Die dritte Juni-Woche brachte ausnahmslos rote Zahlen ein. Der Edelmetall-Sektor wurde dabei besonders hart getroffen. Silber endete mit Minus 9% auf dem letzten Platz (roter Pfeil) und bleibt damit der klare Verlierer seit Jahresbeginn (roter Pfeil). Das gute Abschneiden am Freitag vor einer Woche (grüner Pfeil) nutzte dabei wenig. Der Dow Jones führt weiterhin seit Jahresbeginn (grüner Pfeil).
Meine Warnungen vor einem 'Sommerloch' haben sich bestätigt. Am 22. Mai begann ein globaler Verkaufsdruck. Ausgelöst wurde dies durch missverstandene Bemerkungen des US-Notenbank-Chefs Ben Bernanke. Am Rentenmarkt führte dies zu einem deutlichen Anstieg bei den Zinsen für langfristige Staatstitel. An den Aktienmärkten kam es bei drei (Brasilien, Russland und China) der vier BRIC-Länder mit einem Minus von jeweils über 20% zu einer Baisse; lediglich Indien schnitt mit einem Indexverlust von knapp 10% seit Mitte Mai bisher relativ besser ab.
In Europa fielen die Börsen in der Schweiz und Österreich um jeweils 14% innerhalb der vergangenen 30 Tage, was einer ausgewachsenen Korrektur entspricht. Der DAX in Deutschland verlor dagegen 'nur' knapp 10%, während an Wall Street der Dow Jones bisher lediglich kaum 5% abgab.
Die allgemeine Erholung an den Börsen im Laufe dieser Woche spricht noch nicht für einen nachhaltigen Aufwärtstrend, sondern hat eher technische Gründe. Der fortdauernde Preisverfall am Rohstoffmarkt mit der Ausnahme vom Öl und die Fragezeichen am Rentenmarkt machen Aktien fast konkurrenzlos. Dies schließt einen nochmaligen Test der bisherigen Tiefstände jedoch nicht aus.
Das schwache globale Wirtschaftswachstum wird die Unternehmensgewinne im zweiten Quartal beeinträchtigen. In den USA wurden die Wachstumszahlen für das Brutto-Inlands-Produkt (BIP) im ersten Quartal von ursprünglich 2,5% auf bescheidene 1,8% reduziert. Die 2%-Marke wird daher für dieses Jahr eine Herausforderung.
Fazit: Das Sommerloch ist Realität und (leider) noch nicht vorbei!
Börse (S&P 500) und Rohstoffpreise (CRB Index) klaffen seit 2009 am weitesten auseinander (rotes Fragezeichen). Diese 'Schere' begann im vierten Quartal vergangenen Jahres (roter Kreis). Während der S&P 500 im Mai auf ein neues Rekordhoch stieg, entwickelte sich im Edelmetallsektor fast eine 'Todesspirale', was das 'Werthaltigkeits-Argument' der Gold- und Silber-Fetischisten vollkommen entzauberte!
Nüchtern betrachtet ist das weitere Preisrisiko bei Edelmetallen limitiert und eine technisch bedingte Erholungsrallye in den kommenden Wochen wahrscheinlich. Gleichzeitig kann der S&P 500 von Juli bis September noch etwas 'ausatmen' und damit die Schere etwas verringern. Im vierten Quartal rechne ich jedoch weiterhin mit neuen Höchstständen an Wall Street und auch beim DAX. Edelmetalle werden dagegen ihre Rekordhöhen von 2011 vorläufig nicht herausfordern.
Immer wenn das US-Realwachstum seit 1948 gegenüber dem Vorjahr unter die 2%-Marke (rote Linie) fiel, war dies eine Vorwarnung für eine mögliche Rezession. Aktuell wächst die US-Wirtschaft mit weniger als 2% gegenüber dem Vorjahr und wirft somit ein Fragezeichen auf. Die Notenbank wäre schlecht beraten, die Zinszügel in naher Zukunft zu straffen.
Langfristige Zinsen sind in jüngster Zeit spürbar gestiegen, was am Rentenmarkt zu deutlichen Kursverlusten führte. Marktteilnehmer befürchteten ein Ende der akkommodierenden Zinspolitik der US-Notenbank. Diese Angst ist jedoch unbegründet. Der Rückkauf von Staatsanleihen und Hypotheken (QE=quantitative easing) wird sich auch noch im nächsten Jahr fortsetzen; allerdings nicht mehr in der derzeitigen Höhe von 85 Milliarden Dollar pro Monat.
Vor Rentenkäufen rate ich weiterhin ab, auch wenn es hier in den kommenden Wochen kurzfristige Handelschancen geben mag. Aktien haben nach wie vor meine Präferenz.
Aktuelle Kaufempfehlungen und weitere Einschätzungen diskutiere ich auf meiner Hotline. Der nächste Blog erscheint in der ersten Juli-Woche.
© 2013 Heiko Thieme