Bremen (ots) - Auf den ersten Blick scheint alles klar: CDU und CSU wollen nicht mit den Grünen, die Grünen können nicht mit der Linken, die FDP mag nicht mit Rot-Grün, und die Mehrheit in der SPD sieht ein Zusammengehen mit den Linken eher als politisches Himmelfahrtskommando. Der Eindruck: Alles läuft auf die Bildung einer Großen Koalition nach der Wahl am 22. September hinaus. Das Vorbild liefert die Koalition von 2005: Bis-dato-Kanzler Gerhard Schröder machte nach seinem legendären, hormongesteuerten Auftritt am Wahlabend schnell den Weg frei, vergleichsweise geräuschlos schmiedeten Franz Müntefering und die anderen SPD-Spitzen eine Allianz mit der Union. Die wird heute gern ein wenig verklärt, obwohl große Reformvorhaben in jener Zeit stecken geblieben sind - zum Beispiel im Steuerbereich oder im Gesundheitswesen. Eindeutig auf der Habenseite konnte die Große Koalition allerdings das Krisenmanagement in der Finanz- und Wirtschaftskrise verbuchen - das erklärt wohl auch, warum dieses Modell heute noch bei so vielen Bürgern beliebt ist. Doch 2013 ist nicht 2005. Die SPD ist programmatisch eindeutig nach links gerückt. Damit hat sie in großen Teilen der Mitgliederschaft Erwartungen geweckt. Besserverdiener stärker belasten, eine effektive Mietpreisbremse einziehen oder einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einführen, darauf werden sich CDU und CSU nicht einlassen. Eine Koalition mit der Union würde klassische Kompromisspolitik bedeuten. Sicher, die gibt es in der Politik immer wieder und sie sind nicht von vornherein schlecht. Das Problem für die SPD-Parteispitze wäre allerdings, nach dem miserablen Wahlergebnis von 2009 und vier ungeliebten Oppositionsjahren, den Frust an der Basis aufzufangen. Jetzt kommt eine Komponente ins Spiel, die die Frage über eine Große Koalition entscheidend beeinflussen wird: SPD-Parteichef Sigmar Gabriel hat für den 24. September zum Parteikonvent eingeladen. Solch einen kleinen Parteitag nur zwei Tage nach der Wahl anzusetzen, ist sehr ungewöhnlich. Gabriel, durchaus ein cleverer Stratege, baut damit für den Fall eines schlechten Wahlergebnisses vor: Mit einem geschlossenen Auftreten der Führung, so die Hoffnung, sollen Diskussionen über das Spitzenpersonal im Keim erstickt werden. Denn bereits jetzt wird in höheren Parteikreisen munter darüber spekuliert, ob Gabriel ein Wahldesaster politisch überleben kann. Wer die Macht in der SPD behalten oder an sich reißen will, für den ist das Eintreten für eine Große Koalition keine Trumpfkarte. Und dann ist ja noch Hannelore Kraft, die in Teilen der Partei offen als mögliche Gabriel-Erbin gehandelt wird. Sie hat in ähnlicher Konstellation, wie sie sich am Wahlabend ergeben könnte, 2010 in Nordrhein-Westfalen auf die Tolerierung einer rot-grünen Regierung durch die Linken gesetzt. Das Schaulaufen der Parteien mag bislang nicht besonders munter sein - die Tage nach der Wahl indes dürften Spannung garantieren. Bis dahin bleibt eine Große Koalition blanke Spekulation.
OTS: Weser-Kurier newsroom: http://www.presseportal.de/pm/30479 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30479.rss2
Pressekontakt: Weser-Kurier Produzierender Chefredakteur Telefon: +49(0)421 3671 3200 chefredaktion@Weser-Kurier.de
OTS: Weser-Kurier newsroom: http://www.presseportal.de/pm/30479 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30479.rss2
Pressekontakt: Weser-Kurier Produzierender Chefredakteur Telefon: +49(0)421 3671 3200 chefredaktion@Weser-Kurier.de
© 2013 news aktuell