Von Andreas Kißler
BERLIN--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach dem Schweizer Referendum zur Begrenzung von Zuwanderung die Wogen zwischen der EU und dem Alpenstaat zu glätten versucht und vor vorschnellen Reaktionen gewarnt. Nach einem Gespräch mit dem Schweizer Bundespräsidenten Didier Burkhalter zeigte sich die Kanzlerin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz um Zurückhaltung bemüht. Burkhalter warb dafür, trotz des Referendums weiter im Forschungsbereich zu kooperieren.
"Ich bin dafür, und Deutschland wird sich auch dafür einsetzen, dass wir vernünftige Lösungen finden", sagte Merkel und forderte, "dass wir auch nicht vorschnell Kontakte zerbrechen lassen". In der bestehenden dreijährigen Übergangszeit gebe es Gelegenheit, die nötigen Gespräche zu führen.
Merkel warnte aber davor, bereits jetzt tief greifende Schritte zu beschließen und etwa die Forschungszusammenarbeit zu beenden. "Ich rate nicht dazu, alle Konsequenzen schon am Beginn zu entscheiden", sagte sie. Gleichwohl bezeichnete die Kanzlerin das Schweizer Abstimmungsergebnis als "bedauerlich".
Burkhalters Besuch in Berlin kommt zu einem heiklen Zeitpunkt, denn vor einer Woche stimmten die Schweizer in einem Volksentscheid gegen die unbegrenzte Einwanderung in ihr Land. Merkel hatte in einer ersten Reaktion gesagt, der Entscheid werfe "erhebliche Probleme" auf. Ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) meinte nach dem Entscheid, dieser werde "eine Menge Schwierigkeiten für die Schweiz verursachen."
Die Schweizer hatten mit 50,3 Prozent für eine Begrenzung der Zuwanderung votiert, sodass jährliche Obergrenzen auch für EU-Bürger drohen. Die EU-Kommission besteht aber auf einer vollen Freizügigkeit ohne Einschränkungen. "Wir werden zum Schluss unsere Prinzipien nicht verraten, und die Schweiz wird ihr Abstimmungsergebnis nicht verraten können und wollen", betonte Merkel. Jedoch müsse der Umsetzungsprozess abgewartet werden.
Merkel kritisierte indirekt die europäische Reaktion auf den Schweizer Stopp eines schon unterschriftsreifen Abkommens mit Kroatien. Die Europäische Kommission hatte daraufhin Verhandlungen mit der Schweiz über eine Zusammenarbeit im Bildungs- und Forschungsbereich auf Eis gelegt. "Da müssen wir sehr vorsichtig sein", warnte Merkel. Zu Kroatien sagte sie, die Bürger des Landes hätten sowieso nicht sofort die volle Freizügigkeit im Personenverkehr erhalten.
Burkhalter betonte, es gebe "einfach keinen Grund, die Forschungsarbeiten zwischen Europa und der Schweiz zu stoppen". Zu Kroatien könne eine Lösung gefunden werden, was aber Zeit benötige.
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February 18, 2014 08:18 ET (13:18 GMT)
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