Regensburg (ots) - Es ist noch nicht lange her, im November 2011, da beschwörten die Abgeordneten in Berlin den Geist der Gemeinschaft, das "Wir". Sie sagten, wie schon so oft zuvor, dass so etwas nie wieder passieren dürfe, dass dafür gerade in Deutschland kein Platz sei. Und dass man es natürlich auf Schärfste verurteile. Der Bundestag erhob sich zu einer Schweigeminute und entschuldigte sich bei den Angehörigen der Opfer des Terrors des "Nationalsozialistischen Untergrunds". Es sind Sätze, die Politiker gerne sagen, wenn sie oder ganze Behördenapparate versagt haben und die Angst umgeht. Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte die Morde, neun Opfer waren Muslime, später "eine Schande für unser Land". Bundespräsident Joachim Gauck erneuerte das Statement seines Amtsvorgängers zum Teil: "Die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland." Aber nun muss man sich fragen: Tun sie das wirklich? Denn gerade jetzt, wenn in öffentlich-rechtlichen Talkshows Fragen gestellt werden wie "Gewalt in Allahs Namen - was denken unsere Muslime?" zeigt sich, wie wenige deutsche Muslime dazu gehören - wenn man sie ständig unter Generalverdacht stellt, sie als etwas Fremdartiges betrachtet, mit dem man sich immer nur dann beschäftigt, wenn es um Gräueltaten und Terrorismus geht. Die Mörder des "Islamischen Staats" verbreiten nicht nur in Syrien und dem Irak Schrecken, auch fast zwei Drittel der Deutschen fühlen sich von diesen Terroristen bedroht, ging aus jüngeren Umfragen hervor - ebenso, dass eine Mehrheit nicht glaubt, dass der Islam zu Deutschland gehört. Deutschlandweit werden unterdessen Moscheen angegriffen und geschändet, in Zeitungen steht davon kaum etwas. Geht es um Muslime in diesem Land, offenbart sich eine fatale Gleichgültigkeit. Gar erleichternd wirkt es dann, wenn sich die muslimischen Dachverbände immer wieder vom Terror im Namen Allahs distanzieren. Dass es überhaupt notwendig ist, sich in Deutschland von einer fanatischen Mördertruppe zu distanzieren, offenbart ein Verhältnis zum Islam, dass es nicht geben dürfte, gehörte der Islam tatsächlich zur Bundesrepublik. Dann stünde außer Frage, dass sich Muslime von Mord und Gräueltaten im Namen Gottes abgrenzen. Aber unsere Gesellschaft ist eben nicht so tolerant und weltoffen, wie wir glauben oder glauben machen möchten. Es ist eine perfide Logik am Werk, wenn Religion als Deckmantel für Hass und Gewalt benutzt wird. Die Taten einiger weniger erzeugen Angst. Diese Angst wird auf "die Muslime" projiziert. Angst vor den Anderen erzeugt Abgrenzung, erzeugt Vorurteile. Und die sind gefährlich. Aber auch Muslime in Deutschland müssen sich Fragen und Kritik gefallen lassen: Vor einigen Wochen solidarisierten sich Muslime für Palästinenser, als Israel seine Bodenoffensive in Gaza startete. Warum gibt es heute, nach vielen bestialischen Morden vor laufender Kamera, im Angesicht eines drohenden Genozids keine Proteste - gerade eben gegen diejenigen, die Religion als Vorwand für Gewaltexzesse und Terror benutzen? Deswegen gilt: Muslime, empört Euch! Der Islam ist wie jede andere Religion ein Leitfaden für das Zusammenleben, für ein erfüllteres, glücklicheres Leben. Er ist kein Vorwand für Krieg und Gewalt - und darf es auch niemals sein. Wie Antisemitismus ist auch Islamfeindlichkeit ein gesellschaftliches Problem, dem man engagiert entgegentreten muss - und zwar gemeinsam. Wenn der Islam Teil von Deutschland ist, darf er auch Teil der Lösung sein - und muss sich nicht vorführen lassen.
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