Der ehemalige "Stern"-Reporter Gerd Heidemann, der die gefälschten Hitler-Tagebücher beschafft hat, müht sich 30 Jahre nach der Veröffentlichung um seine Rehabilitation. So bestreitet Heidemann, dass die Chefredaktion des "Stern" zu spät eingeweiht gewesen sei und die Tagebücher an der Chefredaktion vorbei direkt von der Verlagsleitung angekauft worden seien.
"Ich habe fast jede Reisekostenrechnung mit dem Vermerk 'Hitler-Tagebücher' abgerechnet, auch die Reisen in die DDR, das hat die Chefredaktion abgezeichnet", sagte Heidemann in einem Interview mit der "Welt am Sonntag". Im Übrigen hätten die Chefredakteure nach seinen Angaben seit 13. Mai 1981 Bescheid gewusst: "Weil sie mich in die Türkei schicken wollten, damit ich die Hintergründe des Papst-Attentäters recherchieren sollte, musste auf meine Veranlassung die Verlagsleitung den Chefredakteuren klar machen, dass ich Wichtigeres zu tun hatte", sagte Heidemann. Auch Gruner+Jahr-Verlags-Chef Henri Nannen habe sehr früh Bescheid gewusst. Kurz nachdem Heidemann den ersten Band eines angeblichen Tagebuchs gesehen hatte, traf er Nannen im Januar 1980 in der Kantine und erzählte von dem Fund.
"Er hat mich auch zwischendurch immer wieder gefragt, wie der Stand ist", so Heidemann zur "Welt am Sonntag". Der ehemalige "Stern"-Reporter wirft sich heute vor, die Bücher nicht gründlich genug geprüft zu haben. Kujau habe ihn "übers Ohr gehauen", der Fälscher habe in die richtige Geschichte des abgestürzten Flugzeugs aus der Hitler-Staffel die Lüge von den Tagebüchern, die angeblich ans Bord gewesen seien, eingewebt. "Das war raffiniert", so Heidemann.
"Aber natürlich haben wir im folgenden auch manches, was nicht passte, ausgeblendet." Einmal habe er seinen Ressortleiter mit Ungenauigkeiten konfrontiert, die in dem Band von 1933 standen. "Der meinte nur: 'Merk Dir das, das hauen wir dem Arsch alles um die Ohren!'", erinnert sich Heidemann. Bis heute ist ein Großteil der vom "Stern" für die 62 "Tagebücher" gezahlten 9,3 Millionen Euro verschwunden. Heidemann behauptet, der im Jahr 2000 verstorbene Kujau habe das Geld erhalten. "Ich habe das Geld bei Kujau abgeliefert, ich habe nichts unterschlagen. Er hat das versteckt oder verprasst, da bin ich sicher", so Heidemann. Der 81-Jährige lebt heute zurückgezogen in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Hamburg-Altona.