Berlin (ots) - Die politische Wissenschaft kennt verschiedene Formen von Koalition. Die "minimale Gewinnkoalition" ist machtmathematisch getrieben; mit möglichst wenigen Sitzen soll die Mehrheit gesichert werden. Schwarzgrün wäre eine solche Konstellation. Gemeinsame Inhalte sind nicht so wichtig, dafür werden die Partner durch knappe Mehrheiten diszipliniert. In der "minimal verbundenen Gewinnkoalition" wiederum finden sich Partner, die weniger durch Überlebens-, als vielmehr durch gesellschaftlichen Gestaltungswillen zusammenfinden - Rotrotgrün wäre ein solches Bündnis. Tja, und dann gibt es noch das Modell der übergroßen Koalition. Weil da keine disziplinierende Knappheit herrscht, sind alledings permanent Extratouren zu befürchten. Und weil es auch keine große gemeinsame Richtung gibt, muss Zustimmung erkauft werden, bei Parlamentariern und bei Ministerpräsidenten. In der deutschen Konkurrenzdemokratie mit ihren seit vielen Jahrzehnten faszinierend stabilen Lagern gilt die große Koalition eigentlich als Notfallbündnis, wenn möglichst große Zustimmung gebraucht wird. Es gibt aber keine Krise. Zwar wären aufziehende Sorgenfälle wie Rente, Infrastruktur, Technologierückstand dringend zu behandeln, aber dazu fehlt kollektiv der Mut aller Beteiligten. So werden derzeit lediglich mit schwerem Baugerät Krümel bewegt. Die ersten Arbeitspapiere der Unterhändler verbergen den Kleinkram mit Wortmüll, so dass Horst Seehofer bereits mahnte, die Schlusspapiere der Arbeitsgruppen auf weniger als zehn Seiten abzufassen. Nun müssen konsensuale Weichtexte durch Kürzungen gehärtet werden, weshalb derzeit unzählige Korrekturfassungen durch die Republik jagen. Eine straffe Steuerung wäre die Aufgabe von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla, der aber gewohnter Weise davon überfordert ist. So wiederholt die Kanzlerin den Fehler von 2009, als viel zu lässige Vereinbarungen den frühen Sprengsatz an das schwarzgelbe Bündnis gelebt haben. Mit dem Wahlsieg kamen dann Erschöpfung und Erleichterung gleichermaßen: Nun sollen die anderen erst einmal machen. Ein akurater Koalitionsvertrag ist die DNA eines Regierungsbündnisses, ein Konsenskunstwerk, das die Akteure aufeinander einschwört. Dazu bräuchten Union und SPD allerdings erst einmal einen Kurs. Auf dieser Koalition liegt kein Segen, sie hat keinerlei Halt, keinen Geist, kein Ziel. Statt einer gemeinsamen Vorstellung, wie das Land künftig aussehen soll, gibt es nurmehr Partikularinteressen: Sigmar Gabriel will Kanzler werden, Angela Merkel will Mutti bleiben und Horst Seehofer Aufmerksamkeit erhaschen. Drei Generalsekretäre wollen Minister werden, mächtige Landesverbände sind zu bedienen. Volk? Zukunft? Richtung? Egal. Der Mindestlohn und alle weiteren Streitpunkte sind keine Ziele, die aus Überzeugungen wachsen, sondern Mittel zum Zweck des Machterhalts. Auf etwa 50 Milliarden Euro beläuft sich die Summe der vereinbarten Mehrausgaben. Alles, was gemeinsam funktioniert, ist das Raushauen. Diese Regierung wird nicht gut, aber teuer. Und vorm Aufräumen drücken sich alle.
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