Von Jon Hilsenrath
Der nachlassende Preisauftrieb in den USA und die sich abschwächende Entwicklung in Übersee sorgen für Unsicherheit unter den US-Währungshütern. Bei ihrer Sitzung am 29. und 30. Oktober wiesen die Ratsmitglieder vor allem auf den schwächeren wirtschaftlichen Ausblick und erhöhte Abwärtsrisiken in Europa, China und Japan sowie den steigenden Dollar hin, wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten Protokoll hervorgeht.
Sollten sich die ökonomischen und finanzielle Bedingungen im Ausland sich weiter verschlechtern, könnte sich auch das US-Wirtschaftswachstum mittelfristig langsamer entwickeln als derzeit erwartet, heißt es in den Aufzeichnungen. Viele Teilnehmer sehen die Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen auf die heimische Wirtschaft jedoch als begrenzt an. Dem bei der Oktober-Sitzung beschlossenen Ende des Anleihen-Ankaufprogramms stimmten alle bis auf einen Teilnehmer zu.
Die Frage der Teuerung sorgt für Unsicherheit. "Die meisten Teilnehmer erwarteten, dass die Inflation in der nächsten Zeit weiter sinken wird, was die fallenden Preise für Öl und andere Rohstoffe sowie geringere Importpreise reflektiert", heißt es. "Diese Teilnehmer erwarten aber weiterhin, dass die Inflation sich mittelfristig dem Ziel der Notenbank von 2 Prozent annähert." Andere haben laut Protokoll angemahnt, stärker auf Hinweise zu achten, dass die Inflationserwartungen langfristig sinken könnten. Dieses sei bei einem nachlassenden Wachstum umso mehr besorgniserregend.
Bei der Sitzung im Oktober hatte die Fed plangemäß ihre milliardenschweren Geldspritzen für die Wirtschaft eingestellt. Nun will sie den Leitzins für eine "geraume Zeit" auf dem Rekordtief von null bis 0,25 Prozent halten, bis der Wirtschaftsaufschwung gesichert ist.
Jetzt, da das Anleihe-Ankaufprogramm ausgelaufen ist, wollen viele Fed-Vertreter die Formel der "geraumen Zeit" fallenlassen. Das Protokoll gab jedoch kaum einen Hinweis darauf, wann und wie der Ausblick geändert werden könnte.
Einige Teilnehmer wollten auf der Sitzung im Oktober bezüglich dieser Formulierung bereits aktiv werden und sich nicht auf einen bestimmten Zeitrahmen festlegen lassen. "Geraume Zeit" wird an den Märkten allgemein als ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten interpretiert. Andere Teilnehmer meinten, die Phrase beschreibe die Pläne der Fed immer noch zutreffend, während wieder andere befürchteten, mit einer Aufgabe dieses Begriffs ein Signal für eine unmittelbar bevorstehende Zinserhöhung auszusenden.
In diese Diskussion kam nun eine neue Wende, nämlich eine Debatte darüber, ob die Fed ihrem offiziellen Statement zum Zeitplan der weiteren Zinsschritte nach einer ersten Erhöhung neue Informationen hinzufügen sollte. Einige Teilnehmer waren der Ansicht, das dies hilfreich sein könnte, Einigkeit herrschte in diesem Punkt aber nicht. Über das Thema dürfte bei der nächste Ratssitzung an 16. und 17. Dezember umso intensiver diskutiert werden.
Die Lage am US-Arbeitsmarkt, die lange Zeit die Hauptsorge der Fed war, dürfte einer Zinserhöhung inzwischen nicht mehr im Wege stehen. Aber die flaue Weltkonjunktur und der starke Dollar drohen der Fed derzeit das Geschäft zu erschweren, weil die recht schwache Inflation ihren Plan für eine geldpolitische Straffung durchkreuzt.
Die meisten Experten erwarten daher die erste Zinserhöhung erst für Mitte 2015. In ihrem jüngsten Kommuniqué hatte die Fed allerdings zum ersten Mal explizit darauf hingewiesen, dass die Zinsen schneller steigen könnten, sollte der Arbeitsmarkt eine schnellere Erholung zeigen als unterstellt und die Inflation anziehen.
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November 19, 2014 15:02 ET (20:02 GMT)
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