Karlsruhe (ots) - Es ist ein Beitritt ohne Begeisterung: Kroatien wird nach zähen Verhandlungen am 1. Juli das 28. Mitglied der EU. Damit holt sich die ohnehin kränkelnde Gemeinschaft ein neues Problemkind in die Familie. Es leidet unter Rezession, Rekord-Arbeitslosigkeit und steigender Schuldenlast - die Wettbewerbsfähigkeit ist miserabel, der Wirtschaft fehlt es an Wachstumsbranchen. Hohe Steuern, Löhne, Bürokratie-Lasten und weiter grassierende Korruption dürften den erhofften Investoren-Boom nach dem Beitritt ausbremsen. Dafür steigen die Zölle für Ausfuhren in Nicht-EU-Länder durch die Mitgliedschaft. Das ist ein Problem vor allem für die Unternehmen, die in benachbarte Balkanländer exportieren. Einige haben einen Teil ihrer Produktion - und damit auch Arbeitsplätze - bereits nach Serbien oder Bosnien ausgelagert, um diese Kosten zu senken. Das heißt: Für die Menschen im Adriastaat bringt die EU-Aufnahme kurzfristig wohl kein Wohlstands-Wunder - trotz zu erwartender Milliarden-Subventionen aus Brüssel. Und die EU macht einen Riesenfehler - in dem sie Zagreb nicht nach dem Beitritt einer strikten Sonder-Aufsicht unterstellt. Denn die Gefahr, dass der Reform-Elan rapide nachlässt, ist groß. Rumänien und Bulgarien hätten warnendes Beispiel genug sein sollen. Die bisherige Erweiterungs-Erfahrung und die Schuldenkrise haben gezeigt, wie gefährlich es für die Gemeinschaft werden kann, unreife Länder aus politischen Gründen mit der Brechstange integrieren zu wollen - das gilt für den Euro im Speziellen, aber auch für die Wertegemeinschaft im Allgemeinen. Die EU-Perspektive ist nötig, um das Pulverfass Balkan langfristig zu stabilisieren. Doch die Gemeinschaft darf ihre Integrationsfähigkeit nicht überschätzen. Eine große EU ist nicht unbedingt eine starke EU. Im Gegenteil: Ausgerechnet Länder wie Großbritannien, die über einen EU-Austritt nachdenken und Europa gerne zur großen Freihandelszone zurückschrauben würden, sind traditionell die größten Verfechter eines forschen Erweiterungstempos. Europa braucht nach Kroatien eine lange Atempause - die EU muss sich nach innen festigen und reformieren. Sonst drohen Überdehnung und Zerfall. Brüssel muss endlich attraktive Anbindungsformen unterhalb der Vollmitgliedschaft finden. Europas Kraft liegt in der Zweiteilung: Im Kern eine politische Union - drumherum ein Kreis von unterschiedlich eng angebundenen Freunden.
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