Düsseldorf (ots) - Heute vor 75 Jahren stürzte Adolf Hitler mit dem Angriff Deutschlands auf Polen den Kontinent in eine Katastrophe und die Welt in einen Krieg. Vergleiche mit dieser Zeit sind aufgrund der barbarischen Einzigartigkeit der Nazi-Gräuel unpassend. Und doch erinnert das Vorgehen Wladimir Putins an Hitlers vermeintlich friedensstiftende Politik 1938 (Acht-Punkte-Plan). Putin hat eine neue Kategorie in die internationalen Beziehungen eingeführt: die Panzer-Diplomatie. Russlands Präsident spricht öffentlich von Frieden und lässt zugleich Tausende Soldaten auf ukrainischem Boden aufmarschieren. Er telefoniert mit der Kanzlerin und trifft den ukrainischen Präsidenten, während sein Land Waffen an die Separatisten in der Ost-Ukraine liefert. Putins perfider Mix aus Propaganda, Lügen und Schein-Diplomatie verschärft die Krise, weil er ihr an der Oberfläche die Dramatik nimmt. Die Freunde Russlands, auch im Westen, können auf die Aussagen des Präsidenten verweisen, wenn sie ihre Appeasement-Pläne vortragen. Es stimmt ja, dass die EU Fehler gemacht hat, zu egoistisch und bündniszentriert aufgetreten ist. Putin hätte bei den EU-Assoziierungsverhandlungen mit der Ukraine einbezogen werden müssen. Jetzt müht sich Merkel, ihrem Amtskollegen zu erläutern, dass Russland wirtschaftlich von einer Partnerschaft der EU mit der Ukraine profitiert. Zu spät. Zudem hat Putin mit seinem martialischen Auftreten das eigene Volk hinter sich gebracht. Führung wird in Russland mit Entschlossenheit übersetzt, nicht mit diplomatischem Feingefühl. Er kann gar nicht mehr den Friedensengel geben. Und er hat ein Ziel, das er gestern in einem Interview erstmals andeutete: die Südostukraine. Putin dreht die Eskalationsspirale, weil er am Verhandlungstisch sitzen will, wenn es um das staatliche Gebilde der Ukraine geht. Putin braucht einen Korridor zur Krim. Dort wird die Versorgung schwer, wenn es keinen direkten Landweg nach Russland gibt. Putin will also einen Völkerrechtsbruch mit dem anderen komplettieren. Deutschland und die EU können dem nur mit Härte begegnen. Der Bruch des Völkerrechts darf nicht Mittel der Politik werden. Scharfe Sanktionen gegen Putins Machtclique sind richtig. Zugleich muss der Westen Putin dort packen, wo er verwundbar ist, bei seinem Ego. In Russland sollten vorerst keine internationalen Veranstaltungen stattfinden, etwa eine Fußball-WM. Und eine Nato-Perspektive für die Ukraine wäre auch ein Zeichen des Westens, wenngleich ein nicht gerade diplomatisches. Aber wer mit Putin verhandeln will, muss seine Sprache sprechen.
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