Regensburg (ots) - Seit Peer Steinbrück die Kavallerie gegen die Schweiz ausreiten lassen wollte, gilt der SPD-Kanzlerkandidat als Western-Fan. Nach dem TV-Duell muss klar sein, dass Steinbrück weiß, wie man sich einen Showdown mit einem als überlegen gehandelten Gegner liefert - und wie man ihn überlebt. Denn eines ist in diesem Wahlsommer schon länger klar: Steinbrück mag vielleicht auf verlorenem Posten kämpfen. Aber zumindest kämpft er. Und das macht er richtig gut. Das Problem für den SPD-Mann war lange Zeit, dass er den Kampf alleine austrug. Seine Gegnerin ignorierte ihn. Angela Merkel hatte es bisher vermieden, ihren Herausforderer beim Namen zu nennen oder sich ihm direkt zu stellen. Das ist seit gestern Abend vorbei. Steinbrück begegnete der Kanzlerin auf Augenhöhe. Mehr noch: Er wirkte in vielen Punkten souveräner und angriffslustig und vor allem deutlich weniger angestrengt als die Amtsinhaberin. Merkel standen die Strapazen des Wahlkampfes deutlicher ins Gesicht geschrieben als ihrem Herausforderer. Wobei das wundert, steht Steinbrück doch schon lange im Kreuzfeuer der Kritik. Dafür gibt es ein paar gute Gründe. Der wichtigste ist der übereilte Start der Kandidatur. Steinbrück war über Nacht in die Rolle des Kanzlerinnen-Herausforderers geworfen worden. Vieles, was nach seiner Nominierung diskutiert wurde, etwa seine Honorare aus Nebentätigkeiten, war eine Folge dessen. Steinbrück war nicht auf die Rolle des Spitzenmannes seiner Partei vorbereitet worden - und seine Partei war ebenfalls nicht vorbereitet, problematische Aspekte in der Vita des Kanzlerkandidaten zu erkennen und eine Gegenkampagne vorzubereiten. Ein weiteres Problem ist Steinbrück selbst. Seine direkte Art mag viele Wähler angesprochen haben, seine Kantigkeit mag ihn zu einem idealen Konterpart zur glatt geschliffenen Kanzlerin gemacht haben - was sich gestern Abend ziemlich eindrucksvoll bestätigte. Aber die Beinfreiheit, die er von seiner Partei eingefordert hatte, nutze er auch, um unnötiger Weise in einige Fettnäpfchen zu treten. Das alles ist richtig. Richtig ist aber auch, dass seither an ihm kein gutes Haar mehr gelassen wurde. Und das ist falsch. Denn Steinbrück versucht zumindest, so etwas wie Wahlkampf aufkommen zu lassen. Das hat er gestern einmal mehr deutlich gemacht. Während die Kanzlerin vor allem mit sich selbst wirbt und mit dem, für das sie nach Meinung der Bürger steht - Zuverlässigkeit, Stabilität, Wohlstand - versucht Steinbrück es mit dem Programm seiner Partei - und das setzt auf soziale Gerechtigkeit. Nur geht es ihm in diesem Fall wie einem Westernheld, der kürzlich die Leinwände der Kinos füllte: dem Lone Ranger. Wie der Marshall mit der Maske kämpft Steinbrück für ein ureigenes SPD-Thema: soziale Gerechtigkeit. Und er tut dies eben alleine. Denn mit der Programmatik der SPD will sich offenbar nur ein kleiner Teil der Öffentlichkeit auseinandersetzen. Haften geblieben ist vor allem (auch dank der Kampagne von Schwarz-Gelb), dass die SPD an die Geldbeutel der Bürger will. Das ist nicht von der Hand zu weisen, zumal der potenzielle Koalitionspartner, die Grünen, sogar noch drastischere Abgabenerhöhungen will. Aber Steinbrück und seine Partei haben ein Gegenkonzept zur Merkel-Republik entworfen, mit dem man sich auseinandersetzen kann. Dazu aber bräuchte es das Interesse an der Auseinandersetzung. Dass die Kanzlerin das lange nicht hatte, ist klar. Die Bürger aber haben offenbar auch keine Lust darauf. Anders lassen sich weder die hohen Zustimmungswerte für Merkel, noch die schlechten für die SPD erklären. Ob das TV-Duell daran etwas geändert hat, wird man abwarten müssen. Steinbrücks einzige Chance lag darin, zu zeigen, dass es noch etwas anderes gibt als eine Weiter-so-Republik. Gestern Abend hat er sie genutzt. Die Zeit arbeitet gegen ihn. Westernhelden im Film hat das nie gestört. Die Frage wird sein, ob Steinbrück die Munition noch für die kommenden drei Wochen ausreicht.
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