Bremen (ots) - Eric Garner und Tamir Rice, die Namen der beiden Afroamerikaner, könnten dereinst für eine Wende stehen, erst einmal stehen sie für einen kollektiven Aufschrei. Garner verkaufte unversteuerte Zigaretten, bevor ihm Polizisten die Luft abdrückten, obwohl er verzweifelt rief, er könne nicht atmen. Rice hantierte mit einer Spielzeugpistole, als ein Beamter seinen Streifenwagen stoppte und binnen Sekunden auf den Zwölfjährigen feuerte, ohne eine Frage zu stellen. Noch klarer als der Tod Michaels Brown, des Teenagers, den ein Polizist in unübersichtlicher Lage nach einem Handgemenge in Ferguson erschoss, führen die beiden Fälle vor Augen, was alles schiefläuft in Sachen "Law and Order". Kein Wunder, dass sie Protestmärsche auslösen, die fast schon an die turbulenten sechziger Jahre erinnern. Worum es hauptsächlich geht, das hat Gwen Carr, die Mutter Garners, prägnant auf den Punkt gebracht: Man werde solange vors Kapitol in Washington ziehen, bis der Kongress faire Gesetze beschließe, bis er es zur Pflicht mache, kontroverse Polizeischüsse von Sonderermittlern untersuchen zu lassen. Es wäre eine dringend gebotene Lehre aus den Exzessen staatlicher Gewalt. Lokale Staatsanwälte, die hinter den verschlossenen Türen einer Grand Jury maßgeblich beeinflussen, ob ein Fall vor einem Richter landet, stehen instinktiv auf Seiten der Ordnungshüter. Man kennt sich, man feiert zusammen - und wird vor den Geschworenen im Sinne des Freundes in Uniform argumentieren. So war es bei Garner, so war es bei Brown. Weiße Seilschaften, die zusammenhalten wie Pech und Schwefel, so sehen es Afroamerikaner. Weshalb sie über ein Justizsystem klagen, das sie noch immer als Menschen zweiter Klasse behandelt. Gerade mal 37 Prozent der Schwarzen haben Vertrauen in die Ordnungskräfte, während es unter Weißen immerhin 59 Prozent sind. Kein Zweifel, das Schubladendenken in Rassenkategorien hält sich hartnäckiger, als es Optimisten unter einem Präsidenten Obama für möglich gehalten hätten. Aber das allein ist nicht das Problem, das Problem ist das Allmachtsgefühl der Blauen. Begeben sich Amerikas Polizisten auf Patrouille, dann wissen sie, für ihre Handlungen werden sie nur selten zur Verantwortung gezogen. Das lässt den Finger locker am Abzug sitzen, ungleich lockerer als irgendwo sonst in der westlichen Welt. Manches wäre vielleicht anders, würden die Bürger zwischen Miami und Seattle nicht 300 Millionen Schusswaffen besitzen. Einer der Gründe, warum die Cops so schnell die Pistole ziehen, ist die Angst, dass sie es mit einem Bewaffneten zu tun haben könnten. Private Abrüstung wäre die logische Ergänzung überfälliger Polizeireformen.
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