Berlin (ots) - Den Deutschen hat halb Europa gerade bescheinigt, dass sie nach drei Jahren Schulden-, Wirtschafts-, Euro-Krise ganz anders wahrgenommen werden, als sie selbst das zu verdienen meinen. Als Egoisten nämlich, als arrogant und unsensibel, das belegt eine Umfrage der Forscher von Pew Research. Die Nöte der anderen interessieren uns nicht, solange die deutsche Wirtschaft brummt? Ganz falsch, sagen da die Deutschen: Die Geschmähten, ebenfalls befragt, halten sich selbst für das mitfühlendste Volk Europas.
Man könnte die unterschiedlichen Befindlichkeiten einfach so stehen lassen. Doch die Vorurteile - von faulen Südeuropäern, vom egoistischen Norden - haben längst in die Euro-Rettungspolitik Eingang gefunden. Das Bild von den eigennützigen Deutschen zeichnen ja nicht nur Straßenumfragen, es ist auch recht präsent bei Frankreichs Regierungspartei. Die Frage ist also: Was machen wir Deutschen daraus? Den anderen entgegenkommen, ihnen zu gefallen suchen - oder für die eigene Position werben? Uns Geschmähten wird nicht viel übrig bleiben, als uns für Letzteres zu entscheiden: Wir werden es aushalten müssen, nicht recht gemocht zu werden. Das ist das Dilemma des Strebers. Er ist unbeliebt, mag er sich selbst auch für großzügig halten, weil er andere abschreiben lässt.
Deutschland ist die Ausnahme: am Arbeitsmarkt, der sich im Rest Europas eher bedenklich entwickelt, beim Wirtschaftswachstum ebenso. Das schafft vielleicht Neid, sicher aber die Erwartung, die Deutschen sollten sich nicht so haben: Warum der Widerstand gegen "mehr Solidarität"? Ihr könnt es euch doch leisten! Unsinn ist das. Und mit dem Schlagwort Solidarität wird nur die Eigenverantwortung verwischt. Die Bundesregierung antwortet auf solche Vorwürfe, indem sie gern die Grenzen des geltenden EU-Vertrags beschwört. Doch laufen all die Forderungen auf eines hinaus: Deutschland soll bremsen, damit die anderen aufholen können. Darauf aber kann sich dieses Land nicht einlassen, es ist nicht in seinem Interesse und auch nicht in dem Europas.
Dabei kann es doch so schwer nicht sein, für eine Kultur der Leistung zu werben. Steht er nicht mehr für Leistung, dann ist der Streber kein Primus mehr, sondern wird als armes Würstchen belächelt. In Klassenzimmern herrscht ein unbarmherziges Gespür für Anbiederungsversuche. Frankreich erlebt das gerade: Der historische Klassensprecher der EU hat sich selbst marginalisiert. Denn er hat sein Defizit laufen lassen und die industrielle Grundlage des Wohlstands geschwächt, hat Reformen aufgeschoben und tut es immer noch. Frankreich reiht sich in Südeuropa ein. Die Verbrüderung mit den Ländern, die ähnlich viel aufzuholen haben, schafft vielleicht Kumpanen in der letzten Reihe, aber sie schwächt anderswo Einfluss und Ansehen. Denn letztlich wissen alle, dass wuchernde Verschuldung und Reformstau die Leistung schwächen und Vertrauen untergraben.
Das Paradoxe ist: Europa versteht den Sinn der Konsolidierung, gibt das aber nur unter Zwang zu. Von einer "Erfolgsgeschichte" spricht heute zum Beispiel Griechenlands Regierungschef und meint das vergangene Jahr. Es ist ihm gelungen, Vertrauen wiederherzustellen. Durch echtes Sparen.
Originaltext: BERLINER MORGENPOST Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2
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Man könnte die unterschiedlichen Befindlichkeiten einfach so stehen lassen. Doch die Vorurteile - von faulen Südeuropäern, vom egoistischen Norden - haben längst in die Euro-Rettungspolitik Eingang gefunden. Das Bild von den eigennützigen Deutschen zeichnen ja nicht nur Straßenumfragen, es ist auch recht präsent bei Frankreichs Regierungspartei. Die Frage ist also: Was machen wir Deutschen daraus? Den anderen entgegenkommen, ihnen zu gefallen suchen - oder für die eigene Position werben? Uns Geschmähten wird nicht viel übrig bleiben, als uns für Letzteres zu entscheiden: Wir werden es aushalten müssen, nicht recht gemocht zu werden. Das ist das Dilemma des Strebers. Er ist unbeliebt, mag er sich selbst auch für großzügig halten, weil er andere abschreiben lässt.
Deutschland ist die Ausnahme: am Arbeitsmarkt, der sich im Rest Europas eher bedenklich entwickelt, beim Wirtschaftswachstum ebenso. Das schafft vielleicht Neid, sicher aber die Erwartung, die Deutschen sollten sich nicht so haben: Warum der Widerstand gegen "mehr Solidarität"? Ihr könnt es euch doch leisten! Unsinn ist das. Und mit dem Schlagwort Solidarität wird nur die Eigenverantwortung verwischt. Die Bundesregierung antwortet auf solche Vorwürfe, indem sie gern die Grenzen des geltenden EU-Vertrags beschwört. Doch laufen all die Forderungen auf eines hinaus: Deutschland soll bremsen, damit die anderen aufholen können. Darauf aber kann sich dieses Land nicht einlassen, es ist nicht in seinem Interesse und auch nicht in dem Europas.
Dabei kann es doch so schwer nicht sein, für eine Kultur der Leistung zu werben. Steht er nicht mehr für Leistung, dann ist der Streber kein Primus mehr, sondern wird als armes Würstchen belächelt. In Klassenzimmern herrscht ein unbarmherziges Gespür für Anbiederungsversuche. Frankreich erlebt das gerade: Der historische Klassensprecher der EU hat sich selbst marginalisiert. Denn er hat sein Defizit laufen lassen und die industrielle Grundlage des Wohlstands geschwächt, hat Reformen aufgeschoben und tut es immer noch. Frankreich reiht sich in Südeuropa ein. Die Verbrüderung mit den Ländern, die ähnlich viel aufzuholen haben, schafft vielleicht Kumpanen in der letzten Reihe, aber sie schwächt anderswo Einfluss und Ansehen. Denn letztlich wissen alle, dass wuchernde Verschuldung und Reformstau die Leistung schwächen und Vertrauen untergraben.
Das Paradoxe ist: Europa versteht den Sinn der Konsolidierung, gibt das aber nur unter Zwang zu. Von einer "Erfolgsgeschichte" spricht heute zum Beispiel Griechenlands Regierungschef und meint das vergangene Jahr. Es ist ihm gelungen, Vertrauen wiederherzustellen. Durch echtes Sparen.
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