Ein Hinweis: Gestern erhielten Sie keinen Steffens Daily, denn leider ist Jochen Steffens kurzfristig erkrankt. Wie Viele in unserem Umfeld hat ihn gleich die erste Erkältungswelle dieses Herbstes böse erwischt, und so fällt er für den Rest der Woche aus.
Daher lesen Sie heute einen Gastbeitrag von Sven Weisenhaus. Morgen wird Sie Torsten Ewert über das Ergebnis der FED-Sitzung informieren, und kommende Woche wird dann der Steffens Daily wieder regulär erscheinen.
Torsten Ewert hat Ihnen am Montag bereits mitgeteilt, wie wichtig der heutige Tag, genauer gesagt der Fed-Entscheid am heutigen Abend für die Börsen sein wird (siehe "Woche der Entscheidung"). Es wird im Anschluss an die zweitägige Fed-Sitzung heute ab 20:00 Uhr MEZ nicht nur das übliche Fed-Statement veröffentlicht, sondern der noch amtierende Vorsitzende Ben Bernanke wird sich anschließend auch noch auf einer Pressekonferenz den Fragen der Journalisten stellen.
Wird Bernanke seinen Worten nun auch Taten folgen lassen?
Als der Notenbank-Chef das letzte Mal (im Juni) vor die Kameras trat, bereitete er die Märkte auf den Ausstieg aus den Anleihekäufen vor. Die Anleger reagierten hierauf sehr sensibel und schickten die Aktienmärkte auf Talfahrt. Dies zeigt, wie sehr die Märkte derzeit (noch) von der Liquidität abhängig sind.
Auch heute werden die Börsen daher an Bernankes Lippen kleben und jedes Wort auf die Waagschale legen, um daraus möglichst genaue Erkenntnisse über die zukünftige Geldpolitik und den (Zeit-)Plan der Fed zu gewinnen.
Die Mehrheit der Experten erwartet, dass die Fed ihre Anleihekäufe um 15 Mrd. USD reduzieren wird. Es sollen dann demnach nicht mehr 85 Mrd. USD monatlich investiert werden, sondern "nur noch" ca. 60 Mrd. USD. Die Reaktion an den Aktienmärkten wird davon abhängen, wie genau diese Erwartungen getroffen werden.
Steffens Daily-Leser sind bestens vorbereitet
In den vorangegangenen Ausgaben des Steffens Daily (siehe z. B. "Was macht nun die Fed?") und auch in der Börsenwoche vom vergangenen Sonntag wurden Sie sehr ausführlich auf den heutigen, richtungsweisenden Tag vorbereitet. Sie wurden über die gestiegenen Zinsen in den USA und deren Wirkung auf den US-Immobilienmarkt informiert (siehe "Warum steigende Zinsen schlecht für den Markt sind"). Dabei wurde auch auf die Bedeutung des Immobilienmarktes für die gesamte Wirtschaft der USA hingewiesen. Diese Zusammenhänge muss die US-Notenbank in Ihre geldpolitische Strategie einfließen lassen.
US-Notenbank hat auch den Auftrag stabiler Preise
Daneben muss Sie auch die Preisentwicklung im Auge behalten. Denn die US-Notenbank Fed hat, neben dem Ziel einer geringen Arbeitslosigkeit, auch den Auftrag stabiler Preise. Die Fed strebt Inflation, also leicht steigende Preise an. Ihre Zielrate liegt bei jährlich 2 Prozent.
Die Fed kann daher nur dann Liquidität zur Stimulation der Wirtschaft in den Markt geben, wenn sie damit keine zu hohe Inflation schürt. Umgekehrt kann sie die Liquiditätszufuhr nur bremsen bzw. zurücknehmen, wenn sie damit keine Deflation, also sinkende Preise, riskiert.
Wann führt mehr Liquidität zu steigenden Preisen?
Gewöhnlich ist es so, dass eine steigende Geldmenge zu steigenden Preisen führt. In wirtschaftlich schwachen Phasen, in denen die Arbeitslosigkeit hoch und die Güter-Nachfrage entsprechend niedrig ist, ist der Preisdruck allerdings gering. In diesen Zeiten können die Notenbanken die Liquiditätsschleusen öffnen, ohne Inflation zu riskieren. Genau dies sehen wir seit einiger Zeit in Europa und in den USA, und inzwischen auch in Japan.
Preisdruck in den USA ist sehr gering
Doch in den USA findet seit Monaten eine deutliche Wirtschaftsbelebung statt. Entsprechend müsste aufgrund der bislang unveränderten Geldpolitik der Fed der Preisdruck gestiegen sein. Die Realität sieht jedoch anders aus. In den USA ziehen die Preise kaum an bzw. sie fallen sogar phasenweise. Dies gilt auf allen Preisebenen, also für die Importpreise, die Erzeugerpreise und auch für die Verbraucherpreise.
US-Notenbank kann (und muss) sehr behutsam vorgehen
Die US-Notenbank ist also aufgrund der moderaten Preisentwicklung keineswegs gezwungen, ihre expansive Geldpolitik frühzeitig zu beenden oder diese drastisch zurückzunehmen. Vor dem Hintergrund der gestiegenen Zinsen und der schwachen Daten vom US-Immobilienmarkt muss sie sogar sehr behutsam vorgehen. Daher erscheint eine behutsame Reduzierung der Anleihekäufe in der erwarteten Höhe von ca. 15 Mrd. USD tatsächlich realistisch.
Goldpreis dürfte weiter unter Druck bleiben
Ob die Aktienmärkte auch mit etwas weniger zusätzlicher Liquidität zurechtkommen, wird sich dann zeigen. Weiterhin belastet dürfte aber in jedem Fall der Goldpreis bleiben. Denn die Argumente für einen steigenden Goldpreis waren unter anderem steigende Geldmengen und eine dadurch verursachte höhere Inflation. Letzteres haben wir bislang allerdings noch überhaupt nicht gesehen und wenn die (US-)Geldmenge nun auch noch weniger stark steigt, wird eine höhere Inflation umso unwahrscheinlicher.
Es dürfte also wenig verwundern, dass der Goldpreis von seinem Zwischenhoch bei 1.433 USD bereits wieder fast 10 Prozent verloren hat. Heute wurde sogar die Marke von 1.300 USD erneut unterboten.
Argumente für steigende Goldpreise bröckeln
Für das zweite Quartal 2013 hat der World Gold Council, eine Organisation der Goldminenindustrie, übrigens einen Nachfragerückgang nach Gold um 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und einen Angebotsüberhang festgestellt.
Es gibt also von fundamentaler Seite genügend Gründe für fallende Goldpreise und immer weniger Argumente für bald wieder stark steigende Kurse. Auch nicht auf längerfristige Sicht, denn der Ausstieg der Fed aus den Anleiheprogrammen wird sich kontinuierlich fortsetzen. Dies wird zu immer weniger Liquidität und zu steigenden Zinsen führen. Je höher der Zins auf "risikolose" Anlagen, desto unattraktiver wird (zinsloses) Gold.
Lediglich, wenn die Finanzkrise oder andere Krisen wieder eskalieren, wird Gold nachhaltig steigen können.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Sven Weisenhaus