US-Präsident Barack Obama hat nach eigenen Angaben noch keine Entscheidung über eine Militärintervention gegen das Regime von Machthaber Baschar al-Assad getroffen. Er erwäge aber einen "begrenzten" und "eingeschränkten" Einsatz, sagte er am Freitag im Weißen Haus in Washington. Nach Angaben von US-Außenminister John Kerry hat die US-Regierung "klare und schlüssige" Beweise, dass das syrische Regime am 21. August chemische Waffen gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt habe.
Die Frage sei nicht mehr, was bekannt sei, sondern was die Welt nun gemeinschaftlich dagegen unternehmen wolle, sagte Kerry. Bei dem Angriff seien 1429 Menschen getötet worden, darunter mindestens 426 Kinder. Dies sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, betonte Kerry. Nach Angaben von hochrangigen Regierungsvertretern steht eine "begrenzte militärische Antwort" zur Diskussion, die auf das Problem chemischer Waffen in Syrien "zugeschnitten und fokussiert sei".
Frankreichs Präsident François Hollande stützt die Analyse der USA über den Chemiewaffen-Einsatz in Syrien. In einem Telefongespräch mit Obama habe Hollande an Frankreichs große Entschlossenheit erinnert. "Frankreich wird diese Verbrechen nicht ungestraft lassen und fühlt die gleiche Entschlossenheit aufseiten Obamas", zitierte die Nachrichtenagentur AFP aus Hollandes Umgebung.
Was auch immer die USA unternähmen, es sei keine "große Operation", sagte Obama. "Ein unbefristetes Engagement ziehen wir nicht in Erwägung." Es würden auch keine Bodentruppen eingesetzt. Eine US-Antwort auf die Geschehnisse in Damaskus solle sicherstellen, dass Syrien und die Welt verstehe, dass die Nutzung von Chemiewaffen nicht zugelassen werde. Zudem bestehe das Risiko, dass solche Waffen auch in die Hände von Terroristen fielen und später einmal "gegen uns" verwendet würden, sagte Obama.
Obama hatte einen Einsatz chemischer Waffen in Syrien zur "roten Linie" erklärt. Er wolle seine Entscheidung von den "Interessen" der Vereinigten Staaten abhängig machen, sagte die sicherheitspolitische Sprecherin des Weißen Hauses, Caitlin Hayden.
Nach fünf Tagen beendeten die Chemiewaffenexperten der Vereinten Nationen am Freitag ihre Untersuchungen in Syrien; einige Mitglieder des Teams reisten noch am selben Tag ab. Wann der Bericht der Experten vorgelegt werden könne, sei noch unklar, sagte ein UN-Sprecher in New York. Solange sich die UN-Experten in Syrien aufhielten, galt ein westlicher Militärschlag als unwahrscheinlich. Insgesamt befanden sich am Freitagabend nach Angaben der Vereinten Nationen noch mehr als 1000 UN-Mitarbeiter in Syrien.
Deutschland wird sich nicht an einem internationalen Militärschlag gegen das Assad-Regime beteiligen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) schlossen am Freitag einen Einsatz der Bundeswehr erstmals strikt aus. Die Hoffnung in Berlin ruht nun darauf, dass Russland und China ihren Widerstand im UN-Sicherheitsrat aufgeben und doch noch eine diplomatische Lösung möglich wird.
Der britische Premierminister David Cameron zeigte sich nach der Abstimmungsschlappe im Unterhaus enttäuscht. Er werde sich dem Votum des Parlaments beugen, jedoch international weiter für eine "robuste Antwort" auf die - für ihn erwiesene - Anwendung von Chemiewaffen durch das Assad-Regime werben. Die Niederlage Camerons wurde in Großbritannien als Demütigung für den Regierungschef aufgefasst. Viele Abgeordnete hatten die Situation mit der vor dem Irak-Krieg 2003 verglichen. Damals hatte Labour-Premier Tony Blair aufgrund von US-Geheimdienstinformationen, die sich nachher als falsch erwiesen, Truppen geschickt.
Auch in Washington gibt es Widerstand: Viele Abgeordnete und Senatoren äußerten sich zurückhaltend zu einem Militäreinsatz. Bei einer Telefonkonferenz von Regierungs- und Kongressmitgliedern, an der auch Außenminister John Kerry und Verteidigungsminister Chuck Hagel teilnahmen, wurde Kritik an den hohen Kosten eines Einsatzes laut. Zudem hätten mehrere Parlamentarier einen sinnvollen Schlachtplan mit klaren Zielen vermisst oder handfeste Beweise für die Verantwortung des syrischen Regimes an dem Giftgasangriff, berichteten US-Medien.
Die Europäische Union will die Syrienkrise beim G20-Gipfel in der kommenden Woche in St. Petersburg nicht auf die Tagesordnung setzen. Die G20 seien kein Forum für die Außenpolitik, sagte ein EU-Diplomat am Freitag in Brüssel. "Syrien ist nicht auf der Tagesordnung." Russlands Präsident Wladmir Putin hatte schon vorher erklärt, dass Syrien kein Thema der G20 sein solle. Am Rande des Treffens könnte es dennoch zur Sprache kommen./cs/du/abc/dm/gro/seb/le/ro/DP/she
AXC0301 2013-08-30/23:10