Die Rowiak GmbH braucht frisches Kapital, um ein neues Lasersystem zur Behandlung gegen Altersweitsichtigkeit in 2014 zertifizieren zu lassen und in den Markt einführen zu können. Eine Privatanleihe über ein Volumen von drei Millionen Euro soll dabei helfen. Der feste, jährliche Zinskupon beträgt 7,9 Prozent. Bei erfolgreichem Abschluss der klinischen Studien soll der Zins auf 9,9 Prozent steigen. Die Anleihen Finder Redaktion sprach mit Dr. Birgitta Stolze, Mitglied der Geschäftsführung der ROWIAK GmbH, über das Unternehmen und die Hintergründe der Emission.
Anleihen Finder Redaktion: Sehr geehrte Frau Dr. Stolze, gestatten Sie mir zu Anfang eine provokative Frage. Sie möchten über eine Privatanleihe Finanzmittel einwerben, um den Markteintritt einer neuen, innovativen Behandlungsmethode gegen Altersweitsichtigkeit (Presbyopie) in die Wege zu leiten. Inwiefern können Sie nachvollziehen, dass das als spekulatives Investment betrachtet wird?
Birgitta Stolze: Das kann ich insofern nachvollziehen, da die Entwicklung und Prüfung der neuen Behandlungsmethode zur Altersweitsichtigkeit noch nicht vollständig abgeschlossen ist und somit die endgültige Bewertung der Methode am Menschen noch aussteht. Das Risiko liegt hier weniger in der technischen Geräteentwicklung als in der Etablierung einer völlig neuen Therapiemethode. Durch erste klinische Studien eines Wettbewerbers weiß man, dass eines der größten Risiken, nämlich eine Katarakt (Grauer Star) zu erzeugen, nicht eintritt. Dieses können wir bestätigen auf der Basis unserer eigenen ersten klinischen Studien, die übrigens bisher alle Erwartungen erfüllt haben. Auch haben wir den Markteintritt unserer Systeme für eine zweite Anwendung die Katarakt-Chirurgie noch vor uns, er ist für 2014 nach geplant. Aufgrund der schon jetzt erfolgenden Anfragen aus dem Markt sind wir sehr optimistisch, was die Marktakzeptanz unserer Systeme angeht.
.
Anleihen Finder Redaktion: Warum haben Sie sich für die Emission einer Privatanleihe entschieden?
Birgitta Stolze: Die Beschaffung von Krediten und Kapital ist für Unternehmen insgesamt und insbesondere für Hightech-Unternehmen mit noch hohem Entwicklungsanteil in den letzten Jahren schwieriger geworden, was vor allem an der steigenden Zurückhaltung der Bankenwelt und den neuen Richtlinien von Basel III liegt. Hightech-Entwicklungen sind von Bankern häufig schwer greifbar. Deshalb wenden wir uns mit unserer Anleihe an den Anleger direkt. Wir sprechen insbesondere ausgesuchte Experten in der Augenheilkunde an. Sie kennen die Verfahren, den Bedarf und die Märkte. Unsere Anleihe kann natürlich auch von jedem interessierten Anleger jenseits der Augenheilkunde gezeichnet werden. Da es sich um eine Privatanleihe handelt, haben wir aber die Beschränkung auf 149 Interessenten sorgfältig zu beachten.
Der Anleger kommt in den Genuss einer festen Verzinsung in Höhe von 7,9% p.a. Bei erfolgreichem Abschluss der klinischen Studie zum Nachweis der Verbesserung des Nahsehens steigt der Zinssatz auf 9,9 prozent. Ab 2018 wird neben den Zinsen die Anleihe zurückgezahlt, wenn der Anleger gekündigt hat, ansonsten kommt er regelmäßig in den weiteren Genuss der jährlichen Zinszahlungen. Die ROWIAK GmbH verpflichtet sich Zinszahlungen vorrangig zu befriedigen, bevor es zu Gewinnentnahmen kommt. Die Emission der Anleihe verringert auch unsere Abhängigkeit von Banken und strategischen Investoren.
Anleihen Finder Redaktion: Können Sie bitte einem Laien auf dem Gebiet der Augenheilkunde kurz beschreiben, wo genau der Vorteil Ihrer Innovation liegt?
Birgitta Stolze: Mit der neuen Lasertherapie wird es erstmals möglich sein, die Altersweitsichtigkeit (Presbyopie), die übrigens jeden Menschen jenseits des Alters von 45 Jahren betrifft, an ihrer Ursache, der zunehmenden Verhärtung der Augenlinse, zu behandeln. Bei der neuen Lasertherapie wird die Augenlinse durch feine Laserinzisionen die mit dem Alter verloren gegangene Flexibilität zurückerlangen. Nach der Behandlung werden die Patienten 2 bis 3 Dioptrien an zusätzlicher Akkommodation wiedergewinnen, was bedeutet, dass sie ein Akkommodationsvermögen erlangen mit dem sie völlig ohne Lesebrille auskommen können. Die Behandlung ist nicht invasiv und schmerzlos, sodass der Patient am gleichen Tage noch mit minimalen Unannehmlichkeiten zur Arbeit zurückkehren kann. Schon heute gibt eine neben der klassischen Lesebrille einige operative Methoden zur Behandlung der Altersweitsichtigkeit wie z.B. den Einsatz einer künstlichen multifokalen Augenlinse oder die Modifikation der Hornhaut mit dem Laser. Allerdings sind diese Methoden nicht zufriedenstellend und mit Nebeneffekten verbunden.
Die Entwicklung der neuen Methode zur Presbyopie-Behandlung bringt für den Arzt als Nutzer des Lasersystems Vorteile im Vergleich zur bekannten LASIK-OP, die heute zur Behandlung vor allem der Kurzsichtigkeit angewandt wird. Bei unserer Methode wird kein steriler OP benötigt, die Anforderungen an das medizinische Umfeld und Personal im Vergleich zu herkömmlichen refraktiv-chirurgischen Verfahren sind geringer, es sind wenige Nachuntersuchungen erforderlich und die Behandlung kann in einer normalen Augenarztpraxis stattfinden.
Anleihen Finder Redaktion: Aus welchen Gründen glauben Sie, dass Sie in Ihrem Spezialmarkt Lasertechnologien für die Augen-Chirurgie einen klaren Wettbewerbsvorteil haben? Gibt es nicht bereits Unternehmen, die mit ähnlichen Ideen auf den Markt drängen? Auf den ersten Blick fällt die Carl Zeiss Meditech aus Jena ins Auge, um im Sprachbild zu bleiben.
Birgitta Stolze: ROWIAK kennt zwei weitere Unternehmen weltweit, die an der Behandlung presbyoper Linsen mit dem Femtosekunden-Laser arbeiten und ähnliche Ansätze verfolgen. Eines ist das US-Unternehmen LENSAR und das zweite die von Ihnen erwähnte Carl Zeiss Meditec. Einige der Arbeiten von Zeiss sind veröffentlicht, in denen sie dem Konzept der ROWIAK folgen. Jedoch hat Zeiss aufgrund der IP-Rechte von ROWIAK keine Handlungsfreiheit auf diesem Gebiet. Zeiss Meditec hat vorklinische Studien durchgeführt, die die ROWIAK-Ergebnisse bezüglich der Sicherheit (keine Kataraktbildung) und Wirksamkeit bestätigen. LENSAR hat erste klinische Studien in Asien durchgeführt. Auch die bestätigen, dass durch die Behandlung kein Katarakt entsteht. Es ist die Erfahrung und das Wissen über die Biomechanik der kristallinen Linse sowie über den Wechselwirkungsprozess von ultrakurzen Laserpulsen und biologischem Gewebe, die den Vorsprung von ROWIAK zu den anderen Unternehmen ausmacht. Darüber hinaus hat ROWIAK ein starkes und ständig wachsendes Patent-Portfolio. In Anbetracht der Größe des Presbyopie-Marktes würde ROWIAK es sogar begrüßen, wenn die Wettbewerber auf mittlere und lange Sicht ebenfalls den Markteintritt wagen, da ihr Einfluss auf die Eröffnung des Weltmarktes positiv sein wird.
Anleihen Finder Redaktion: Wofür genau braucht die ROWIAK GmbH wie viel Geld?
Birgitta Stolze: ROWIAK GmbH entwickelt ein komplett neuartiges Femtosekunden-Lasersystem, das ultrapräzise Schnitte innerhalb der kristallinen Linse einbringt. Die erste Anwendung ist die laserunterstützte Kataraktchirurgie, die sich mehr und mehr im Markt etabliert. ROWIAK strebt die CE-Zertifizierung für die Kataraktbehandlung 2014 an, um dann auf dem europäischen Markt zu starten. Um gleichzeitig die Markteinführung des Kataraktlasersystems und die Weiterführung der klinischen Studien zum Nachweis der verbesserten Nahsicht bei der Presbyopie-Behandlung angehen zu können, benötigt die Gesellschaft insgesamt sechs Millionen Euro. Die Emission der private Anleihe über ein Volumen von drei Millionen Euro soll zur Finanzierung beitragen, insbesondere zur zeitnahen Weiterführung der klinischen Studien zur Behandlung der Alterssichtigkeit. Mit Platzierung der ersten Kataraktsysteme ab 2014 sollen nachhaltig Umsätze generiert werden. Für die zeitnahe Durchführung der Pivotstudie zur Validierung der verbesserten Nahsicht nach der Presbyopie-Lasertherapie mit 200-1000 Patienten sowie für den Produktionsstart und den Markteintritt der integrierten Presbyopie-Katarakt-Workstation in Europa wird in 2015 zusätzlich noch sieben Millionen Euro benötigt.
Anleihen Finder Redaktion: Wann wird die ROWIAK nach Ihren Planungen profitabel sein? Wie sieht Ihre Zeitplanung von der Mittelbeschaffung bis zu den ersten Verkaufserlösen aus?
Birgitta Stolze: Erste Verkaufserlöse planen wir für 2014 mit Verkauf erster Lasersysteme zur Femto-Kataraktbehandlung. Wir sind zuversichtlich in 2014 bis zu 4 Lasersysteme im Markt platzieren zu können, was einem Umsatz von ca. 1,6 Mio. entspricht. Nach Einführung der Presbyopie-Katarakt-Workstation erwartet die Gesellschaft in 2017 die Gewinnschwelle zu erreichen. Wir gehen davon aus, dann relativ schnell die Anzahl der Systemverkäufe steigern zu können, auf ca. 100 Systeme / Jahr in 2019. Diese Annahmen beruhen unter anderem auch auf Erfahrungen aus der Einführung der Femtosekunden-Laser in der mittlerweile etablierten LASIK-Therapie. Zusätzlich wird zu den Lasersystemen dann kontinuierlich Umsatz generiert aus dem Verkauf von Einmalartikeln, die der Arzt einmalig für eine Behandlung benötigt.
Anleihen Finder Redaktion: Aus welcher Zielgruppe sollen sich die Käufer Ihrer Technologie rekrutieren? Und wann können diese Ihr fertiges Produkt kaufen?
Birgitta Stolze: Zielgruppe sind die operierenden Augenärzte und Augenlaserzentren. Nach der Markteinführung in Europa ist zusammen mit strategischen Vertriebspartnern geplant, den interessanten und wachsenden asiatischen Markt, Südamerika und letztendlich auch den US-Markt zu erobern. Erstmals für den Einsatz in der Kateraktbehandlung wird das Lasersystem in der zweiten Jahreshälfte 2014 nach CE-Zertifizierung für den Markt verfügbar sein. Für die Behandlung der Altersweitsichtigkeit wird ein System ab 2016 am Markt verfügbar sein.
Anleihen Finder Redaktion: Eines der Ziele der ROWIAK ist es, sich für strategische Partner als Investitions- oder Übernahmeobjekt zu präsentieren. Wie sehen hier Ihre Zielsetzungen beim Thema Übernahme genau aus? Wer wären mögliche "Kandidaten" die an einer Übernahme interessiert sein könnten und an welchen Zeithorizont denken Sie hierbei?
Birgitta Stolze: Die ROWIAK GmbH ist ein produktorientiertes Unternehmen und zielt erst einmal darauf ab, attraktive Gewinne aus dem operativen Geschäft zu generieren. Das Unternehmen möchte eine attraktive Produktpalette mit kurativen und diagnostizierenden Lösungen für die Augenheilkunde anbieten, insbesondere für Anwendungen an der kristallinen Augenlinse. Das geht einher mit einer diversifizierten Innovations- und Produktentwicklungsstrategie. Darüber hinaus ist der Anwendungsbereich langfristig für weitere Zielgruppen erweiterbar, die Ultrakurzpuls-Laser zur Diagnose und Therapie verwenden. Das bietet die Möglichkeit für den Verkauf einzelner Unternehmensbereiche ebenso wie für das gesamte Unternehmen. .Die großen Medizintechnikunternehmen, in der Ophthalmologie z.B. Alcon, AMO, Bausch & Lomb, Zeiss Meidtec, können ihren Wachstums- und ihre Innovationsansprüche nicht nur durch eigene Forschung und Entwicklung gerecht werden. Den Zeithorizont für eine mögliche Übernahme sehen wir eher mittelfristig, also nach Markteinführung auch der Lasertherapie zur Behandlung der Altersweitsichtigkeit.
Anleihen Finder Redaktion: Gestatten Sie uns bitte auch zum Schluss eine etwas unverblümte Frage: Aus welchen Gründen sollen Anleger Ihnen vertrauen? Gibt es Anhaltspunkte, dafür, dass Ihre Forschungs-, Management- und Vertriebsteam in der Vergangenheit bereits erfolgreich waren?
Birgitta Stolze: Wir haben bisher alle Herausforderungen der präklinischen und klinischen Entwicklungspunkte dieser neuen Lasertherapie erfolgreich bewältigt. Holger Lubatschowski, ist einer der führenden Experten weltweit auf dem Gebiet der Wechselwirkung zwischen Laser und Gewebe sowie der laserunterstützten Bearbeitung von biologischem Gewebe. Vor Gründung der ROWIAK wurde unter seiner Leitung ein Ultrakurz-Lasersystem zur refraktiven Hornhautchirurgie (LASIK) entwickelt, das von einem der führenden Unternehmen im Markt erfolgreich industrialisiert und vermarktet wird. Der Aufbau des Produktions- und Vermarktungsprozesses wird noch einmal eine Herausforderung sein, aber wir können da auch im Gesellschafterkreis auf klinische Expertise und Industrieerfahrung und damit auch potentiellen Vertriebspartner zugreifen. .
Anleihen Finder Redaktion: Frau Dr. Stolze, vielen Dank für das Gespräch!
Anleihen Finder Redaktion
Fotos: Rowiak GmbH
Kurzvita
Dr. Birgitta Stolze, Geschäftsführer und Leitung Finanzen, unterstützte die ROWIAK GmbH als Beraterin im Rahmen des Anschubfinanzierungsprogramms "BTU-early phase" der tbg Technologie-Beteiligungs-Gesellschaft mbH von Beginn an. Dr. Stolze studierte Biologie und beendete ihre Doktorarbeit am Institut für Virologie an der Tierärztlichen Hochschule Hannover im Jahr 1989.
Danach arbeitete sie an universitären medizinischen Zentren in Berlin und Hannover in der biomedizinischen Forschung, insbesondere in der Onkologie, Hämatologie und Stammzellforschung. Im Januar 1999 trat sie in die Humanagement Consulting GmbH ein, wo sie umfassende Kenntnisse und Erfahrungen in Prozessanalyse und Projektmanagement bei Umstrukturierungsmaßnahmen in Pharma und Gesundheitwesen erlangte. Nach ihrer Tätigkeit als Investmentmanager bei einer Venture-Kapitalgesellschaft gründete sie ihr eigenes Beratungsunternehmen im Bereich Life Science und beriet von 2003 bis 2007 mehrere Unternehmen auf diesem Gebiet erfolgreich in der Gründungs- und Ausgründungsphase. Sie fungiert auch als Expertin für mehrere Forschungsprogramme für die Europäische Kommission. In 2008 kam sie zur ROWIAK GmbH als Geschäftsführerin und ist verantwortlich für die finanziellen und kaufmännischen Angelegenheiten des Unternehmens.