Regensburg (ots) - Es ist ein wenig so wie im Zitat der englischen Fußball-Legende Gary Lineker: Eine Legislaturperiode dauert vier Jahre, alle dürfen mitspielen und am Ende gewinnt Angela Merkel. Und das völlig ohne Anstrengung, ohne Programmdebatten oder Auseinandersetzungen. Zu behaupten, die Union habe einen Wahlkampf hingelegt, wäre schlichtweg falsch. Sandmännchengleich hat sie die Wähler in einen sanften Schlummer versetzt, um am Ende wieder als stärkste Partei dazustehen. Für CDU und CSU mag ihr bestes Ergebnis auf Bundesebene seit 1994 ein Triumph sein. Sie hat aber damit auch eine große Verantwortung übertragen bekommen. Ein paar Dinge sind bemerkenswert bei dieser Wahl. Da wäre das Debakel der FDP. Fast zehn Prozent haben die Liberalen seit der letzten Bundestagswahl verloren. Wie schlimm es um die Partei steht, hat bereits ihre Zweitstimmenkampagne offenbart. Eine Partei, die nichts anderes mehr zu bieten hat, als mit der Spendendose durch die Lande zu ziehen und um eine Stimme zu betteln, hat ihren Gestaltungsanspruch verwirkt. Der Wähler hat bereits in Bayern gezeigt, was er von der FDP hält: nichts. Kein Wunder auch, wenn das einzige, was den Liberalen einfiel, ein Abklatsch einer Hustenbonbon-Werbung ist: "Wer hat's erfunden?" Dumm nur, dass es dem Wähler egal war, weil er sich nur daran erinnert, was die FDP versprochen hat und wie sie sich aufführte, als sie mit knapp 15 Prozent vor lauter Kraft kaum laufen konnte. Heute ist sie zu einer Protestpartei verkommen. Das haben weder die Liberalen insgesamt, noch einige ihrer Protagonisten verdient. Die FDP wird nie Volkspartei werden. Aber sie kann mehr als betteln. Sie muss sich überlegen, wie sie diesen Bogen wieder hinbekommt. Bemerkenswert ist auch das überraschend gute Abschneiden der AfD. Ihr Erfolg speist sich aus frustrierten Wählern von Union, FDP und Linkspartei. Analysten werden viel Freude damit haben, sich einen Reim daraus zu machen. Union und FDP ebenfalls. Doch das eigentlich Bemerkenswerte ist die Erkenntnis, dass es möglich ist, Bundestagswahlen zu gewinnen, ohne sich die Mühe zu machen, Inhalte zu diskutieren. Das Geheimnis des merkelschen Erfolgs ist sie selbst. Wenn eine Handhaltung genügt, um dem Wähler das Gefühl zu geben, dass er umsorgt und wohl behütet ist, ist das marketingstrategisch eine Meisterleistung. Aber politisch kommt es einer Selbstentleibung gleich, wenn das Programm voll und ganz hinter einer Person zurücktritt. Denn die Bürger haben nicht CDU oder CSU gewählt; sie haben Merkel gewählt. Und was bleibt von der Partei, wenn sie einmal nicht mehr da ist? Eine leere Hülle. Dennoch gibt der Erfolg ihr Recht. Denn der Gegenentwurf zu Merkels "Weiter so", das Programm der SPD, konnte den Wähler nur insofern überzeugen, als er den Genossen keine Blamage bescherte. Dass Steinbrück beim Wähler nicht entscheidend punkten konnte, lag nicht alleine an seinen Pannen und Patzern zum Wahlkampfstart. Es lag auch nicht an seinem ausgestreckten Mittelfinger. Es lag daran, dass es Merkel gelang, die Wähler zu überzeugen, dass es keinen Grund gibt, etwas zu ändern. Aber den gibt es. Ein Weiter-so-Deutschland droht auf einen politischen Stillstand zuzusteuern, der vergleichbar ist mit dem am Ende der Kohl-Ära. Merkel kann sich bislang vor allem auf den Lorbeeren der schröderschen Agenda 2010 ausruhen. Eine merkelsche Agenda 2020, die dringend nötige Reformen etwa bei der Rente, der Steuer oder der Energiewende brächte, ist aber bislang nicht in Sicht. Die Union hat mit ihrem Ergebnis eine große Verantwortung übertragen bekommen. Sie wiegt umso schwerer, als sie die Bürger im Schlafwagen durch den Wahlkampf chauffiert hat, ohne zu sagen, wohin die Reise geht. Dass nicht jedem dabei wohl ist, zeigt der Erfolg der AfD. Merkel muss aufpassen, dass sie mit dem Vertrauen, das ihr der Bürger fast blind gegeben hat, verantwortungsvoll umgeht.
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