Regensburg (ots) - Das Wir sind Wir, trommelten und plakatierten SPD-Anhänger, die partout keine schwarz-rote Koalition wollen, gestern vor dem Willy-Brandt-Haus. Drinnen in der Parteizentrale jedoch wurde der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der ungeliebten Union mit satter Mehrheit zugestimmt. Mit kräftig Bauchgrimmen zwar, aber dennoch sehr deutlich. Nur wenige SPD-Linke machten ihrer Skepsis Luft und lehnten eine große Koalition grundsätzlich ab. Das Mitgliedervotum über die Annahme des Koalitionsvertrages, das die SPD-Spitze der Basis offerierte, dürfte vermutlich knapper ausfallen. Doch vor die Wahl gestellt, entweder gegen Angela Merkel, mit einer womöglich schwarz-grünen Mannschaft, zu opponieren oder mit der obersten Unions-Sozialdemokratin zu regieren, entschied sich die SPD staatstragend für das kleinste zumutbare Wagnis. Mitregieren ist immer noch besser als im Schmollwinkel zu sitzen, noch dazu neben der Linken im Bundestag. Die Crux ist nur, dass sich der sozialdemokratische Konvent mit vagen Versprechungen und Verheißungen hat abspeisen lassen. Mindestlohn - ja doch, irgendwie und flächendeckend gleich in Ost und West. Betreuungsgeld - na, vielleicht doch. Steuererhöhungen für Besserverdienende und Großvermögende, im Wahlkampf noch das Mantra der Genossen - vielleicht doch lieber nicht. Wie um sich selbst nach dem Wahldesaster trotzig größer zu machen, sei das Wahlprogramm Grundlage der Koalitionsverhandlungen. Man verzichte auf gar nichts, hieß es bei Parteichef Sigmar Gabriel. Solch forschen Worte grenzen einerseits an Größenwahn, andererseits machen sie vor allem eines deutlich: Schwarz-Rot ist noch lange nicht klar. Das Pokern um Regierungsinhalte, um Geld und Posten geht mit dem gestrigen Votum der SPD erst so richtig los. Vergnüglich werden die nächsten Tage, Nächte, Wochen der Verhandlungen für keine der beiden Seiten. Freilich wäre die dritte Auflage einer Groß-Koalition in der Geschichte der Bundesrepublik, nach 1966 mit Kurt Georg Kiesinger und Willy Brandt sowie 2005 mit Angela Merkel und Franz Müntefering, beileibe auch nicht der Weltuntergang. Große Koalitionen können große Herausforderungen stemmen. Sie dürfen jedoch nicht die Demokratie unterpflügen. Kommt ein neues schwarz-rotes Bündnis zustande, hat es zweifellos große Aufgaben vor der Brust - von der Stabilisierung der EU und der Gemeinschaftswährung Euro über die Reform des föderal-kleinstaatlichen Bildungssystems bis zur Modernisierung der sozialen Sicherungssysteme und eines fairen Arbeitsmarkts für alle. Sollte es zu Schwarz-Rot kommen, entspräche das nicht zuletzt dem Mehrheitswunsch der Deutschen. Die wünschen sich Merkel als Kanzlerin - und die SPD als Ausgleichspartner. Ob die zweite Merkel-Regierung mit den Sozialdemokraten für das Land und Europa ein Erfolg wird oder nur langweiliges Durchwursteln durchs Tagesgeschäft und gegenseitiges Belauern der Partner, wird vor allem davon bestimmt werden, ob SPD und Union über ihren Schatten springen können: erst das Land, dann die Partei.
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