Bremen (ots) - Gewiss: "Breit" kann man die Zustimmung der SPD-Mitglieder zur großen Koalition und ihrem Programm nennen. An die 76 Prozent haben Ja zum Koalitionsvertrag gesagt, und das ist mehr Mehrheit als Bundestag und Bundesrat für eine Verfassungsänderung benötigen. Und vor allem ist es viel mehr Mehrheit als die "GroKo"-Gegner in den eigenen Reihen geunkt haben. In Nordrhein-Westfalen, in Bremen, bei den Jusos - die einen waren skeptisch, die anderen strikt dagegen, hier wurde gemosert, da genörgelt. Dabei war der Basis klar - wer der Parteispitze die Gefolgschaft verweigert, ist sie los. Und weil das nicht reichte, trat Sigmar Gabriel obendrein eine große Werbetour an. Gestern lobte der künftige Superminister die Entscheidung als einen großen Schritt für die SPD und einen nicht minder großen für die Demokratie. Das darf bezweifelt werden: Es ging einerseits um zu viel - eine mögliche Blamage der gesamten Partei. Andererseits um zu wenig - die Personalentscheidungen blieben außen vor. Und grundsätzlich darf man fragen, warum Gabriel etwas bewerben musste, wovon sich jeder Genosse auch unbeeinflusst ein Urteil hätte bilden können. Dass die Regionalkonferenzen hinter verschlossenen Türen stattfanden, ist auch nicht unbedingt als Meilenstein der Demokratie zu werten. Keine Frage: Der Mitgliederentscheid war ein kluger Schachzug - gegenüber CDU und CSU. Ohne dieses Druckmittel hätten die Roten den Schwarzen wohl weniger abtrotzen können. Die Frage ist nur, als wie klug er sich für die Parteispitze der SPD auf Dauer erweisen wird. Möglich ist laut eigener Satzung nämlich auch Mitgliederbegehren. Und womöglich hat der Entscheid die Basis so beflügelt, dass die Mitglieder künftig öfter befragt werden und mitreden mögen, bei wichtigen Entscheidungen, bei Rettungsschirmen oder der Staatsverschuldung, beim Verteilen der Ministerposten und bei der Föderalismusreform. Das wäre erst ein großer Schritt für die SPD und ein noch größerer Rückschritt für ihre Regierungsfähigkeit.
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