Verantwortlicher Redakteur: Markus Meister
Heute freuen wir uns über ein FN-Vorstandsinterview mit dem Finanzvorstand der Tipp24 SE (WKN 784714, ISIN DE0007847147, Aktien-Kürzel TIM), Herrn Dipl.-Kfm. Andreas Keil, auf FinanzNachrichten.de. Die Tipp24 SE mit Sitz in Hamburg und aktuell 117 Mitarbeitern wurde 1999 gegründet. Mitte vergangenen Jahres erfolgte der Spin-Off des aus rechtlicher Sicht lange Zeit schwierigen Deutschland-Geschäfts - Stichwort Glückspielstaatsvertrag - als Lotto24 AG in Form einer Sachdividende. Damit hält Tipp24, als ausschliesslich international ausgerichtetes Kerngeschäft, Beteiligungen an einer Reihe von Gesellschaften in Grossbritannien und Spanien, die die Teilnahme an Glücksspielen aus dem Lotteriebereich über das Internet ermöglichen.
Bei einem Umsatz von 142,7 Mio. Euro erzielte Tipp24 im Geschäftsjahr 2012 ein EBIT von 56,5 Mio. Euro und ein Ergebnis pro Aktie von 4,99 Euro. Mit der 25,7 %-Beteiligung Geonomics Global Games Ltd. aus Grossbritannien erwarb Tipp24 im Dezember 2012 einen weiteren Minderheitsanteil an einer Auslandsgesellschaft. Um der Internationalisierung Rechnung zu tragen, ist die Sitzverlegung nach London geplant. Die Börsennotierung in Deutschland soll jedoch langfristig aufrecht erhalten werden.
Die aktuellen Kursziele der Analysten, die sich mit dem Wert beschäftigen, sind durchweg positiv. Berenberg empfiehlt mit Kursziel 68 Euro zum Kauf, während Warburg Research sogar 73 Euro für möglich hält und ebenfalls eine Kaufempfehlung ausgibt. Im Chart der Tipp24-Aktie sieht man seit dem Jahresbeginn 2013 einen deutlichen Kursanstieg um ca. +20 % auf aktuell ca. 48 Euro. Der langfristige Aufwärtstrend ist nach wie vor intakt. Erst im Mai wurde ein neues Allzeithoch erreicht, sodass die Aktie möglicherweise Nachholpotenzial hat. Wir haben das im SDAX notierte Unternehmen etwas über ein Jahr nach unserem Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden, Dr. Hans Cornehl, erneut kontaktiert und nun Finanzchef Andreas Keil einige Fragen zur Geschäftsentwicklung gestellt.
FinanzNachrichten.de
Sehr geehrter Herr Keil, vor etwas über einem Jahr durften wir unser erstes Tipp24-Interview mit Herrn Cornehl führen. Nun wollen wir uns natürlich gern ansehen, was sich in dieser Zeit im Unternehmen getan hat.
Im Inlandsgeschäft hatte Tipp24 damals Online-Lotto-Angebote aufgrund des Glückspielstaatsvertrags zwar nur in Schleswig Holstein anbieten dürfen, aber es wurde eine rasche bundesweite Erlaubnis erwartet. Kurz darauf erfolgte die Ausgliederung des Deutschlandgeschäfts als Lotto24 AG in Form einer Sachdividende, die mittlerweile - vor allem für die Aktionäre - als voller Erfolg gewertet werden kann. Der Aktienkurs der Lotto24 AG konnte sich bereits auf rund 5 Euro verdoppeln und nun, nach der erteilten Werbeerlaubnis, wurde bereits die bundesweite Vermarktung von Lottoangeboten gestartet. Dennoch scheint die rechtliche Unsicherheit in Deutschland weiterhin noch nicht ganz beseitigt zu sein, oder?
ANDREAS KEIL:
Die Lotto24 AG hat nach meiner Kenntnis alle Erlaubnisse erhalten, die sie für ein bundesweites Online-Geschäft benötigt: Die Erlaubnisse für die Vermittlung, den Internetvertrieb und die Werbung in Internet und TV. Dennoch bestehen die rechtlichen Unsicherheiten in Deutschland fort. Nachdem das Deutschlandgeschäft im Juli 2012 abgespalten und als Lotto24 AG eigenständig an die Börse gebracht wurde, ist die Verlegung des Gesellschaftssitzes die naheliegende Konsequenz der veränderten strategischen Ausrichtung von Tipp24. Tipp24 konzentriert sich auf die internationalen Aktivitäten und plant hier insbesondere den Aufbau eines neuen Geschäftsbereichs als Dienstleister für Lotterieveranstalter, um Aufbau und Betrieb eines Internetgeschäfts zu begleiten. Die geplante Verlegung des Gesellschaftssitzes ist vor diesem Hintergrund der richtige strategische Schritt. Wir sind davon überzeugt, dass sich das internationale Geschäft aus Grossbritannien heraus besser ausbauen lässt als aus Deutschland.
FN:
Das Auslandsgeschäft hat ja wegen der schwierigen Rechtslage in Deutschland auch in den letzten Jahren schon den überwiegenden Teil der Umsätze generiert. Wie hat sich das Geschäft der Minderheitsbeteiligungen in den aktuellen Hauptmärkten seit Mitte des vergangenen Jahres entwickelt und wie sieht die rechtliche Situation eigentlich dort aktuell aus?
ANDREAS KEIL:
Unsere Minderheitsbeteiligungen sind seit Jahren erfolgreich in Grossbritannien tätig und wir sehen dort einen positiven Geschäftsverlauf. Da die Tipp24 SE keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik der Minderheitsbeteiligungen hat, können wir dazu leider keine genaueren Aussagen treffen.
Für die strategische Ausrichtung von Tipp24 sind in keinem europäischen Land die Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung besser als in Grossbritannien. Grossbritannien setzte bereits 2005 mit der Verabschiedung des Gambling Act als erstes grosses Land in Europa einen modernen regulatorischen Rahmen für Online-Glücksspiele. Die Branche, die zudem auf einer langen Tradition etablierter Wett- und Glücksspielanbieter aufbaut, hat sich dementsprechend ebenso dynamisch entwickelt wie der britische Markt für Online-Glücksspiele. Auch die erfolgreiche Geschäftstätigkeit der in Grossbritannien ansässigen Minderheitsbeteiligungen der Tipp24 SE ist ein Indikator für die hohe Qualität des Standortes. Die Tipp24 SE will diese positiven Rahmenbedingungen für ihre strategische Weiterentwicklung nutzen. Im britischen Markt sondieren wir auch, ob es Gelegenheiten gibt, im Rahmen der dortigen Regulierung ein weiteres Veranstaltergeschäft aufzubauen.
FN:
Wie Sie bereits erwähnt haben, wird nun im Zuge der weiteren Internationalisierung der Sitz nach Grossbritannien verlegt, wo auch die jüngste 25,7 %-Auslandsbeteiligung Geonomics Global Games Ltd. sitzt. Nach und nach soll die Tipp24 SE ein komplett englisches Unternehmen mit Börsennotierung in Deutschland werden. Können Sie uns bitte noch ein wenig mehr zum Umzug nach London und vielleicht auch ein paar Worte zu Geonomics sagen?
ANDREAS KEIL:
Die strategischen Hintergründe und neuen Geschäftsfelder habe ich ja bereits erläutert. Hinzu kommt, dass Grossbritannien das anerkannte europäische Zentrum der Online-Glücksspielbranche ist und uns ein hervorragendes Umfeld für künftiges profitables Wachstum bietet. Ausserdem versprechen wir uns von diesem Schritt einen verbesserten Zugang zu hoch qualifiziertem Personal, das wir für die weitere Geschäftsentwicklung benötigen. Die Verlegung des Gesellschaftssitzes ist vor diesem Hintergrund der richtige strategische Schritt. Wir sind davon überzeugt, dass sich das internationale Geschäft aus Grossbritannien heraus besser ausbauen lässt als aus Deutschland. Unsere Beteiligung an der britischen Geonomics Global Games Limited untermauert diese Ambitionen und war ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Die Geonomics Global Games Limited betreibt über ihre britische Tochtergesellschaft GeoSweep Limited das geobasierte Lotteriespiel GeoSweep (www.geosweep.com). Bei diesem kaufen die Spieler Quadrate, sogenannte Geos, auf einer Online-Landkarte. Diese Flächen dienen als Lotterielose in den täglichen geobasierten Ausspielungen und werden jeweils nur einmal verkauft. Durch den Erwerb des Geos mit dem eigenen Haus, dem Urlaubsdomizil oder dem Sitz im Sportstadion wird eine hohe Emotionalisierung erreicht. Ausgestattet mit einer Glücksspiellizenz der staatlichen britischen Regulierungsbehörde (UK Gambling Commission), deckt das Angebot von GeoSweep derzeit die Gesamtfläche Grossbritanniens ab. Die Beteiligung ist ein wichtiger Schritt im Zuge der Internationalisierung von Tipp24. GeoSweep ist eine der wenigen wirklich attraktiven Produktinnovationen der letzten zehn Jahre im gesamten Online-Lotteriebereich. Das Produkt kann international sehr gut und flexibel an die Erfordernisse des lokalen Marktes angepasst werden. Mit unserem Know-how im Endkundengeschäft sehen wir uns in der Lage, einen wichtigen Beitrag zum internationalen Wachstum von GeoSweep zu leisten.
FN:
Der Umsatz legte im Geschäftsjahr 2012 insgesamt nur um knapp +2,5 % von 139,3 auf 142,7 Mio. Euro zu. Gleichzeitig stieg das EBIT von 51,9 Mio. Euro im Jahr 2011 um +8,8 % auf 56,5 Mio. Euro. Im ersten Halbjahr 2013 stieg der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um ca. +12 %, das EBIT ging hingegen deutlich zurück. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der wichtigsten Kennzahlen?
ANDREAS KEIL:
Tipp24 ist gut in das neue Jahr gestartet. Wir haben unseren Umsatz gesteigert und unser EBIT trotz erwarteter zusätzlicher Kosten auf hohem Niveau gehalten. Dies ist auch wesentlich durch positive Sondereffekte bei der Gewinnauszahlung im Zweitlotteriegeschäft bedingt.
Der Umsatz stieg im ersten Halbjahr um +12,1 % auf 76,4 Mio. Euro (H1/2012: 68,2 Mio. Euro). Das EBIT erreichte mit 21,4 Mio. Euro nicht das Vorjahresniveau von 38,5 Mio. Euro. Das Vorjahresergebnis von 36,8 Mio. Euro ist allerdings nur bedingt mit dem Ergebnis 2013 vergleichbar, weil im Vorjahr ergebnissteigernde Sondereffekte in Höhe von 18,2 Mio. Euro aus dem Spin-Off der Lotto24 AG enthalten sind.
FN:
Zwar wurde Ende Mai ein neues Allzeithoch erreicht, aber die Tipp24-Aktie hat sich seit dem vergangenen Jahr - im Vergleich beispielsweise zum DAX - trotz eines niedrigen KGVs unter 10 eher durchschnittlich nach oben bewegt. Die Börse scheint also für die nahe Zukunft zumindest nicht die allergrösste Wachstumsfantasie zu antizipieren oder wie sehen Sie die Bewertung und die Kursperformance vor dem Hintergrund der fundamentalen Entwicklung?
ANDREAS KEIL:
Die Aktie der Tipp24 SE wurde auf Grund des regulatorischen Umfeldes von den Analysten schon immer mit einem Abschlag versehen. Als SDAX-Unternehmen in der Online-Glücksspielbranche ist der Vergleich dieses Nischen-Business mit den 30 umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands auch recht mutig, weil sich Anleger in unsicheren Zeiten den grossen liquiden Werten zuwenden. In Deutschland finden Sie kaum ein Unternehmen, das, wie Tipp24, sein Ergebnis seit 13 Jahren jährlich verbessert. Wir überlassen natürlich den Analysten und dem Markt die Bewertung unserer Aktie, jedoch wird unsere Aktie sicher auch vor dem Hintergrund des sich bietenden erheblichen Potentials in den Research-Reports, durchweg mit 'Kaufen' oder 'Outperform' eingestuft.
FN:
Im April wurde eine Barkapitalerhöhung im Volumen von ca. 16 Mio. Euro erfolgreich abgeschlossen, sodass die Tipp24 SE zusammen mit den bereits vorhandenen Finanzmitteln nun ein ordentliches Liquiditätspolster hat. In welche Märkte und Geschäftsbereiche möchten Sie in nächster Zeit verstärkt investieren, um wieder zu wachsen?
ANDREAS KEIL:
Neben der mittelfristigen Finanzausstattung zur Erfüllung unserer Aufgaben als Konzernobergesellschaft soll der Nettoemissionserlös auch zur Finanzierung von Projekten im Rahmen der Internationalisierungsstrategie dienen. Die Tipp24 SE strebt, wie beschrieben, einerseits den Erwerb eigener Glücksspiel-Lizenzen und andererseits den Aufbau eines neuen internationalen Geschäftsbereichs von Internetdienstleistungen für Lotterieveranstalter an. Dabei werden wir unsere langjährige Technologie- und Marketingkompetenz gezielt einsetzen. Vor allem in Nordamerika sind deutliche Anzeichen einer Deregulierung erkennbar – Tipp24 ist gut positioniert, diesen Online-Lotteriemarkt als Partner der staatlichen Lotterieveranstalter effizient zu erschliessen.
Mittel- und langfristig wollen wir selbst Veranstalter von Lotterien werden. Tipp24 ist mit ihren flexiblen Organisationsstrukturen bestens aufgestellt, um die sich kurz- bzw. mittelfristig bietenden Geschäftsmöglichkeiten frühzeitig erkennen und wahrnehmen zu können. Ein weiteres Ergebnis der sich verändernden regulatorischen Rahmenbedingungen in Europa könnte die zunehmende Privatisierung heute noch staatlicher Marktteilnehmer und damit einhergehend eine mögliche Konsolidierung sein. An diesen voraussichtlichen Marktveränderungen will Tipp24 partizipieren und sich möglicherweise daraus entwickelnde attraktive Gelegenheiten für anorganisches Wachstum nutzen.
FN:
Sind weitere grössere Beteiligungen oder Übernahmen derzeit also ein Thema?
ANDREAS KEIL:
Mittelfristig möchten wir Partner der staatlichen Lotterieveranstalter werden. Natürlich prüfen wir, ob wir dieses Geschäftsfeld sowohl durch organisches als gegebenenfalls auch durch anorganisches Wachstum erschliessen möchten. Einen ersten Schritt zur Umsetzung dieser Strategie hat die Tipp24 SE bereits mit der Beteiligung an der britischen Geonomics Global Games Limited im Dezember 2012 vollzogen.
FN:
Wie sehen Ihre Planzahlen für Umsatz und Gewinn in den kommenden Jahren aus? Wann sehen wir wieder zweistellige Wachstumsraten?
ANDREAS KEIL:
Durch den Auf- und Ausbau des internationalen Geschäfts und eine notwendige Anpassung der Sicherungsstruktur erwarten wir im Verlauf diesen Jahres zusätzliche Kosten von insgesamt ca. 15 Mio. Euro, die erst in geringem Umfang im 1. Halbjahr angefallen sind. Deshalb halten wir an unserer EBIT-Prognose einer Bandbreite von 20 bis 30 Mio. Euro fest, obwohl das EBIT nach dem ersten Halbjahr schon 21,4 Mio. Euro betrug. Darüber hinaus können wir die positive statistische Abweichung vom Erwartungswert im ersten Halbjahr nicht als nachhaltig unterstellen, sondern planen mit einer normalisierten Gewinnausschüttungsquote. Haben Sie bitte Verständnis, dass wir über die veröffentlichte Prognose hinaus leider keine Aussagen zu zukünftigen Planzahlen tätigen können. Meine Erwartung an dieser Stelle ist allerdings, dass in zwei bis drei Jahren sehr wesentliche Beiträge zu konsolidiertem Umsatz und Ergebnis aus Geschäften stammen, die wir heute noch nicht betreiben.
FN:
Gestatten Sie noch eine Frage zur Dividendenpolitik, Herr Keil. Sieht man einmal von der Sachdividende der Lotto24-Aktien ab, so hat die Tipp24 SE ihren Aktionären seit dem Jahr 2009 keine Dividende mehr ausgeschüttet. Obwohl in den vergangenen beiden Geschäftsjahren 2011 und 2012 mit 4,80 Euro bzw. 4,99 Euro ein ordentlicher Gewinn pro Aktie erzielt worden ist, hat das Unternehmen damit offensichtlich Beteiligungskäufe finanziert. Wann bzw. unter welchen Umständen möchten Sie Ihre Aktionäre wieder an den Unternehmensgewinnen beteiligen?
ANDREAS KEIL:
Die Gewinne der Beteiligungen im Auslandssegment werden seit 2009 thesauriert und nicht an die Tipp24 SE ausgeschüttet. Zudem hat die Tipp24 SE nur sehr niedrige Mittelzuflüsse durch eigenes Geschäft und muss in erheblichem Mass laufende Kosten tragen. Für das Geschäftsjahr 2012 ist zwar ein sehr gutes Ergebnis erzielt worden, das allerdings wegen des Spin-Off der Lotto24 AG zum Teil nicht liquiditätswirksam war.
Natürlich setzten wir den Finanzmittelbestand für Investitionen und weitere Finanzierungen im Rahmen der Wachstumsstrategie, wie beispielsweise für die Beteiligung an der britischen Geonomics Global Games Limited, ein. Die Finanzmittel, die im Rahmen der strategischen Ausrichtung nicht benötigt werden, sollen in Zukunft wieder in Form von Dividenden ausgeschüttet werden.
FN:
Herr Keil, wir bedanken uns herzlich für das interessante Interview!
Heute freuen wir uns über ein FN-Vorstandsinterview mit dem Finanzvorstand der Tipp24 SE (WKN 784714, ISIN DE0007847147, Aktien-Kürzel TIM), Herrn Dipl.-Kfm. Andreas Keil, auf FinanzNachrichten.de. Die Tipp24 SE mit Sitz in Hamburg und aktuell 117 Mitarbeitern wurde 1999 gegründet. Mitte vergangenen Jahres erfolgte der Spin-Off des aus rechtlicher Sicht lange Zeit schwierigen Deutschland-Geschäfts - Stichwort Glückspielstaatsvertrag - als Lotto24 AG in Form einer Sachdividende. Damit hält Tipp24, als ausschliesslich international ausgerichtetes Kerngeschäft, Beteiligungen an einer Reihe von Gesellschaften in Grossbritannien und Spanien, die die Teilnahme an Glücksspielen aus dem Lotteriebereich über das Internet ermöglichen.
Bei einem Umsatz von 142,7 Mio. Euro erzielte Tipp24 im Geschäftsjahr 2012 ein EBIT von 56,5 Mio. Euro und ein Ergebnis pro Aktie von 4,99 Euro. Mit der 25,7 %-Beteiligung Geonomics Global Games Ltd. aus Grossbritannien erwarb Tipp24 im Dezember 2012 einen weiteren Minderheitsanteil an einer Auslandsgesellschaft. Um der Internationalisierung Rechnung zu tragen, ist die Sitzverlegung nach London geplant. Die Börsennotierung in Deutschland soll jedoch langfristig aufrecht erhalten werden.
Die aktuellen Kursziele der Analysten, die sich mit dem Wert beschäftigen, sind durchweg positiv. Berenberg empfiehlt mit Kursziel 68 Euro zum Kauf, während Warburg Research sogar 73 Euro für möglich hält und ebenfalls eine Kaufempfehlung ausgibt. Im Chart der Tipp24-Aktie sieht man seit dem Jahresbeginn 2013 einen deutlichen Kursanstieg um ca. +20 % auf aktuell ca. 48 Euro. Der langfristige Aufwärtstrend ist nach wie vor intakt. Erst im Mai wurde ein neues Allzeithoch erreicht, sodass die Aktie möglicherweise Nachholpotenzial hat. Wir haben das im SDAX notierte Unternehmen etwas über ein Jahr nach unserem Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden, Dr. Hans Cornehl, erneut kontaktiert und nun Finanzchef Andreas Keil einige Fragen zur Geschäftsentwicklung gestellt.
FinanzNachrichten.de
Sehr geehrter Herr Keil, vor etwas über einem Jahr durften wir unser erstes Tipp24-Interview mit Herrn Cornehl führen. Nun wollen wir uns natürlich gern ansehen, was sich in dieser Zeit im Unternehmen getan hat.
Im Inlandsgeschäft hatte Tipp24 damals Online-Lotto-Angebote aufgrund des Glückspielstaatsvertrags zwar nur in Schleswig Holstein anbieten dürfen, aber es wurde eine rasche bundesweite Erlaubnis erwartet. Kurz darauf erfolgte die Ausgliederung des Deutschlandgeschäfts als Lotto24 AG in Form einer Sachdividende, die mittlerweile - vor allem für die Aktionäre - als voller Erfolg gewertet werden kann. Der Aktienkurs der Lotto24 AG konnte sich bereits auf rund 5 Euro verdoppeln und nun, nach der erteilten Werbeerlaubnis, wurde bereits die bundesweite Vermarktung von Lottoangeboten gestartet. Dennoch scheint die rechtliche Unsicherheit in Deutschland weiterhin noch nicht ganz beseitigt zu sein, oder?
ANDREAS KEIL:
Die Lotto24 AG hat nach meiner Kenntnis alle Erlaubnisse erhalten, die sie für ein bundesweites Online-Geschäft benötigt: Die Erlaubnisse für die Vermittlung, den Internetvertrieb und die Werbung in Internet und TV. Dennoch bestehen die rechtlichen Unsicherheiten in Deutschland fort. Nachdem das Deutschlandgeschäft im Juli 2012 abgespalten und als Lotto24 AG eigenständig an die Börse gebracht wurde, ist die Verlegung des Gesellschaftssitzes die naheliegende Konsequenz der veränderten strategischen Ausrichtung von Tipp24. Tipp24 konzentriert sich auf die internationalen Aktivitäten und plant hier insbesondere den Aufbau eines neuen Geschäftsbereichs als Dienstleister für Lotterieveranstalter, um Aufbau und Betrieb eines Internetgeschäfts zu begleiten. Die geplante Verlegung des Gesellschaftssitzes ist vor diesem Hintergrund der richtige strategische Schritt. Wir sind davon überzeugt, dass sich das internationale Geschäft aus Grossbritannien heraus besser ausbauen lässt als aus Deutschland.
FN:
Das Auslandsgeschäft hat ja wegen der schwierigen Rechtslage in Deutschland auch in den letzten Jahren schon den überwiegenden Teil der Umsätze generiert. Wie hat sich das Geschäft der Minderheitsbeteiligungen in den aktuellen Hauptmärkten seit Mitte des vergangenen Jahres entwickelt und wie sieht die rechtliche Situation eigentlich dort aktuell aus?
ANDREAS KEIL:
Unsere Minderheitsbeteiligungen sind seit Jahren erfolgreich in Grossbritannien tätig und wir sehen dort einen positiven Geschäftsverlauf. Da die Tipp24 SE keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik der Minderheitsbeteiligungen hat, können wir dazu leider keine genaueren Aussagen treffen.
Für die strategische Ausrichtung von Tipp24 sind in keinem europäischen Land die Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung besser als in Grossbritannien. Grossbritannien setzte bereits 2005 mit der Verabschiedung des Gambling Act als erstes grosses Land in Europa einen modernen regulatorischen Rahmen für Online-Glücksspiele. Die Branche, die zudem auf einer langen Tradition etablierter Wett- und Glücksspielanbieter aufbaut, hat sich dementsprechend ebenso dynamisch entwickelt wie der britische Markt für Online-Glücksspiele. Auch die erfolgreiche Geschäftstätigkeit der in Grossbritannien ansässigen Minderheitsbeteiligungen der Tipp24 SE ist ein Indikator für die hohe Qualität des Standortes. Die Tipp24 SE will diese positiven Rahmenbedingungen für ihre strategische Weiterentwicklung nutzen. Im britischen Markt sondieren wir auch, ob es Gelegenheiten gibt, im Rahmen der dortigen Regulierung ein weiteres Veranstaltergeschäft aufzubauen.
FN:
Wie Sie bereits erwähnt haben, wird nun im Zuge der weiteren Internationalisierung der Sitz nach Grossbritannien verlegt, wo auch die jüngste 25,7 %-Auslandsbeteiligung Geonomics Global Games Ltd. sitzt. Nach und nach soll die Tipp24 SE ein komplett englisches Unternehmen mit Börsennotierung in Deutschland werden. Können Sie uns bitte noch ein wenig mehr zum Umzug nach London und vielleicht auch ein paar Worte zu Geonomics sagen?
ANDREAS KEIL:
Die strategischen Hintergründe und neuen Geschäftsfelder habe ich ja bereits erläutert. Hinzu kommt, dass Grossbritannien das anerkannte europäische Zentrum der Online-Glücksspielbranche ist und uns ein hervorragendes Umfeld für künftiges profitables Wachstum bietet. Ausserdem versprechen wir uns von diesem Schritt einen verbesserten Zugang zu hoch qualifiziertem Personal, das wir für die weitere Geschäftsentwicklung benötigen. Die Verlegung des Gesellschaftssitzes ist vor diesem Hintergrund der richtige strategische Schritt. Wir sind davon überzeugt, dass sich das internationale Geschäft aus Grossbritannien heraus besser ausbauen lässt als aus Deutschland. Unsere Beteiligung an der britischen Geonomics Global Games Limited untermauert diese Ambitionen und war ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Die Geonomics Global Games Limited betreibt über ihre britische Tochtergesellschaft GeoSweep Limited das geobasierte Lotteriespiel GeoSweep (www.geosweep.com). Bei diesem kaufen die Spieler Quadrate, sogenannte Geos, auf einer Online-Landkarte. Diese Flächen dienen als Lotterielose in den täglichen geobasierten Ausspielungen und werden jeweils nur einmal verkauft. Durch den Erwerb des Geos mit dem eigenen Haus, dem Urlaubsdomizil oder dem Sitz im Sportstadion wird eine hohe Emotionalisierung erreicht. Ausgestattet mit einer Glücksspiellizenz der staatlichen britischen Regulierungsbehörde (UK Gambling Commission), deckt das Angebot von GeoSweep derzeit die Gesamtfläche Grossbritanniens ab. Die Beteiligung ist ein wichtiger Schritt im Zuge der Internationalisierung von Tipp24. GeoSweep ist eine der wenigen wirklich attraktiven Produktinnovationen der letzten zehn Jahre im gesamten Online-Lotteriebereich. Das Produkt kann international sehr gut und flexibel an die Erfordernisse des lokalen Marktes angepasst werden. Mit unserem Know-how im Endkundengeschäft sehen wir uns in der Lage, einen wichtigen Beitrag zum internationalen Wachstum von GeoSweep zu leisten.
FN:
Der Umsatz legte im Geschäftsjahr 2012 insgesamt nur um knapp +2,5 % von 139,3 auf 142,7 Mio. Euro zu. Gleichzeitig stieg das EBIT von 51,9 Mio. Euro im Jahr 2011 um +8,8 % auf 56,5 Mio. Euro. Im ersten Halbjahr 2013 stieg der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um ca. +12 %, das EBIT ging hingegen deutlich zurück. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der wichtigsten Kennzahlen?
ANDREAS KEIL:
Tipp24 ist gut in das neue Jahr gestartet. Wir haben unseren Umsatz gesteigert und unser EBIT trotz erwarteter zusätzlicher Kosten auf hohem Niveau gehalten. Dies ist auch wesentlich durch positive Sondereffekte bei der Gewinnauszahlung im Zweitlotteriegeschäft bedingt.
Der Umsatz stieg im ersten Halbjahr um +12,1 % auf 76,4 Mio. Euro (H1/2012: 68,2 Mio. Euro). Das EBIT erreichte mit 21,4 Mio. Euro nicht das Vorjahresniveau von 38,5 Mio. Euro. Das Vorjahresergebnis von 36,8 Mio. Euro ist allerdings nur bedingt mit dem Ergebnis 2013 vergleichbar, weil im Vorjahr ergebnissteigernde Sondereffekte in Höhe von 18,2 Mio. Euro aus dem Spin-Off der Lotto24 AG enthalten sind.
FN:
Zwar wurde Ende Mai ein neues Allzeithoch erreicht, aber die Tipp24-Aktie hat sich seit dem vergangenen Jahr - im Vergleich beispielsweise zum DAX - trotz eines niedrigen KGVs unter 10 eher durchschnittlich nach oben bewegt. Die Börse scheint also für die nahe Zukunft zumindest nicht die allergrösste Wachstumsfantasie zu antizipieren oder wie sehen Sie die Bewertung und die Kursperformance vor dem Hintergrund der fundamentalen Entwicklung?
ANDREAS KEIL:
Die Aktie der Tipp24 SE wurde auf Grund des regulatorischen Umfeldes von den Analysten schon immer mit einem Abschlag versehen. Als SDAX-Unternehmen in der Online-Glücksspielbranche ist der Vergleich dieses Nischen-Business mit den 30 umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands auch recht mutig, weil sich Anleger in unsicheren Zeiten den grossen liquiden Werten zuwenden. In Deutschland finden Sie kaum ein Unternehmen, das, wie Tipp24, sein Ergebnis seit 13 Jahren jährlich verbessert. Wir überlassen natürlich den Analysten und dem Markt die Bewertung unserer Aktie, jedoch wird unsere Aktie sicher auch vor dem Hintergrund des sich bietenden erheblichen Potentials in den Research-Reports, durchweg mit 'Kaufen' oder 'Outperform' eingestuft.
FN:
Im April wurde eine Barkapitalerhöhung im Volumen von ca. 16 Mio. Euro erfolgreich abgeschlossen, sodass die Tipp24 SE zusammen mit den bereits vorhandenen Finanzmitteln nun ein ordentliches Liquiditätspolster hat. In welche Märkte und Geschäftsbereiche möchten Sie in nächster Zeit verstärkt investieren, um wieder zu wachsen?
ANDREAS KEIL:
Neben der mittelfristigen Finanzausstattung zur Erfüllung unserer Aufgaben als Konzernobergesellschaft soll der Nettoemissionserlös auch zur Finanzierung von Projekten im Rahmen der Internationalisierungsstrategie dienen. Die Tipp24 SE strebt, wie beschrieben, einerseits den Erwerb eigener Glücksspiel-Lizenzen und andererseits den Aufbau eines neuen internationalen Geschäftsbereichs von Internetdienstleistungen für Lotterieveranstalter an. Dabei werden wir unsere langjährige Technologie- und Marketingkompetenz gezielt einsetzen. Vor allem in Nordamerika sind deutliche Anzeichen einer Deregulierung erkennbar – Tipp24 ist gut positioniert, diesen Online-Lotteriemarkt als Partner der staatlichen Lotterieveranstalter effizient zu erschliessen.
Mittel- und langfristig wollen wir selbst Veranstalter von Lotterien werden. Tipp24 ist mit ihren flexiblen Organisationsstrukturen bestens aufgestellt, um die sich kurz- bzw. mittelfristig bietenden Geschäftsmöglichkeiten frühzeitig erkennen und wahrnehmen zu können. Ein weiteres Ergebnis der sich verändernden regulatorischen Rahmenbedingungen in Europa könnte die zunehmende Privatisierung heute noch staatlicher Marktteilnehmer und damit einhergehend eine mögliche Konsolidierung sein. An diesen voraussichtlichen Marktveränderungen will Tipp24 partizipieren und sich möglicherweise daraus entwickelnde attraktive Gelegenheiten für anorganisches Wachstum nutzen.
FN:
Sind weitere grössere Beteiligungen oder Übernahmen derzeit also ein Thema?
ANDREAS KEIL:
Mittelfristig möchten wir Partner der staatlichen Lotterieveranstalter werden. Natürlich prüfen wir, ob wir dieses Geschäftsfeld sowohl durch organisches als gegebenenfalls auch durch anorganisches Wachstum erschliessen möchten. Einen ersten Schritt zur Umsetzung dieser Strategie hat die Tipp24 SE bereits mit der Beteiligung an der britischen Geonomics Global Games Limited im Dezember 2012 vollzogen.
FN:
Wie sehen Ihre Planzahlen für Umsatz und Gewinn in den kommenden Jahren aus? Wann sehen wir wieder zweistellige Wachstumsraten?
ANDREAS KEIL:
Durch den Auf- und Ausbau des internationalen Geschäfts und eine notwendige Anpassung der Sicherungsstruktur erwarten wir im Verlauf diesen Jahres zusätzliche Kosten von insgesamt ca. 15 Mio. Euro, die erst in geringem Umfang im 1. Halbjahr angefallen sind. Deshalb halten wir an unserer EBIT-Prognose einer Bandbreite von 20 bis 30 Mio. Euro fest, obwohl das EBIT nach dem ersten Halbjahr schon 21,4 Mio. Euro betrug. Darüber hinaus können wir die positive statistische Abweichung vom Erwartungswert im ersten Halbjahr nicht als nachhaltig unterstellen, sondern planen mit einer normalisierten Gewinnausschüttungsquote. Haben Sie bitte Verständnis, dass wir über die veröffentlichte Prognose hinaus leider keine Aussagen zu zukünftigen Planzahlen tätigen können. Meine Erwartung an dieser Stelle ist allerdings, dass in zwei bis drei Jahren sehr wesentliche Beiträge zu konsolidiertem Umsatz und Ergebnis aus Geschäften stammen, die wir heute noch nicht betreiben.
FN:
Gestatten Sie noch eine Frage zur Dividendenpolitik, Herr Keil. Sieht man einmal von der Sachdividende der Lotto24-Aktien ab, so hat die Tipp24 SE ihren Aktionären seit dem Jahr 2009 keine Dividende mehr ausgeschüttet. Obwohl in den vergangenen beiden Geschäftsjahren 2011 und 2012 mit 4,80 Euro bzw. 4,99 Euro ein ordentlicher Gewinn pro Aktie erzielt worden ist, hat das Unternehmen damit offensichtlich Beteiligungskäufe finanziert. Wann bzw. unter welchen Umständen möchten Sie Ihre Aktionäre wieder an den Unternehmensgewinnen beteiligen?
ANDREAS KEIL:
Die Gewinne der Beteiligungen im Auslandssegment werden seit 2009 thesauriert und nicht an die Tipp24 SE ausgeschüttet. Zudem hat die Tipp24 SE nur sehr niedrige Mittelzuflüsse durch eigenes Geschäft und muss in erheblichem Mass laufende Kosten tragen. Für das Geschäftsjahr 2012 ist zwar ein sehr gutes Ergebnis erzielt worden, das allerdings wegen des Spin-Off der Lotto24 AG zum Teil nicht liquiditätswirksam war.
Natürlich setzten wir den Finanzmittelbestand für Investitionen und weitere Finanzierungen im Rahmen der Wachstumsstrategie, wie beispielsweise für die Beteiligung an der britischen Geonomics Global Games Limited, ein. Die Finanzmittel, die im Rahmen der strategischen Ausrichtung nicht benötigt werden, sollen in Zukunft wieder in Form von Dividenden ausgeschüttet werden.
FN:
Herr Keil, wir bedanken uns herzlich für das interessante Interview!
© 2013 FN