt der Troika-Gespräche stand die Zwangsabgabe auf Geldeinlagen des größten zyprischen Geldinstituts, der Cyprus Bank. Dort sollen russische Oligarchen Milliarden geparkt haben. Zur geplanten Höhe machten in Nikosia verschiedene Gerüchte die Runde.
Die Zeitung "Kathimerini" berichtete, es werde eine Abgabe von 18 bis 22 Prozent auf die Geldeinlagen der Cyprus Bank geben. Für alle anderen Banken könnte eine Zwangsabgabe in Höhe von vier Prozent auf alle Guthaben über 100 000 Euro kommen. Anderen Gerüchten nach soll die Abgabe bei der Cyprus Bank 20 Prozent betragen.
Ursprünglich hatte Nikosia eine Zwangsabgabe von 25 Prozent auf Spareinlagen über 100 000 Euro vorgeschlagen. Es blieb unklar, wann dieses letzte Gesetz dem Parlament präsentiert und wann darüber abgestimmt werden sollte. Mit einer Abstimmung am Samstagabend werde in keinem Fall mehr gerechnet, sagte der stellvertretende Parlamentsdirektor Sokratis Sokratous.
EINSCHRÄNKUNGEN IM KAPITALVERKEHR
Das Parlament in Nikosia hatte am Vorabend mehrheitlich Einschränkungen im Kapitalverkehr gebilligt, um ein Abfließen der Gelder ins Ausland zu verhindern. Außerdem wurde die Bildung eines Solidarfonds zur Rekapitalisierung der Geldhäuser beschlossen.
Das EU-Land muss eine Eigenleistung von 5,8 Milliarden Euro zusammenbringen, um von den internationalen Geldgebern Nothilfen von zehn Milliarden Euro zu bekommen. Die EZB hat angekündigt, dass sie nur noch bis einschließlich Montag (25. März) Geld aus Europa für die zyprischen Banken bereitstellen wird. Danach sollen nur dann weiter Mittel fließen, wenn es ein Sanierungskonzept gibt. Am Dienstag sollen die seit Samstag vor einer Woche geschlossenen Banken wieder öffnen. Derzeit gibt es auf der Insel Bargeld nur vom Bankautomaten.
EURO-FINANZMINISTER BERATEN AM SONNTAG
In Brüssel wollten die Finanzminister der Eurogruppe am Sonntagabend um 18.00 Uhr die Zypern-Frage in einer Krisensitzung erörtern. Das teilte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem am Samstag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Nach inoffiziellen Angaben wurde auch Zyperns Staatschef Anastasiades in Brüssel erwartet, um den Alternativplan vorzustellen, mit dem Zypern seinen Anteil am Rettungsplan der Geldgeber aufbringen will. Ein erster Plan, bei dem etwa Zwangsabgaben in unterschiedlicher Höhe auf alle Spareinlagen im Land vorgesehen waren, war am Dienstagabend vom zyprischen Parlament glatt abgewiesen worden.
Jörg Asmussen, Mitglied im EZB-Direktorium, verteidigte eine Beteiligung der Sparer an der Rettung der zyprischen Banken. In einem Gastbeitrag für die Wochenendausgabe der Zeitung "taz" schreibt Asmussen, Privatisierungen alleine würden nicht ausreichen. Deshalb sei eine "einmalige Sonderabgabe auf Einlagen" nötig.
In Deutschland stoßen die jüngsten Vorschläge aus Zypern zur Rettung des Euro-Landes vor dem Staatsbankrott parteiübergreifend auf Ablehnung. Der Finanzobmann der CDU/CSU-Fraktion im Bundestagsfinanzausschuss, Hans Michelbach, sieht immer weniger Chancen, einen Staatsbankrott zu verhindern. "Auch die neuen Beschlüsse sind bestenfalls eine Mischung aus kreativer Buchführung und Scheinlösungen", sagte Michelbach am Samstag in Berlin.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin lehnte die jüngsten Vorschläge aus Zypern ebenfalls ab. "Wenn die Regierung in Zypern den Telekom-Angestellten des Landes an die Rente gehen will, um das Vermögen russischer Oligarchen zu retten, dann können wir das nur ablehnen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach sich dafür aus, dass auf Zypern "große Vermögen über hunderttausend Euro einmalig belastet werden können, die vorher jahrelang von Steuerdumping und hohen Zinsen profitiert haben". Kleinere Sparguthaben müssten aber tabu sein, sagte Steinmeier den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe./tt/DP/stk
AXC0031 2013-03-23/22:52