In der bedrohlichen Zypernkrise haben die EU-Spitzen und Präsident Nikos Anastasiades das Heft in die Hand genommen. Der konservative Staatschef verhandelte am Sonntagabend mit EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso über die Rettung der Inselrepublik vor der Staatspleite.
Umstritten war insbesondere die Ausgestaltung der Zwangsabgabe auf zyprische Bankguthaben, die unter dem Strich 5,8 Milliarden Euro einbringen soll. Nikosia muss einen Eigenanteil von insgesamt etwa 7 Milliarden Euro aufbringen, um Hilfe der internationalen Geldgeber zu bekommen. Ein Diplomat berichtete, es gebe zwar Bewegung, aber bisher keine Einigung. Er sprach von sehr harten Verhandlungen.
Mit den Beratungen auf der europäischen Top-Ebene wurden die Euro-Finanzminister zunächst ausgebremst. Sie waren am Abend zu Krisenberatungen zusammengekommen. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem informierte die Runde am späten Abend über den aktuellen Verhandlungsstand, wie Diplomaten berichteten.
GROßER ZEITDRUCK
Die obersten Kassenhüter wollten das Hilfspaket von 10 Milliarden Euro endgültig schnüren. Die Gespräche fanden unter großem Zeitdruck statt. Denn die Europäische Zentralbank (EZB) verlangt ein abgeschlossenes Sanierungskonzept. Andernfalls will sie für die zyprischen Banken nur noch bis einschließlich Montag Geld aus Europa bereitstellen.
Letzten Endes steht bei der schweren Krise der Verbleib Zyperns in der Eurozone auf dem Spiel. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte: "Wir sind zu einer Lösung bereit, wir wollen alles tun."
Der Konservative Anastasiades soll nach Angaben des staatlichen zyprischen Fernsehens (RIK) gegenüber seinen Gesprächspartnern in Brüssel sogar von Rücktrittsdruck gesprochen haben: "Wollt Ihr mich zum Rücktritt zwingen? Wenn es das ist, was ihr wollt, dann sagt es." Anastasiades hatte vom Nachmittag an auch mit Dijsselbloem, EU-Währungskommissar Olli Rehn, IWF-Chefin Christine Lagarde und EZB-Präsident Mario Draghi gesprochen.
'WIR BRAUCHEN HEUTE NACHT EINE LÖSUNG'
Der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden sagte: "Wir brauchen heute Nacht eine Lösung." Er fügte hinzu: "Es geht um die Stabilität in der Eurozone." Mit Blick auf Spekulationen über erhöhte Beträge sagte er: "Die Summen, die in der Diskussion stehen, haben sich nicht geändert." Der französische Ressortchef Pierre Moscovici meinte, bisher habe es in Zypern eine Art "Spielkasino-Wirtschaft" gegeben.
Das Tauziehen um die Rettung des Euro-Landes hatte auch den ganzen Samstag angedauert: In den Gesprächen mit der Troika der Geldgeber gab es immer wieder Komplikationen. Im Mittelpunkt der Troika-Gespräche stand die Zwangsabgabe auf Geldeinlagen bei der Bank of Cyprus, dem größten zyprischen Geldinstitut. Dort sollen russische Oligarchen Milliarden geparkt haben.
Zur geplanten Höhe der Abgabe machten immer wieder neue Gerüchte die Runde. Die Zeitung "Kathimerini" berichtete, die Abgabe auf Einlagen bei der Bank of Cyprus werde zwischen 18 und 22 Prozent betragen. Für alle anderen Banken könnte eine Zwangsabgabe in Höhe von vier Prozent auf Guthaben über 100 000 Euro kommen.
STREIT ZWISCHEN IWF UND ZYPERN
Nikosia und der IWF gingen schwer zerstritten in das Brüsseler Treffen. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Regierungskreisen in Nikosia erfuhr, geht es dabei vor allem um die bisherigen Liquiditätshilfen der EZB. Die zweitgrößte Bank, die Laiki Bank, soll in eine "gesunde" und eine "Bad Bank" geteilt werden. Der gesunde Teil soll von der Bank of Cyprus übernommen werden. Die Last der bisherigen EZB-Liquiditätshilfen von etwa 9,5 Milliarden Euro für die Laiki Bank soll dabei nach dem Willen des IWF von der Bank of Cyprus übernommen und nicht in die "Bad Bank" abgeschoben werden. Dies würde nach Ansicht Nikosias allerdings den Branchenprimus in den Abgrund führen.
Das Parlament in Nikosia hatte in der Nacht zum Samstag bereits einen Teil des Sparpakets verabschiedet. So wurden Einschränkungen im Kapitalverkehr gebilligt, um ein Abfließen der Gelder ins Ausland zu verhindern. Außerdem wurde die Bildung eines Solidarfonds zur Rekapitalisierung der Geldhäuser beschlossen. Am Dienstag sollen die seit Samstag vor einer Woche geschlossenen Banken wieder öffnen.
Die Eurogruppe hatte bereits vor einer guten Woche einen Rettungsplan beschlossen, der jedoch wenige Tage später im zyprischen Parlament scheiterte. Das lag vor allem daran, dass auch Konten von unter 100 000 Euro mit der Zwangsabgabe belastet werden sollten./cb/aha/tt/hrz/DP/stk
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