Ravensburg (ots) - Wenn vorwiegend junge Menschen zum Beispiel auf dem Stuttgarter Schlossplatz stehen, Kopfhörer auf den Ohren haben und in relativer Stille protesthalber wild tanzen, dann ist mit großer Wahrscheinlichkeit Karfreitag. An diesem Tag flammt die Diskussion um das sogenannte Tanzverbot in der Regel besonders heftig auf. Doch noch an weiteren 15 Tagen - auch am gestrigen Totensonntag - verbietet das baden-württembergische Feiertagsgesetz bislang unter anderem einen öffentlichen Disco-Betrieb. Nun strebt die grün-rote Landesregierung eine maßvolle Reform der umstrittenen gesetzlichen Vorgaben an. Sie beschreitet damit den richtigen, weil pragmatischen Weg.
Der Regierungssprecher verwendet die Formulierung, es gehe darum, "hie und da zu Lockerungen zu kommen". Das soll richtigerweise auch im Gespräch mit den Kirchen geschehen. Die grün-rote Landesregierung mit dem bekennenden Katholiken Winfried Kretschmann an der Spitze versteht sich offenbar als Mittler zwischen den bislang wenig versöhnlichen Lagern. Zwischen jenen, die auch an hohen christlichen Festtagen bis in den frühen Morgen tanzen wollen und jenen, die den Tänzern dafür am liebsten den Feiertag streichen und sie ins Büro oder an die Werkbank schicken würden.
Diese Extrempositionen zeigen deutlich: Die Diskussion um das Tanzverbot war bislang von zu großer Kompromisslosigkeit und allzu verbissener Grundsätzlichkeit geprägt. Diese Unversöhnlichkeit kann eine kluge Gesetzesreform überwinden. Das nun zu erwartende Sowohl-als-auch soll und kann beiden Seiten gerecht werden. Am Ende wird Baden-Württemberg den im Bundesvergleich außergewöhnlich strengen Status quo ein wenig lockern. Damit wird den gegenwärtigen gesellschaftlichen Realitäten Rechnung getragen. Es muss aber weiterhin auch eine ganze Reihe der sogenannten stillen Tage wie den Karfreitag oder den Totensonntag geben. Denn damit werden die religiös-kulturellen Wurzeln unserer Gesellschaft betont.
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