Liebe Leserin, lieber Leser,
Was ist eigentlich, wenn der Vorstand einer AG (deren Aktien Sie im Depot haben) beschließt, die Börsennotierung einzustellen?
Es sieht so aus, als ob genau dies bei einem Leser der Fall ist! Konkret:
Er schrieb mir:
"Der Vorstand der PIRONET NDH AG hat mit Zustimmung des Aufsichtsrats beschlossen, den Widerruf der Zulassung der Aktien der Gesellschaft zum Börsenhandel zu beantragen (Delisting). (…) Grund für die Entscheidung zum Delisting ist, dass der wirtschaftliche Nutzen der Börsennotierung der PIRONET NDH Aktiengesellschaft den damit verbundenen Aufwand nicht mehr rechtfertigt."
Und weiter:
"Die Geschäfte von Pironet laufen momentan hervorragend und die Aktionäre haben vor längerer Zeit auch schon Übernahmeangebote erhalten. Kann man nun davon ausgehen, dass man nach dem Delisting in Höhe des letzten Übernahmeangebotes abgefunden wird oder was ist in solchen Fällen zu erwarten?"
Meine Antwort:
Habe mir die Sache gerade angesehen. Im letzten Jahr hatte es ein Übernahmeangebot der CANCOM SE für die Pironet NDH-Aktie gegeben.
Kursverlauf Aktie PIRONET NDH
Ein drohendes Delisting ist sicher nicht attraktiv - dies zeigt sich auch im Kursverlauf. Quelle: Finanzen100
Ganz offensichtlich war das erfolgreich. So fand ich in der Einladung zur Pironet-Hauptversammlung - diese fand am 13. Juni 2014 statt - unter dem Tagesordnungspunkt 8 bei den Unterpunkten 1.1 und 1.2. diese Formulierung:
"Die CANCOM SE hält derzeit rund 77,41% der Aktien der PIRONET NDH AG und steht
in geschäftlichen Beziehungen zum PIRONET NDH-Konzern."
Also ist die Grenze von 75% überschritten. Ab dieser Grenze kann in diesem Fall die CANCOM SE einen Gewinnabführungsvertrag abschließen und auch ein Delisting der Aktien durchführen.
Bisher war das so: Den Minderheitsaktionären muss dann eine Garantiedividende oder eine Abfindung für ihre Aktien geboten werden. Die Höhe der Abfindung soll nach einem Gutachten bestimmt werden und insofern fair sein.
Ein Urteil des Bundesgerichtshofs ist hier relevant
Allerdings meldete Euro am Sonntag: "Der Bundesgerichtshof urteilte im vergangenen Jahr, dass Unternehmen oder Großaktionäre bei der Kündigung der Börsennotiz keine Abfindung zahlen müssen."
Ich bin kein Jurist, aber das klingt im Sinne des Lesers nicht gut. Denn demzufolge kann das Delisting der Aktie erfolgen, ohne dass eine Abfindung gezahlt werden muss. Der Leser würde dann zwar weiterhin entsprechend einen Anteil am Unternehmen halten - aber wie soll er den handeln?
Sofern ein Jurist in der Leserschaft die Auswirkungen des Urteils des Bundesgerichtshofs im "Klartext" erläutern möchte: Sehr gerne - Email an
Und hier noch das Zitat zum Tag:
"Wer an das Gute im Mensch glaubt, bewirkt das Gute im Menschen.
- Jean Paul
Mit herzlichem Gruß,
Ihr
Michael Vaupel