Karlsruhe (ots) - Auch leichte Skepsis herrschte in der CSU, als Horst Seehofer 2008 das Krisenmanagement übernahm: Um die Christsozialen aus dem Tal der Tränen ins Zeitalter neuer Herrlichkeiten zu führen. Er, der "Berliner Besserwisser", der Sprunghafte, der Querkopf, sollte die Partei wieder auf den Hochsitz führen, der in der Ära des glücklosen Duos Beckstein-Huber so unrühmlich verloren ging - und die CSU von der alten Stoiber-Marke von über 60 auf 43 Prozent abrutschte, ihre jahrzehntelange Alleinherrschaft auf einen Schlag verlor. Nun hat es der alte und neue Ministerpräsident allen Kritikern gezeigt. In passender Inszenierung, genau eine Woche vor der Bundestagswahl. Die CSU ist mit ihm wieder "dahoam" angekommen - in der absoluten Mehrheit der Mandate im weiß-blauen Reich. Sie ist zurück auf dem Thron. Das wird die Segel der CSU kräftig aufblähen und Seehofer so viel Rückenwind verleihen, dass es der CDU schon wieder nicht geheuer sein kann. Die Gratulationsworte aus Berlin verkünden zwar den Sieg des hohen C und verbreiten Positivstimmung für den 22. September. Doch dieser Triumph ist zuallererst ein Coup der CSU, jener von eigenen Gesetzen bestimmten Größe in Bayern, die dort das Maß der Dinge bestimmt - und erst in nachrangiger Hinsicht ein Sieg der unionsparteilichen Marke. Dieser Wahltag ist nicht Merkels Datum, nicht Veggie-Day, er kennzeichnet auch nicht Steinbrücks Fingerzeig in Richtung eines furiosen SPD-Finishs - er ist ganz allein ein Seehofer-Tag. Aus dem Ministerpräsidenten, der außerhalb Bayerns gerne als Opportunitätspolitiker, in Bayern als instinktsicherer Wahrheits-Benenner gehandelt wird, ist nun im Freistaat ein echter Volkstribun geworden. Einer, der sich's leisten kann, die Pkw-Maut für Ausländer zu proklamieren, selbst wenn das im politischen Großgefüge nicht ankommt. Wie immer hat Stärke zwei Seiten: Die Dominanz, die verdrängende Kraft des Königs, raubt dem schwachen, um Stimmen bettelnden Partner das Lebenselixier. Die bayerische FDP ist wieder in ihrem alten Ghetto der Bedeutungslosigkeit angekommen. Freistaat schreibt sich - mit einer dreiprozentigen Freidemokratie - wieder ohne "frei". Die Misere der FDP vor allem wird in den nächsten Tagen die Diskussionen bestimmen. Die Kanzlerin, die CDU überhaupt, befinden sich dabei in einem höchst eigenen Gefühls-Pendelschwung. Wenn die Christdemokraten ernsthaft die Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition wollen, müssen sie den Freidemokraten auch die denkbaren Mitleid-Stimmen gönnen, die den Einzug ins Parlament sichern. Voten, die Rösler am Wahlabend lieber als "Stimmen aus einem Jetzt-Erst-Recht-Gefühl" bezeichnete. Doch diese Kreuzchen sind Leihstimmen, die möglicherweise die Union entscheidend schwächen. Weil die Union im Kopf-an-Kopf-Rennen der Blöcke sich gar keinen Aderlass leisten kann. Nicht erst München hat vor Augen geführt: Der nächste, der große Wahlabend, könnte zum echten Nervenkrimi werden. Zumal auch SPD und Grüne keinen Schub aus Bayern mitnehmen, der Rot-Grün ins Morgenlicht eines Mehrheits-Horizontes im Bund hievt. Die SPD hat -dank des populären Christian Ude - ihr historisch schwaches Ergebnis von 2008 geringfügig verbessert, die Grünen wurden Opfer der Binsenweisheit, dass jedes Allzeithoch einmal endet. Da sich am 22. September auch noch FDP, Linke und AfD Hoffnungen auf Bundestagsstühle machen, wird das Gerangel im politischen Wettbewerb groß sein. Bayern hat - wie in alten Zeiten - eindeutig schwarz gewählt. Die Bundestagswahl dagegen könnte zur Stunde der Vielfarbigkeit werden. Mit unklaren Verhältnissen bis in die späte Nacht.
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