Die beispiellose Geldflut durch die US-Notenbank Fed wird sich wohl noch bis ins Jahr 2014 ohne Abstriche fortsetzen. Der enttäuschende Arbeitsmarktbericht vom September hat die Chancen auf eine baldige Drosselung der milliardenschweren Anleihekäufe weiter verringert. Zudem spricht der noch nicht gelöste Haushaltsstreit gegen eine baldige geldpolitische Trendwende.
In einer aktuellen Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg erwarten die befragten Volkswirte, dass die Fed erst ab März ihre Wertpapierkäufe verringern werde. Auch an den Finanzmärkten gehen die Akteure von einer Fortsetzung der Politik des billigen Geldes aus. So sind die Aktien- und Anleihekurse zuletzt deutlich gestiegen, während der Dollar unter Druck steht.
Derzeit kauft die Notenbank zur Stützung der Konjunktur Anleihen im Wert von monatlich 85 Milliarden US-Dollar. Im Sommer hatten die Finanzmärkte sehr nervös auf vermehrte Hinweise aus der Fed für einen Ausstieg aus der sehr expansiven Geldpolitik reagiert. Insbesondere Aktien und Anleihen der Schwellenländer gerieten unter Druck. Viele Beobachter hatten nach den zunehmenden Signalen der Notenbanker bereits im September mit einer ersten Rückführung gerechnet.
Es kam jedoch überraschend anders: Nach einer knappen Entscheidung im geldpolitischen Ausschuss FOMC wurden die Käufe unvermindert fortgesetzt. Notenbankchef Ben Bernanke begründete das mit den eher enttäuschenden Konjunkturdaten als auch mit den fiskalpolitischen Unsicherheiten. Bei der Pressekonferenz im Anschluss an diese Entscheidung hatte er allerdings auch seine Aussage bekräftigt, dass die Fed bereits in diesem Jahr mit dem Ausstieg beginnen wolle. Beobachter waren daher bislang von einem Einstieg in den Ausstieg Ende des Jahres ausgegangen.
Doch dann kamen die Posse um den Haushalt, der Verwaltungsstillstand in den ersten Oktober-Wochen und der deswegen mit Verspätung veröffentlichte Arbeitsmarktbericht dazwischen. Gerade dieser dürfte in der Notenbank diejenigen bestärkt haben, die an der ultralockeren Geldpolitik noch länger festhalten wollen.
Die Fed blickt dabei vor allem auf den Arbeitsmarkt. Dieser müsse sich "substanziell verbessern", bevor es zu einer Trendwende bei der Geldpolitik kommt. Die Notenbank will einen Stellenaufbau von durchschnittlich 200.000 Arbeitsplätzen pro Monat sehen. Gegenwärtig liegt er deutlich darunter. Im September wurden gerade 148.000 Stellen geschaffen - deutlich weniger als von Experten erwartet. "Alles in allem bleibt der Arbeitsmarkt wohl hinter dem zurück, was sich die Fed erhofft", kommentiert Commerzbank-Ökonom Christoph Balz die Daten.
Hinzu kommt die Unsicherheit über die Folgen der zeitweiligen Schließung von Behörden und der drohenden Staatspleite im Oktober. Der Stillstand dürfte sowohl die Konjunktur als auch den Arbeitsmarkt zusätzlich belastet haben. Selbst geldpolitische "Falken" wie der Präsident der Federal Reserve von Dallas, Richard Fisher, erwarten infolge des Budgetkonflikts nur ein verhaltenes Wachstum in den nächsten Monaten. Sogenannte Falken tendieren im Zweifel zu einer strafferen Geldpolitik.
"Der Arbeitsmarktbericht hat den Befürwortern einer Fortsetzung der Käufe weitere Munition geliefert", schreibt Harm Bandholz, USA-Experte bei der Unicredit, in einem Kommentar. Daher sei eine erste Drosselung der Käufe erst im kommenden Jahr zu erwarten. Noch vor der Veröffentlichung der jüngsten Arbeitsmarktdaten hatte Charles Evans, Präsident der regionalen Notenbank von Chicago, gesagt: "Ich glaube, wir bräuchten erst ein paar gute Arbeitsmarktberichte und weitere Nachweise für Wachstum." Um Klarheit über die wirtschaftliche Lage zu erhalten, wären "ein paar mehr Monate" notwendig.
Zudem ist eine Lösung des unerbittlichen Haushaltsstreits noch nicht in Sicht. Zwar wurde in der vergangenen Woche eine vorläufige Einigung zwischen Demokraten und Republikanern erzielt. Der Bundeshaushalt gilt allerdings nur bis zum 15. Januar, die Schuldenobergrenze wurde nur bis zum 7. Februar angehoben. Deswegen rechnen viele Beobachter rechnen neuem Streit. Eine Drosslung der Anleihekäufe auf der nächsten Zinssitzung Ende Oktober dürfte deswegen vom Tisch sein. Und auch die darauffolgende Sitzung Mitte Dezember wird vermutlich durch hohe fiskalpolitische Unsicherheit geprägt sein, was ebenfalls gegen eine Rückführung der Käufe spricht.
Zum Jahresbeginn 2014 wird Janet Yellen den Chefposten bei der Fed von Bernanke übernehmen. Yellen gehört wie Bernanke unter den Notenbankern zum Lager der sogenannten "Taube", das für lockere Geldpolitik steht. Dass Yellen bei einem ungelösten Haushaltsstreit die geldpolitische Wende einleiten könnte, gilt als sehr unwahrscheinlich. Eine Abkehr von der faktischen Nullzinspolitik der Notenbank bleibt ohnehin in weiterer Ferne. Viele Beobachter erwarten mittlerweile eine erste Anhebung der Zinsen erst im Jahr 2016./jsl/bgf/zb
--- Von Jürgen Sabel, dpa-AFX ---
AXC0189 2013-10-23/18:05