Rückblick
Diese Woche schrieb Börsen-Geschichte. Der April verabschiedete sich mit einem deutlichen Plus und verhalf damit der sechs Monatsphase von November bis April zu einem beachtlichen Erfolg. Der Mai trumpfte gleich am dritten Tag mit neuen Rekordhöhen am Freitag auf, als die US-Arbeitsmarktdaten besser als erwartet waren. Der Dow Jones stieg erstmals während einer Börsensitzung über die 15.000-Marke und schloss auf einem neuen Rekordhoch leicht darunter. Damit wurde meine Jahresprognose frühzeitig erfüllt. Auch der S&P 500 erreichte eine neue Höchstmarke und kletterte erstmals über der 1.600-Marke. Der Russel 3000 Index, der 98% der Marktkapitalisierung aller notierten US-Titel abdeckt, schloss ebenfalls auf einem Rekordhoch. In Deutschland erzielte der DAX im Windschatten von Wall Street am Freitag nicht nur das beste Tagesergebnis (grüner Pfeil) sondern gewann auch den Wochenpreis (grüner Pfeil) und endete auf einem neuen Rekordhoch.
Die Schweizer Börse (SMI) legte in den sechs Monaten von November bis April fast 20% zu und führt damit das Feld unter den Aktienmärkten auf der Tabelle an (grüner Pfeil). Auch seit Jahresbeginn liegt der SMI weiterhin vorn (grüner Pfeil). Die Wiener Börse (ATX) enttäuschte dagegen mit dem einzigen Wochenverlust (roter Pfeil) und liegt auch seit Jahresbeginn leicht im Minus.
Der mit Abstand größte Verlierer im April war Silber (roter Pfeil). Auch in der sechs Monatsphase von November bis April und seit Jahresbeginn kommt Silber auf den letzten Platz (rote Pfeile). Der gesamte Edelmetallsektor stand unter erheblichen Verkaufsdruck, wobei Platin mit einstelligen Minus-Prozenten noch am besten abschloss. Im Öl-Sektor konnte sich Texal-Öl (WTI) verbessern, während Nordsee-Öl (Brent) seine Prämie zu WTI reduzierte.
Ausblick
Liquidität ist das Blut der Börse. Die amerikanische Notenbank (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB) sowie die Bank of Japan (BoJ) haben den Geldhahn massiv aufgedreht und damit eine Liquiditätshausse ohne Beispiel an den Aktienmärkten erzeugt. Solange die US-Fed, EZB und BoJ ihre Niedrigzinspolitik nicht ändern - und dazu gibt es zur Zeit keinen Grund, geht dieser Aufwärtstrend weiter. Allerdings kann es in diesem Hausse-Sog zu temporären, teilweise technisch und politisch bedingten Unterbrechungen von Minus 5% bis 10% kommen. Damit rechne ich im Laufe des Sommers, wenn es in den USA zu keiner Einigung bei den staatlichen Zwangskürzungen kommt und in Europa wirtschaftliche Wachstumsstrategien ausbleiben. Der Dow Jones kann dabei die 14.000-Marke nochmals testen und der DAX wieder unter die 8.000-Marke fallen. Beides wäre eine Kaufchance, da am Jahresende die Börsen über dem aktuellen Niveau stehen werden. Das Potential beim Dow Jones reicht bis zur 16.000-Marke und beim DAX bis zu 9.000 Punkten.
Der Dax hat es doch noch geschafft und schloss am 3. Mai auf einem neuen Rekordhoch. Damit ging meine Prognose zu Jahresbeginn mit nur dreitägiger Verspätung auf. Allerdings begann ich vor zwei Wochen in meinem Blog daran zu zweifeln und verschob einen neuen Höchststand auf das vierte Quartal. Die Zinslockerung der EZB am Donnerstag auf einen Tiefstand und die Aussicht einer nochmaligen Zinssenkung waren der Auslöser für diese jüngste Rallye. Der Börsen-Spruch - sell in May and go away (verkaufe im Mai und geniesse den Sommer) - wird sich daher diesmal nicht bestätigen. Allerdings sind existierende Positionen mit einem Stopp abzusichern.
Die gelben Schattierungen im Chartbild sind die Korrekturen und Baissen in der DAX-Geschichte. Etliche Prognosen reden jetzt von einem DAX Jahresendstand von 10.000 Punkten oder sogar noch mehr. Dies ist mir nach wie vor zu optimistisch und erst im nächsten Jahr realistisch.
Der amerikanische Freiverkehrsmarkt (NASDAQ) kommt seit Beginn der Hausse vom 9. März 2009 auf ein Plus von 166% und führt damit das Feld der von mir intensiv verfolgten Börsen-Indizes an. Der Dow Jones und DAX liegen dagegen dicht beieinander. Der japanische Nikkei lag bis November 2012 (roter Pfeil) deutlich zurück und stand seit 2010 dreimal (schwarze Pfeile) unter erheblichen Verkaufsdruck. Die neue expansive Liquiditätspolitik der BoJ hat innerhalb von sechs Monaten ein Plus von über 60% gebracht.
Die Hausse von März 2009 endete frühzeitig nach gut zwei Jahren aufgrund politischer Anspannungen in Europa und den USA im Sommer 2011 (lila Schattierung). Die neue Hausse, die im September/Oktober 2011 begann, ist daher mit knapp 20 Monaten noch relativ jung. Seit 1900 gab es 36 Haussen an Wall Street, die im Durchschnitt 25 Monate dauerten, wobei 16 deutlich kürzer waren und 10 weitaus länger anhielten. Da die US-Fed ihre lockere Zinspolitik bis mindestens 2015 fortsetzen will, kann sich die Hausse bis dahin durchaus fortsetzen, es sei denn, die Politik macht wieder wie bereits 2011 einen bedauerlichen Strich durch diese Rechnung.
Besser als erwartete US-Arbeitsmarktdaten sorgten am Freitag nicht nur an Wall Street für einen sehr festen Wochenabschluss. Bei genauerer Betrachtung war diese Statistik jedoch keinesfalls so beeindruckend wie dem ersten Anschein nach. Die Zahlen der neuen Arbeitsplätze für April waren mit 165.000 (blauer Pfeil) "nur" um 12.000 höher als geschätzt und die aufgebrachten Arbeitsstunden waren etwas weniger. Die beiden Vormonate wurden gleichzeitig um 114.000 Arbeitsplätze nach oben revidiert. Der starke Anstieg im Februar (grüner Pfeil) war jedoch eine Verzerrung und bezog sich primär auf temporäre Arbeitsplätze, um eine öffentliche Umfrage durchzuführen.
Aufgrund der Rezession von 2008/2009 kam es bis Februar 2010 zu Entlassungen auf dem Arbeitsmarkt (rote Schattierung). Die daraufhin folgende starke Erholung dauerte nur drei Monate (hellgrüne Schattierung) und beruhte in erster Linie erneut auf einer Umfrage, die nur temporäre Arbeitsplätze schuf. Danach folgte wieder ein viermonatiger Abschwung am Arbeitsmarkt (gelbe Schattierung. Erst danach begann im Oktober 2010 eine dauerhafte Verbesserung, die allerdings deutlichen monatlichen Schwankungen unterlag (grüne Schattierung). Die lila Linie zeigt den durchschnittlichen Anstieg von 208.000 Arbeitsplätzen im besten Jahr seit 2000 an. Die blaue Linie zeigt den Durchschnitt für das beste Jahr in den 90-er Jahren an. Daran kamen seit 2010 bisher nur zwei Monate heran. Die Arbeitslosenrate fiel mit 7,5% zwar auf das niedrigste Niveau seit Dezember 2008; jedoch war dies nur wegen einer geringfügigen Verbesserung hinter der zweiten Stelle nach dem Komma.
© 2013 Heiko Thieme