Karlsruhe (ots) - Nach dem Abtauchen von Präsident Viktor Janukowitsch vollzieht sich in der Ukraine ein Machtwechsel. Die hochexplosive Situation in dem osteuropäischen Land ist dadurch erst einmal entschärft. Doch drohen nun neue Risiken. Von einem Weg zu Stabilisierung und Reformen ist die Ukraine derzeit noch weit entfernt. Eine Schlüsselrolle in der künftigen politischen Entwicklung wird die am Wochenende aus der Haft entlassene Julia Timoschenko spielen. Ihr Vertrauter Alexander Turtschinow übernimmt als neuer Parlamentsvorsitzender auch die Funktion des Interimspräsidenten. Timoschenko selbst hat am Tag ihrer Entlassung in einer flammenden Rede auf dem Kiewer Maidan klargestellt, dass sie bei der Präsidentenwahl im Mai antreten wird. Interessanterweise haben nicht nur westliche Politiker, darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, positiv auf Timoschenkos Rückkehr in die ukrainische Politik reagiert. Auch aus Moskau kamen verhalten freundliche Töne. Die 53-Jährige hat gute Kontakte nach Russland aus ihrer Zeit im Energiehandel. Auch sonst gibt es einige Dinge, die für Timoschenko sprechen. Als ehemalige Premierministerin hat sie politische Erfahrung, sie ist durchsetzungsfähig und kann die Menschen mit geschliffener Rhetorik so mitreißen wie wenige andere. Das alles unterscheidet sie von den drei Oppositionsführern, die in den vergangenen Wochen so glücklos agierten. Weder Boxweltmeister Vitali Klitschko, noch der Nationalist Oleg Tagnibok, noch Timoschenkos Parteifreund Arseni Jazenjuk können ihr das Wasser reichen. Doch Timoschenko ist herrisch, geltungssüchtig und streitlustig. Viele Ukrainer haben ihr nicht verziehen, dass sie sich nach der Orange Revolution mit ihrem einstigen Mitkämpfer Viktor Juschtschenko ein endloses Hickhack lieferte. Erst dieser Dauerstreit machte den Wahlsieg von Viktor Janukowitsch 2010 überhaupt möglich. In der jetzigen Konstellation ist die Zersplitterung des pro-europäischen Lagers schon angelegt: Außer Timoschenko will auch Vitali Klitschko bei der Präsidentenwahl antreten. Ein weiteres Problem ist die Einheit des Landes. Zu Recht hat Bundeskanzlerin Angela Merkel Timoschenko aufgefordert, sie solle in ihrer Politik auch auf die Menschen im Osten des Landes zugehen. Das ist gerade deshalb wichtig, weil die noch 2004 gültige Unterscheidung in den pro-europäischen Westen und den pro-russischen Osten jetzt nicht mehr so pauschal gilt. Auf dem Maidan stehen diesmal auch unzufriedene Ostukrainer, und in Städten wie Dnepropetrowsk und Sumi wurden zeitweise die Gebietsregierungen besetzt. Umso schlimmer wäre es jetzt, die Bevölkerung im Osten vor den Kopf zu stoßen. Im Übrigen wäre ein föderalistischer Staatsaufbau eine gute Lösung, um die unterschiedlichen regionalen Ausrichtungen aufzufangen. Doch im postsowjetischen Raum tut man sich schwer damit, Macht und Eigenbestimmung an die Regionen abzugeben. Von großer Bedeutung wird sein, wie sich der Kreml zu den Umwälzungen in der Ukraine stellt. Es ist gut möglich, dass Wladimir Putin nach dem Ende der Olympischen Winterspiele in Sotschi seine bisher gezeigte Zurückhaltung ablegt und versucht, mit massivem Druck Einfluss auf das politische Geschehen im Nachbarland zu nehmen. Das dürfte dem Kremlherrn umso leichter fallen, als die wirtschaftliche Lage der Ukraine zurzeit katastrophal ist.
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