Verantwortlicher Redakteur: Markus Meister
Heute freuen wir uns über ein FN-Vorstandsinterview mit dem Vorstandsvorsitzenden der Wincor Nixdorf AG (WKN A0CAYB, ISIN DE000A0CAYB2, Aktien-Kürzel WIN), Herrn Eckard Heidloff, auf FinanzNachrichten.de. Die Wincor Nixdorf AG mit Sitz in Paderborn sowie aktuell gut 9.000 Mitarbeitern wurde 1999 als Nachfolgeunternehmen der Siemens Nixdorf Retail & Banking Systems GmbH gegründet und bietet in erster Linie IT-Lösungen sowie Services für Retailbanken und Handelsunternehmen an. Zum Produktportfolio gehören Geldautomaten, Kiosksysteme und Computerkassen, die so genannten POS-Terminals. Ausserdem werden Anwendungsprogramme und Dienstleistungen sowie IT-Consulting für Handelsunternehmen und Banken vermarktet. Wincor Nixdorf produziert aber auch Leergutautomaten für den Einzelhandel.
Bei einem im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund +8 % gestiegenen Umsatz in Höhe von 1,84 Mrd. Euro erzielte Wincor Nixdorf in den ersten 9 Monaten des Geschäftsjahres 2012/2013 ein im Vergleich zum Vorjahr um fast die Hälfte gesteigertes Ergebnis von 61 Mio. Euro. Wincor Nixdorf ist damit nach einer längeren Durststrecke zurück auf dem Wachstumskurs, nachdem der Geldautomatenhersteller in den vergangenen Jahren arg mit der Euro-Schuldenkrise bzw. der damit einhergehenden Investitionszurückhaltung der Banken zu kämpfen hatte. Im Zuge des notwendigen Konzernumbaus wurden rund 500 Stellen gestrichen.
Die aktuellen Kursziele der Analysten sehen für den Wert, der stetig auf neue Jahreshochs kletterte, insgesamt betrachtet ein recht überschaubares Kurspotenzial. Die Deutsche Bank ist noch am optimistischsten und empfiehlt Wincor Nixdorf mit einem Kursziel von 54 Euro zum Kauf, während Commerzbank und DZ Bank die faire Bewertung bei 38 Euro bzw. 35 Euro sehen und damit deutliche Kursverluste vom aktuellen Niveau um 50 Euro für möglich halten. Neue Hochs und Prognoseerhöhungen bei gleichzeitiger Zurückhaltung der Analysten haben uns neugierig auf den Wert gemacht. Deshalb haben wir das im MDAX notierte Unternehmen etwas näher angeschaut und dem Firmenboss, Eckard Heidloff, einige Fragen zur Geschäftsentwicklung gestellt.
FinanzNachrichten.de
Sehr geehrter Herr Heidloff, die Wincor Nixdorf AG baut als eines der weltweit führenden Unternehmen Geldautomaten und Computerkasssen und verdient daneben auch an Software und Service für die Geräte. Können Sie uns Ihr global tätiges Unternehmen mit eigenen Worten etwas genauer beschreiben?
ECKARD HEIDLOFF:
Geldautomaten und Kassensysteme sind die Teile der Lösungen aus unserem Portfolio, die Verbraucher jeden Tag in Banken oder Supermärkten sehen können. Über die Jahrzehnte haben wir ein tiefgreifendes Wissen darüber entwickelt, wie Banken oder Handelsunternehmen die Geschäftsprozesse in ihren Filialen weiter automatisieren können. Dieses Know-how setzen wir ein, um effiziente und kundenfreundliche Angebote in den Filialen zu realisieren. Wir beraten Banken und Handelsunternehmen beim Prozessdesign, stellen entsprechende Hard- und Software-Lösungen bereit, bauen sie beim Kunden ein und wenn gewünscht betreiben wir diese Lösungen mit entsprechenden Managed Services- oder Outsourcing Konzepten. Wir sind in rund 130 Ländern präsent, davon in 43 mit eigenen Tochtergesellschaften.
FN:
Ihr Unternehmen ist durch die Euro-Schuldenkrise und die damit einhergehenden Sparprogramme der Banken in eine Krise geschlittert. Das Ergebnis pro Aktie brach von 3,60 Euro im Geschäftsjahr 2010/2011 um -42 % auf 2,10 Euro im GJ 2011/2012 ein. Nachdem auch das Thema Schuldenkrise - zwar noch nicht ganz, aber immer mehr - aus den Medien verschwindet, war Ihre Aussage in einem Reuters-Interview, dass nun auch für Wincor Nixdorf die Talsohle eindeutig durchschritten sei. Können Sie die Unternehmensentwicklung der letzten Jahre für unsere Leser kurz zusammenfassen?
ECKARD HEIDLOFF:
Rund zwei Drittel unseres Geschäfts machen wir mit Banken und etwas mehr als 70 % unseres Umsatzes erwirtschaften wir in Europa. Seit dem Börsengang 2004 konnten wir die Konzernumsätze und das Ergebnis kontinuierlich steigern bis 2008 eine Wende kam. Im Zuge der Euro-, Banken- und Staatsschuldenkrise haben wir die Zurückhaltung vieler Banken in Europa zu spüren bekommen. Das hat sich überproportional auf unser Geschäft ausgewirkt. Vor rund 2 Jahren haben wir daher ein Restrukturierungsprogramm aufgelegt, um unsere globale Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Ein zusätzlicher Schwerpunkt lag dabei auf den Schwellenländern. Das macht sich seit einigen Quartalen positiv bemerkbar.
FN:
Was sind aktuell und Ihrer Meinung nach zukünftig die wichtigsten Märkte für Wincor Nixdorf - auch die eben genannten Schwellenländer?
ECKARD HEIDLOFF:
Regional betrachtet sind wir - so wie auch beabsichtigt - in den Schwellenländern Asiens und Osteuropas sehr erfolgreich. Zu letzteren zählen auch Länder wie Russland oder die Türkei. Zudem erhält Afrika immer grösseres Gewicht. Hier sind wir zum Beispiel als Marktführer in Nigeria - einer der wachstumsstärksten Volkswirtschaften in Afrika - auf gutem Wege. Es ist unser Ziel, den Umsatz-Anteil der Schwellenländer am Gesamtumsatz mittelfristig von zuletzt 27 % auf 30 % zu steigern. Angesichts der noch andauernden Schwäche in Europa kann das sogar kurzfristig überschritten werden, aber wieder zurückgehen, sobald das Europa-Geschäft anzieht. Technologisch betrachtet sowie von seiner Bedeutung für Umsatz und Ergebnis bleibt aber für uns das Geschäft in den Industrieländern wichtig. Hier vor allem in Europa, weil es ein sehr innovativer Markt mit anspruchsvollen Projekten ist.
FN:
Gerade die chinesischen Banken hatten zuletzt grosse Probleme und leihen sich untereinander kaum noch Geld - und wenn doch, dann teilweise zu extrem hohen Zinsen. Zeichnet sich möglicherweise eine 'Bankenkrise Fernost' ab?
ECKARD HEIDLOFF:
Wir sind mit fast allen grossen chinesischen Banken im Gespräch und können dabei für die Gebiete, die unser Geschäft berühren, keinerlei Verlangsamung von Zukunftsinvestitionen erkennen. Für China, wie auch für andere Schwellenländer, gilt: Einhergehend mit dem volkswirtschaftlichen Wachstum nimmt der Bedarf an IT-gestützten Bankdienstleistungen zu und Banken dehnen ihre Geldautomaten-Netze aus. Darüber hinaus unterstützen wir chinesische Handelsunternehmen mit IT-Lösungen und ausserdem weltweit agierende Handelsunternehmen, die nach China expandieren.
FN:
Während der Software- und der Servicebereich zulegen konnten, war das Hardwaregeschäft bis vor Kurzem die Wachstumsbremse. Das hat sich offenbar nun geändert. Wie kam es dazu und wie stark ist der Wettbewerb in den beiden Segmenten?
ECKARD HEIDLOFF:
Im Hardware-Geschäft machen sich die Wachstumsimpulse für unser Geschäft aus den Schwellenländern mit zweistelligen Wachstumsraten am deutlichsten bemerkbar. Allerdings sind diese Märkte sehr wettbewerbsintensiv, sodass wir unsere gesamte Supply-Chain noch weiter umbauen werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei unser Entwicklungsbereich in Singapur, den wir speziell zur Systementwicklung für Schwellenländer dort ausbauen. Gleichzeitig sind wir im High-End-Bereich der Hardware sehr gut für Investitionen in den Industrieländern gerüstet. Dort spielen aber auch unsere Software und höherwertige Services eine immer grössere Rolle. Denken Sie zum Beispiel nur an die Bewältigung der Komplexität bei Multikanal- oder Mobility-Integrationen. Weil wir im Software-Bereich noch viel mehr Zukunftspotenzial sehen, bauen wir dieses Gebiet derzeit mit Nachdruck aus. Wie konsequent wir das angehen, wird daraus deutlich, dass wir aktuell ein separates Software-Headquarter in Utrecht in den Niederlanden aufbauen. Es geht zu Beginn des neuen Geschäftsjahres am 1. Oktober 2013 an den Start.
FN:
Bei Self-Scanning-Kassen ist Wincor Nixdorf ebenfalls vorn dabei. Kommt dieses Modell beim Kunden wirklich an, sprich, setzt sich diese Technologie auch durch?
ECKARD HEIDLOFF:
Selbstbedienungskassen finden bei Verbrauchern auch in Europa zunehmend Akzeptanz. Dafür sorgen vor allem grosse Einzelhändler wie IKEA, bei denen wir solche Systeme flächendeckend installiert haben. Das Thema Selbstbedienung an der Kasse wird sich schon deshalb durchsetzen, weil Handelsunternehmen damit ihre Prozesskosten senken können und sich Wettbewerbsvorteile in einem hart umkämpften Markt erschliessen.
FN:
In den ersten neun Monaten des seit Oktober laufenden Geschäftsjahres 2012/2013 konnte Wincor Nixdorf mit 1,841 Mrd. Euro (9 Monate 2011/2012: 1,704 Mrd. Euro) einen um +8 % gestiegenen Umsatz vermelden. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBITA) ist um +33 % gestiegen. Das Konzernergebnis konnte sogar um +45 % auf 61 Mio. Euro gesteigert werden (9 Monate 2011/2012: 42 Mio. Euro). Da Sie im Rahmen der Veröffentlichung sogar Ihre Prognose fürs Gesamtjahr angehoben haben, dürften Sie als CEO sehr zufrieden sein mit den Zahlen. Was waren die Hauptgründe für die positive Entwicklung?
ECKARD HEIDLOFF:
Die von uns eingeleiteten Restrukturierungsmassnahmen zeigen Wirkung. Wie von uns angestrebt, erhalten wir Wachstumsimpulse vor allem aus Schwellenländern. Wir wachsen wieder stark im Hardware-Bereich und das Banking-Geschäft ist sehr gut unterwegs. Die Prognose konnten wir daher erhöhen. Wir haben erklärt, dass wir im laufenden Geschäftsjahr 2012/2013 beim Umsatz um +5 % wachsen werden. Beim operativen Ergebnis werden wir 130 Mio. Euro statt der ursprünglich genannten 120 Mio. Euro erreichen. Das ist knapp ein Drittel mehr als im Vorjahr, als wir bei 101 Mio. Euro herauskamen. Bei der Erhöhung unserer Prognose haben wir eingerechnet, dass sich das vierte Geschäftsjahresquartal im Vergleich zum Vorjahr eher verhalten entwickeln wird.
FN:
In einem Reuters-Interview haben Sie, zur Freude der Aktionäre angekündigt, die Dividende für das laufende Geschäftsjahr wohl wieder kräftig erhöhen zu wollen, nachdem es für das letzte Geschäftsjahr eine deutliche Reduzierung von 1,70 Euro auf 1,05 Euro gab. Wie sieht Ihre Dividendenpolitik denn konkret aus?
ECKARD HEIDLOFF:
Unsere Dividendenpolitik ist seit unserem Börsengang 2004 unverändert: Danach wird etwa die Hälfte des jeweils in einem Geschäftsjahr im Konzern erwirtschafteten Periodenergebnis als Dividende ausgeschüttet. Dass unsere Aktionäre aus dem laufenden Geschäftsjahr etwas mehr erwarten dürfen als im letzten Jahr, liegt also am deutlich besseren Geschäftsverlauf.
FN:
Produktionsverlagerung und Jobabbau in Deutschland kosten Geld. Inwieweit werden die Restrukturierungsmassnahmen das Ergebnis unterm Strich auch dieses Geschäftsjahr noch belasten?
ECKARD HEIDLOFF:
Wir hatten beim operativen Ergebnis für das letzte Geschäftsjahr (2011/2012) bereits 40 Mio. Euro Restrukturierungskosten berücksichtigt. Im laufenden Geschäftsjahr 2012/2013 fallen nochmals 20 Mio. Euro an. Das haben wir zu Beginn des Geschäftsjahres erklärt und dieser Betrag ist auch in unserer erhöhten Prognose berücksichtigt.
FN:
Sind grössere Übernahmen derzeit ein Thema?
ECKARD HEIDLOFF:
Wir setzen grundsätzlich auf organisches Wachstum und haben in den letzten Jahren bewiesen, dass wir genügend Kraft dafür haben. Darüber hinaus prüfen wir laufend Möglichkeiten zur Arrondierung unseres Portfolios und unserer globalen Leistungsfähigkeit - kleinere Akquisitionen sind durchaus möglich.
FN:
Der Aktienkurs von Wincor Nixdorf hat sich seit dem Einbruch im Jahr 2011 seit rund einem Jahr mit einem Anstieg von ca. 27 Euro auf aktuell ca. 50 Euro wieder sehr positiv entwickelt und bestätigt damit ihre 'Talsohlen-Theorie' bildhaft. Zwar dürfen Sie zur Aktienkursentwicklung wohl sicher keine Einschätzung abgeben, aber welche fundamentalen Faktoren könnten aus Ihrer Sicht zukünftig einen weiteren deutlichen Anstieg des Unternehmenswerts für die Aktionäre ermöglichen?
ECKARD HEIDLOFF:
Zum einen sind Lösungen zur Optimierung der Bargeldverarbeitung für uns ein Zukunftsthema. Nach wie vor wächst die Anzahl der Banknoten im Umlauf weltweit. Das Zählen, Sortieren und die sichere Logistik verschlingt allein in Europa 50 Mrd. Euro im Jahr. Unser Konzept, Banknoten in einem einheitlichen intelligenten Notenspeicher zwischen Geldautomaten und Kassentresoren in den Bankfilialen, aber auch zwischen den Kassensystemen in den Handelsfilialen tauschen zu können, birgt grosses Potential für Prozessverbesserungen und Kostensenkungen. Dabei haben wir im Blick, dass sich in etablierten Märkten der Trend zum bargeldlosen Zahlungsverkehr fortsetzt. Auch heute schon sind wir hier ein wichtiger Ansprechpartner - für Kartentransaktionen und auch für die neuen Möglichkeiten, die sich aus mobilem Bezahlen, mobilem Banking und dem Einsatz von Tablet-PCs im Handelsumfeld ergeben. Gerade im Bereich des bargeldlosen und auch kartenlosen Zahlungsverkehrs liegt sehr viel Potential, um sich als innovativer Anbieter von Hardware, Software und Services zu etablieren.
FN:
Für das Geschäftsjahr 2012/2013 erwarten Sie ja, wie bereits erwähnt, nach der erneuten Prognoseanhebung einen Umsatzzuwachs um +5 % und einen Anstieg des operativen Ergebnisses (EBITA) auf ca. 130 Mio. Euro inkl. Restrukturierungskosten. Gibt es denn auch für das Geschäftsjahr 2013/2014 schon konkrete oder zumindest ungefähre Umsatz- und Ergebnisziele?
ECKARD HEIDLOFF:
Wir sind sehr zuversichtlich, dass Wincor Nixdorf auch im nächsten Geschäftsjahr weiter wächst und damit eine gute Chance hat, über den Umsatz auch gut im Ergebnis zu wachsen.
FN:
Herr Heidloff, wir bedanken uns herzlich für das interessante Interview!
Heute freuen wir uns über ein FN-Vorstandsinterview mit dem Vorstandsvorsitzenden der Wincor Nixdorf AG (WKN A0CAYB, ISIN DE000A0CAYB2, Aktien-Kürzel WIN), Herrn Eckard Heidloff, auf FinanzNachrichten.de. Die Wincor Nixdorf AG mit Sitz in Paderborn sowie aktuell gut 9.000 Mitarbeitern wurde 1999 als Nachfolgeunternehmen der Siemens Nixdorf Retail & Banking Systems GmbH gegründet und bietet in erster Linie IT-Lösungen sowie Services für Retailbanken und Handelsunternehmen an. Zum Produktportfolio gehören Geldautomaten, Kiosksysteme und Computerkassen, die so genannten POS-Terminals. Ausserdem werden Anwendungsprogramme und Dienstleistungen sowie IT-Consulting für Handelsunternehmen und Banken vermarktet. Wincor Nixdorf produziert aber auch Leergutautomaten für den Einzelhandel.
Bei einem im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund +8 % gestiegenen Umsatz in Höhe von 1,84 Mrd. Euro erzielte Wincor Nixdorf in den ersten 9 Monaten des Geschäftsjahres 2012/2013 ein im Vergleich zum Vorjahr um fast die Hälfte gesteigertes Ergebnis von 61 Mio. Euro. Wincor Nixdorf ist damit nach einer längeren Durststrecke zurück auf dem Wachstumskurs, nachdem der Geldautomatenhersteller in den vergangenen Jahren arg mit der Euro-Schuldenkrise bzw. der damit einhergehenden Investitionszurückhaltung der Banken zu kämpfen hatte. Im Zuge des notwendigen Konzernumbaus wurden rund 500 Stellen gestrichen.
Die aktuellen Kursziele der Analysten sehen für den Wert, der stetig auf neue Jahreshochs kletterte, insgesamt betrachtet ein recht überschaubares Kurspotenzial. Die Deutsche Bank ist noch am optimistischsten und empfiehlt Wincor Nixdorf mit einem Kursziel von 54 Euro zum Kauf, während Commerzbank und DZ Bank die faire Bewertung bei 38 Euro bzw. 35 Euro sehen und damit deutliche Kursverluste vom aktuellen Niveau um 50 Euro für möglich halten. Neue Hochs und Prognoseerhöhungen bei gleichzeitiger Zurückhaltung der Analysten haben uns neugierig auf den Wert gemacht. Deshalb haben wir das im MDAX notierte Unternehmen etwas näher angeschaut und dem Firmenboss, Eckard Heidloff, einige Fragen zur Geschäftsentwicklung gestellt.
FinanzNachrichten.de
Sehr geehrter Herr Heidloff, die Wincor Nixdorf AG baut als eines der weltweit führenden Unternehmen Geldautomaten und Computerkasssen und verdient daneben auch an Software und Service für die Geräte. Können Sie uns Ihr global tätiges Unternehmen mit eigenen Worten etwas genauer beschreiben?
ECKARD HEIDLOFF:
Geldautomaten und Kassensysteme sind die Teile der Lösungen aus unserem Portfolio, die Verbraucher jeden Tag in Banken oder Supermärkten sehen können. Über die Jahrzehnte haben wir ein tiefgreifendes Wissen darüber entwickelt, wie Banken oder Handelsunternehmen die Geschäftsprozesse in ihren Filialen weiter automatisieren können. Dieses Know-how setzen wir ein, um effiziente und kundenfreundliche Angebote in den Filialen zu realisieren. Wir beraten Banken und Handelsunternehmen beim Prozessdesign, stellen entsprechende Hard- und Software-Lösungen bereit, bauen sie beim Kunden ein und wenn gewünscht betreiben wir diese Lösungen mit entsprechenden Managed Services- oder Outsourcing Konzepten. Wir sind in rund 130 Ländern präsent, davon in 43 mit eigenen Tochtergesellschaften.
FN:
Ihr Unternehmen ist durch die Euro-Schuldenkrise und die damit einhergehenden Sparprogramme der Banken in eine Krise geschlittert. Das Ergebnis pro Aktie brach von 3,60 Euro im Geschäftsjahr 2010/2011 um -42 % auf 2,10 Euro im GJ 2011/2012 ein. Nachdem auch das Thema Schuldenkrise - zwar noch nicht ganz, aber immer mehr - aus den Medien verschwindet, war Ihre Aussage in einem Reuters-Interview, dass nun auch für Wincor Nixdorf die Talsohle eindeutig durchschritten sei. Können Sie die Unternehmensentwicklung der letzten Jahre für unsere Leser kurz zusammenfassen?
ECKARD HEIDLOFF:
Rund zwei Drittel unseres Geschäfts machen wir mit Banken und etwas mehr als 70 % unseres Umsatzes erwirtschaften wir in Europa. Seit dem Börsengang 2004 konnten wir die Konzernumsätze und das Ergebnis kontinuierlich steigern bis 2008 eine Wende kam. Im Zuge der Euro-, Banken- und Staatsschuldenkrise haben wir die Zurückhaltung vieler Banken in Europa zu spüren bekommen. Das hat sich überproportional auf unser Geschäft ausgewirkt. Vor rund 2 Jahren haben wir daher ein Restrukturierungsprogramm aufgelegt, um unsere globale Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Ein zusätzlicher Schwerpunkt lag dabei auf den Schwellenländern. Das macht sich seit einigen Quartalen positiv bemerkbar.
FN:
Was sind aktuell und Ihrer Meinung nach zukünftig die wichtigsten Märkte für Wincor Nixdorf - auch die eben genannten Schwellenländer?
ECKARD HEIDLOFF:
Regional betrachtet sind wir - so wie auch beabsichtigt - in den Schwellenländern Asiens und Osteuropas sehr erfolgreich. Zu letzteren zählen auch Länder wie Russland oder die Türkei. Zudem erhält Afrika immer grösseres Gewicht. Hier sind wir zum Beispiel als Marktführer in Nigeria - einer der wachstumsstärksten Volkswirtschaften in Afrika - auf gutem Wege. Es ist unser Ziel, den Umsatz-Anteil der Schwellenländer am Gesamtumsatz mittelfristig von zuletzt 27 % auf 30 % zu steigern. Angesichts der noch andauernden Schwäche in Europa kann das sogar kurzfristig überschritten werden, aber wieder zurückgehen, sobald das Europa-Geschäft anzieht. Technologisch betrachtet sowie von seiner Bedeutung für Umsatz und Ergebnis bleibt aber für uns das Geschäft in den Industrieländern wichtig. Hier vor allem in Europa, weil es ein sehr innovativer Markt mit anspruchsvollen Projekten ist.
FN:
Gerade die chinesischen Banken hatten zuletzt grosse Probleme und leihen sich untereinander kaum noch Geld - und wenn doch, dann teilweise zu extrem hohen Zinsen. Zeichnet sich möglicherweise eine 'Bankenkrise Fernost' ab?
ECKARD HEIDLOFF:
Wir sind mit fast allen grossen chinesischen Banken im Gespräch und können dabei für die Gebiete, die unser Geschäft berühren, keinerlei Verlangsamung von Zukunftsinvestitionen erkennen. Für China, wie auch für andere Schwellenländer, gilt: Einhergehend mit dem volkswirtschaftlichen Wachstum nimmt der Bedarf an IT-gestützten Bankdienstleistungen zu und Banken dehnen ihre Geldautomaten-Netze aus. Darüber hinaus unterstützen wir chinesische Handelsunternehmen mit IT-Lösungen und ausserdem weltweit agierende Handelsunternehmen, die nach China expandieren.
FN:
Während der Software- und der Servicebereich zulegen konnten, war das Hardwaregeschäft bis vor Kurzem die Wachstumsbremse. Das hat sich offenbar nun geändert. Wie kam es dazu und wie stark ist der Wettbewerb in den beiden Segmenten?
ECKARD HEIDLOFF:
Im Hardware-Geschäft machen sich die Wachstumsimpulse für unser Geschäft aus den Schwellenländern mit zweistelligen Wachstumsraten am deutlichsten bemerkbar. Allerdings sind diese Märkte sehr wettbewerbsintensiv, sodass wir unsere gesamte Supply-Chain noch weiter umbauen werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei unser Entwicklungsbereich in Singapur, den wir speziell zur Systementwicklung für Schwellenländer dort ausbauen. Gleichzeitig sind wir im High-End-Bereich der Hardware sehr gut für Investitionen in den Industrieländern gerüstet. Dort spielen aber auch unsere Software und höherwertige Services eine immer grössere Rolle. Denken Sie zum Beispiel nur an die Bewältigung der Komplexität bei Multikanal- oder Mobility-Integrationen. Weil wir im Software-Bereich noch viel mehr Zukunftspotenzial sehen, bauen wir dieses Gebiet derzeit mit Nachdruck aus. Wie konsequent wir das angehen, wird daraus deutlich, dass wir aktuell ein separates Software-Headquarter in Utrecht in den Niederlanden aufbauen. Es geht zu Beginn des neuen Geschäftsjahres am 1. Oktober 2013 an den Start.
FN:
Bei Self-Scanning-Kassen ist Wincor Nixdorf ebenfalls vorn dabei. Kommt dieses Modell beim Kunden wirklich an, sprich, setzt sich diese Technologie auch durch?
ECKARD HEIDLOFF:
Selbstbedienungskassen finden bei Verbrauchern auch in Europa zunehmend Akzeptanz. Dafür sorgen vor allem grosse Einzelhändler wie IKEA, bei denen wir solche Systeme flächendeckend installiert haben. Das Thema Selbstbedienung an der Kasse wird sich schon deshalb durchsetzen, weil Handelsunternehmen damit ihre Prozesskosten senken können und sich Wettbewerbsvorteile in einem hart umkämpften Markt erschliessen.
FN:
In den ersten neun Monaten des seit Oktober laufenden Geschäftsjahres 2012/2013 konnte Wincor Nixdorf mit 1,841 Mrd. Euro (9 Monate 2011/2012: 1,704 Mrd. Euro) einen um +8 % gestiegenen Umsatz vermelden. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBITA) ist um +33 % gestiegen. Das Konzernergebnis konnte sogar um +45 % auf 61 Mio. Euro gesteigert werden (9 Monate 2011/2012: 42 Mio. Euro). Da Sie im Rahmen der Veröffentlichung sogar Ihre Prognose fürs Gesamtjahr angehoben haben, dürften Sie als CEO sehr zufrieden sein mit den Zahlen. Was waren die Hauptgründe für die positive Entwicklung?
ECKARD HEIDLOFF:
Die von uns eingeleiteten Restrukturierungsmassnahmen zeigen Wirkung. Wie von uns angestrebt, erhalten wir Wachstumsimpulse vor allem aus Schwellenländern. Wir wachsen wieder stark im Hardware-Bereich und das Banking-Geschäft ist sehr gut unterwegs. Die Prognose konnten wir daher erhöhen. Wir haben erklärt, dass wir im laufenden Geschäftsjahr 2012/2013 beim Umsatz um +5 % wachsen werden. Beim operativen Ergebnis werden wir 130 Mio. Euro statt der ursprünglich genannten 120 Mio. Euro erreichen. Das ist knapp ein Drittel mehr als im Vorjahr, als wir bei 101 Mio. Euro herauskamen. Bei der Erhöhung unserer Prognose haben wir eingerechnet, dass sich das vierte Geschäftsjahresquartal im Vergleich zum Vorjahr eher verhalten entwickeln wird.
FN:
In einem Reuters-Interview haben Sie, zur Freude der Aktionäre angekündigt, die Dividende für das laufende Geschäftsjahr wohl wieder kräftig erhöhen zu wollen, nachdem es für das letzte Geschäftsjahr eine deutliche Reduzierung von 1,70 Euro auf 1,05 Euro gab. Wie sieht Ihre Dividendenpolitik denn konkret aus?
ECKARD HEIDLOFF:
Unsere Dividendenpolitik ist seit unserem Börsengang 2004 unverändert: Danach wird etwa die Hälfte des jeweils in einem Geschäftsjahr im Konzern erwirtschafteten Periodenergebnis als Dividende ausgeschüttet. Dass unsere Aktionäre aus dem laufenden Geschäftsjahr etwas mehr erwarten dürfen als im letzten Jahr, liegt also am deutlich besseren Geschäftsverlauf.
FN:
Produktionsverlagerung und Jobabbau in Deutschland kosten Geld. Inwieweit werden die Restrukturierungsmassnahmen das Ergebnis unterm Strich auch dieses Geschäftsjahr noch belasten?
ECKARD HEIDLOFF:
Wir hatten beim operativen Ergebnis für das letzte Geschäftsjahr (2011/2012) bereits 40 Mio. Euro Restrukturierungskosten berücksichtigt. Im laufenden Geschäftsjahr 2012/2013 fallen nochmals 20 Mio. Euro an. Das haben wir zu Beginn des Geschäftsjahres erklärt und dieser Betrag ist auch in unserer erhöhten Prognose berücksichtigt.
FN:
Sind grössere Übernahmen derzeit ein Thema?
ECKARD HEIDLOFF:
Wir setzen grundsätzlich auf organisches Wachstum und haben in den letzten Jahren bewiesen, dass wir genügend Kraft dafür haben. Darüber hinaus prüfen wir laufend Möglichkeiten zur Arrondierung unseres Portfolios und unserer globalen Leistungsfähigkeit - kleinere Akquisitionen sind durchaus möglich.
FN:
Der Aktienkurs von Wincor Nixdorf hat sich seit dem Einbruch im Jahr 2011 seit rund einem Jahr mit einem Anstieg von ca. 27 Euro auf aktuell ca. 50 Euro wieder sehr positiv entwickelt und bestätigt damit ihre 'Talsohlen-Theorie' bildhaft. Zwar dürfen Sie zur Aktienkursentwicklung wohl sicher keine Einschätzung abgeben, aber welche fundamentalen Faktoren könnten aus Ihrer Sicht zukünftig einen weiteren deutlichen Anstieg des Unternehmenswerts für die Aktionäre ermöglichen?
ECKARD HEIDLOFF:
Zum einen sind Lösungen zur Optimierung der Bargeldverarbeitung für uns ein Zukunftsthema. Nach wie vor wächst die Anzahl der Banknoten im Umlauf weltweit. Das Zählen, Sortieren und die sichere Logistik verschlingt allein in Europa 50 Mrd. Euro im Jahr. Unser Konzept, Banknoten in einem einheitlichen intelligenten Notenspeicher zwischen Geldautomaten und Kassentresoren in den Bankfilialen, aber auch zwischen den Kassensystemen in den Handelsfilialen tauschen zu können, birgt grosses Potential für Prozessverbesserungen und Kostensenkungen. Dabei haben wir im Blick, dass sich in etablierten Märkten der Trend zum bargeldlosen Zahlungsverkehr fortsetzt. Auch heute schon sind wir hier ein wichtiger Ansprechpartner - für Kartentransaktionen und auch für die neuen Möglichkeiten, die sich aus mobilem Bezahlen, mobilem Banking und dem Einsatz von Tablet-PCs im Handelsumfeld ergeben. Gerade im Bereich des bargeldlosen und auch kartenlosen Zahlungsverkehrs liegt sehr viel Potential, um sich als innovativer Anbieter von Hardware, Software und Services zu etablieren.
FN:
Für das Geschäftsjahr 2012/2013 erwarten Sie ja, wie bereits erwähnt, nach der erneuten Prognoseanhebung einen Umsatzzuwachs um +5 % und einen Anstieg des operativen Ergebnisses (EBITA) auf ca. 130 Mio. Euro inkl. Restrukturierungskosten. Gibt es denn auch für das Geschäftsjahr 2013/2014 schon konkrete oder zumindest ungefähre Umsatz- und Ergebnisziele?
ECKARD HEIDLOFF:
Wir sind sehr zuversichtlich, dass Wincor Nixdorf auch im nächsten Geschäftsjahr weiter wächst und damit eine gute Chance hat, über den Umsatz auch gut im Ergebnis zu wachsen.
FN:
Herr Heidloff, wir bedanken uns herzlich für das interessante Interview!
© 2013 FN