Regensburg (ots) - Dieses Jahr gibt es nicht nur eine "Person des Jahres". So verdient der von "Time"-Magazin vergebene Titel für Papst Franziskus auch ist, so sehr steht er auch Edward Snowden zu. Beide Männer haben die Welt durch ihr Handeln verändert. Der Geheimnisverräter Snowden zog den Vorhang weg vor einer Architektur der Überwachung, die Freiheitsrechte bedroht. Mit der Enthüllung der Kontrolle des Internets und des Telefonverkehrs durch die NSA trat der "Whistleblower" eine Diskussion um das richtige Verhältnis von Sicherheit und Privatsphäre los. Der Unterschied zwischen dem Gottesmann und dem Ex-Geheimdienstler besteht darin, wie sie in eigenen Reihen wahrgenommen werden. Die Katholiken sehen in Franziskus einen Hoffnungsträger, der die Kirche wieder attraktiv macht. Für die meisten Amerikaner bleibt Snowden ein Saboteur, der sein Land verraten hat. Nur außerhalb der USA wird ihm Bewunderung für seinen Mut gezollt. Während Franziskus bisher vor allem Akzente gesetzt hat, schuf der "Whistleblower" Fakten, hinter die es kein zurück mehr gibt. Ein halbes Jahr nach Beginn der Enthüllungen haben wir eine ziemlich gute Idee davon, was die 40 000 NSA-Mitarbeiter treiben und in ihren überdimensionierten Datenfabriken lagern. Ein Bundesgericht adelte Snowdens Handeln als es die enthüllte Überwachungs-Architektur "fast orwellisch" nannte. Und eine Expertenkommission legte Barack Obama im Dezember einen Katalog mit Reformen ans Herz. Dass der US-Präsident seinen Diensten Anfang des Jahres Selbstbeschränkungen auflegen will, wäre ohne den Ex-NSA-Mann niemals passiert. Ob sich die Geheimdienste noch in ihre Schranken weisen lassen, bleibt dabei so ungewiss wie der Erfolg der Reformen im Vatikan. Vom Ausgang beider Projekte hängt viel ab: Die Relevanz der Kirche und die Zukunft demokratischer Bürgergesellschaften. Anders als auf Franziskus wartet auf Snowden garantiert nicht die Heiligsprechung. Zweifelsohne verdient er aber, den Titel "Person des Jahres" mit dem Papst zu teilen.
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