Regensburg (ots) - Joachim Gauck hat gestern in den Flutregionen an Saale und Elbe richtige Worte gefunden. Dass wir es wieder packen, haben wir bei der Flut 2002 bewiesen, sagte der Bundespräsident. Solche Worte der Zuversicht sind wichtig für diejenigen, die gerade ihr Hab und Gut in den braunen Fluten verloren haben und nun von vorn anfangen müssen. Genauso wie für diejenigen, die hoffen, dass es bei ihnen nicht so schlimm kommen wird, dass die Deiche halten werden. Der Zuspruch ist auch wichtig für die vielen Helfer, die übermüdet und von Mücken gepiesackt Sandsäcke aufstapeln. Die Katastrophe hat viel Leid und große Schäden gebracht, zugleich aber geht eine Welle der Zuversicht durchs Land, dass wir diese Prüfung bestehen können. Angesichts der jetzigen Flut - in Bayern ist es bereits die vierte innerhalb von gerade einmal 14 Jahren - schrumpfen die sonstigen politischen Probleme, über die sich Deutschlands politische Klasse so vehement zerstreitet, auf Normalmaß. Wenn es wirklich um Leben und um Hab und Gut geht, dann verblassen kleinliche Scharmützel um militärische Drohnen, "Homo-Ehe", Mütterrente oder atomare Endlagerung. Andersherum gefragt: Warum schwappt von dieser anpackenden Zuversicht aus den Flutgebieten eigentlich nichts in die Politik über? Die Flüsse lehren uns gerade Demut. Mehr Demut vor den Menschen, vor den Wählern könnte auch den Parteien, könnte Regierung wie Opposition nicht schaden. Die Menschen wollen keinen parteitaktischen Klamauk, sondern den Streit in der Sache, vor allem aber konkrete Lösungen, sichere Dämme, statt endlosem Palaver. Freilich müssen auch Lehren aus der jetzigen Flut gezogen werden. Zuerst die, dass den Betroffenen wirklich und unbürokratisch geholfen wird. Nach 2002 und 2006 war das nicht immer und nicht überall der Fall. Jetzt stehen die Bundeskanzlerin und der bayerische Ministerpräsident im Wort. Ganz sicher sollte auch mit den Versicherungsgesellschaften ernsthaft geredet werden, die zwar flott Versicherungsprämien erhöhen, höhere Risiken allerdings so gut wie gar nicht absichern wollen. Wenn Assekuranzen nur die Sicherheit der Rendite ihrer Aktionäre im Auge haben, haben sie ihren Sinn eigentlich verloren. Auch wurden Schutzmaßnahmen gegen das Hochwasser nicht überall und nicht konsequent umgesetzt. Bayern hat zwar bereits fast 1,5 Milliarden Euro in höhere Dämme oder größere Überflutungsflächen investiert, der Katastrophenschutz wurde verbessert, die Behörden von Bund, Ländern und Kommunen arbeiten reibungsloser zusammen als noch vor elf Jahren. Das ist lobenswert und verdient Respekt. Doch all das hat offenbar noch nicht ausgereicht. Es braucht mehr. Und es braucht eine gerechte Teilung der Lasten beim Hochwasserschutz. Damit etwa Passau, Deggendorf, Regensburg, Pirna oder Grimma nicht wieder so schlimm heimgesucht werden können, braucht es vor allem viel mehr Raum, in den Hochwasser strömen kann. Die betroffenen Landwirte, die auf diesen Wiesen und Feldern nichts ernten können, sondern nach der Flut sogar noch Schäden beseitigen müssen, sollten fair entschädigt werden. Und vielleicht braucht es auch an der einen oder anderen Stelle mehr Tempo bei der Umsetzung notwendiger Schutzmaßnahmen. Der Einspruch von Anwohnern gegen neue Dämme und Überflutungsflächen muss ernst genommen werden. Aber es muss auch gelten: Das wohl begründete Gemeinwohl geht vor. Wir sollten die Lehren der Flut endlich beherzigen.
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