Berlin (ots) - Das Finale hat zwei Gewinner: Jürgen Klopp und Jupp Heynckes. Die beiden Trainer zeigen, jeder auf seine Art, dass Führen, Verändern und Erfolg in diesem Land auf solide Weise möglich sind.
Die Welt des Fußballs ist die Härte. Kindergartenknaben werden gedrillt wie chinesische Kunstturner. Eltern drehen durch vor Erfolgshunger, Trainer sieben gnadenlos; wer nicht mithält, fliegt raus. Heul doch! Es geht um Kohle, Minderjährige werden gehandelt wie Schweinehälften. Wer es schafft bis nach oben, wer es gar bis ins Finale der Champions League bringt, der hat die Rente durch, für die normale Menschen 40 Jahre rackern.
In einer überversicherten, überhysterischen, überwaldorften Welt bietet der Profi-Fußball die letzte Insel des Darwinismus. Das Dasein als wöchentliche Schlacht, der Sieg dem, der schneller, gewitzter, abgebrühter ist. Kein Mitleid, keine Förderung für Schwache, sondern Abstieg.
Warum gelten all die Sozial- und Mitgefühls-Debatten nicht, wenn es um Fußball geht? Wie kann es sein, dass ausgerechnet das Land der Burnout-Opfer und Achtsamkeits-Prediger einmütig der schieren kapitalistischen Brutalität huldigt? Wie kann man sich über ein Bobbycar im Wert von wenigen Euro empören oder über ein paar Euro mehr Diäten, aber nicht über 37 Millionen Ablöse für ein Milchgesicht?
Ordnung in dieser Wildnis schaffen zwei Männer, die gar nicht auf dem Platz stehen, sondern am Rand. Jürgen Klopp und Jupp Heynckes geben ihren brillanten Spielern, ihren Klubs, dem ganzen deutschen Fußball Halt und Haltung. Sie stehen für Glaubwürdigkeit, Ernst und Erfolgswillen, für sympathische deutsche Wertarbeit. Beide haben die Gabe, aus einem Haufen egomanischer Solisten in kurzen Hosen eine Funktionsgemeinschaft zu schmieden, die nicht nur sportlich-technisch, sondern auch emotional funktioniert. Hier der bisweilen zum Über-Okay neigende Klopp, der seine Mannschaft perfekt in den Mythos vom Aufsteiger aus Ruinen einpasst, stellvertretend für eine ganze Region. Dort Sir Heynckes, der bei seinem ersten Engagement bei den Bayern vor 30 Jahren respektlos "Osram" gerufen wurde, der nach Berti Vogts klang, aber inzwischen ein Maß an weltläufiger Souveränität gewonnen hat, das aus der bayerischen Bussi-Provinz angenehm herausstrahlt. Es passt zu den Gernegroßen aus München, dass ausgerechnet der als Übergangstrainer gedachte Heynckes die wohl beste Bayern-Mannschaft aller Zeiten geformt hat - leise, beharrlich, schlau und dennoch empathisch. In seiner alten Heimat Mönchengladbach hat er jüngst eine Träne verdrückt, weil die Fans so nett zu ihm waren. Souverän und einfühlsam - so wünscht man sich manchen Konzern- oder Parteichef.
Die beiden Coaches zeigen, jeder mit seinem Stil, dass Führen durchaus eine Kunst ist, behutsames Verändern ein wesentlicher Erfolgsfaktor und Siege nicht automatisch hässlich und überheblich machen so wie Niederlagen keine Schande sind. Klopp und Heynckes haben zwei bislang nicht als deutsch bekannte Tugenden - Selbstbewusstsein und Bescheidenheit - über den Fußball in die deutsche Gesellschaft gespeist. Weniger die Spieler als vielmehr ihre Trainer sind die wahren Stars dieses Finales. Sie zählen zu den raren Vorbildern, hinter denen sich das Land mit leisem Stolz versammeln kann.
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Die Welt des Fußballs ist die Härte. Kindergartenknaben werden gedrillt wie chinesische Kunstturner. Eltern drehen durch vor Erfolgshunger, Trainer sieben gnadenlos; wer nicht mithält, fliegt raus. Heul doch! Es geht um Kohle, Minderjährige werden gehandelt wie Schweinehälften. Wer es schafft bis nach oben, wer es gar bis ins Finale der Champions League bringt, der hat die Rente durch, für die normale Menschen 40 Jahre rackern.
In einer überversicherten, überhysterischen, überwaldorften Welt bietet der Profi-Fußball die letzte Insel des Darwinismus. Das Dasein als wöchentliche Schlacht, der Sieg dem, der schneller, gewitzter, abgebrühter ist. Kein Mitleid, keine Förderung für Schwache, sondern Abstieg.
Warum gelten all die Sozial- und Mitgefühls-Debatten nicht, wenn es um Fußball geht? Wie kann es sein, dass ausgerechnet das Land der Burnout-Opfer und Achtsamkeits-Prediger einmütig der schieren kapitalistischen Brutalität huldigt? Wie kann man sich über ein Bobbycar im Wert von wenigen Euro empören oder über ein paar Euro mehr Diäten, aber nicht über 37 Millionen Ablöse für ein Milchgesicht?
Ordnung in dieser Wildnis schaffen zwei Männer, die gar nicht auf dem Platz stehen, sondern am Rand. Jürgen Klopp und Jupp Heynckes geben ihren brillanten Spielern, ihren Klubs, dem ganzen deutschen Fußball Halt und Haltung. Sie stehen für Glaubwürdigkeit, Ernst und Erfolgswillen, für sympathische deutsche Wertarbeit. Beide haben die Gabe, aus einem Haufen egomanischer Solisten in kurzen Hosen eine Funktionsgemeinschaft zu schmieden, die nicht nur sportlich-technisch, sondern auch emotional funktioniert. Hier der bisweilen zum Über-Okay neigende Klopp, der seine Mannschaft perfekt in den Mythos vom Aufsteiger aus Ruinen einpasst, stellvertretend für eine ganze Region. Dort Sir Heynckes, der bei seinem ersten Engagement bei den Bayern vor 30 Jahren respektlos "Osram" gerufen wurde, der nach Berti Vogts klang, aber inzwischen ein Maß an weltläufiger Souveränität gewonnen hat, das aus der bayerischen Bussi-Provinz angenehm herausstrahlt. Es passt zu den Gernegroßen aus München, dass ausgerechnet der als Übergangstrainer gedachte Heynckes die wohl beste Bayern-Mannschaft aller Zeiten geformt hat - leise, beharrlich, schlau und dennoch empathisch. In seiner alten Heimat Mönchengladbach hat er jüngst eine Träne verdrückt, weil die Fans so nett zu ihm waren. Souverän und einfühlsam - so wünscht man sich manchen Konzern- oder Parteichef.
Die beiden Coaches zeigen, jeder mit seinem Stil, dass Führen durchaus eine Kunst ist, behutsames Verändern ein wesentlicher Erfolgsfaktor und Siege nicht automatisch hässlich und überheblich machen so wie Niederlagen keine Schande sind. Klopp und Heynckes haben zwei bislang nicht als deutsch bekannte Tugenden - Selbstbewusstsein und Bescheidenheit - über den Fußball in die deutsche Gesellschaft gespeist. Weniger die Spieler als vielmehr ihre Trainer sind die wahren Stars dieses Finales. Sie zählen zu den raren Vorbildern, hinter denen sich das Land mit leisem Stolz versammeln kann.
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