Bielefeld (ots) - Wann ist das Boot voll? Angesichts der Dramen im Mittelmeer mit den überfüllten und gekenterten Seelenverkäufern erscheint diese Frage zynisch. Aber sie schwebt nun einmal über der politischen Diskussion. Natürlich kostet es Geld, Flüchtlinge aufzunehmen. Der Präsident des Ifo-Instituts, Professor Hans-Werner Sinn, kommt in einer neuen Berechnung jedenfalls zu diesem Schluss, der eine gegenteilige Analyse der Bertelsmann-Stiftung als - politisch motivierte? - Fehlkalkulation erscheinen lässt. Eine ähnliche Rechnung hatte vor zehn Jahren schon der bekannteste Demograph Deutschlands, der inzwischen emeritierte Bielefelder Ökonom Professor Herwig Birg aufgemacht. Er sprach damals von etwa 2000 Euro, die das Sozialsystem pro Jahr netto zuzahlt. Das liegt nahe an der jetzigen Berechnung des Ifo-Instituts, das eine »fiskalische Nettobilanz von minus 1800 Euro je Migrant im Jahr« nennt. Es wäre naiv, so zu tun, als ob alle Flüchtlinge und Migranten das Land per se bereicherten, nur weil hierzulande die Fachkräfte fehlen. Die meisten Flüchtlinge wandern geradewegs in die Sozialsysteme ein. Da sollte man ehrlich argumentieren statt sich als Gutmensch aufzublasen. Die Frage ist: Wie und wo setzt die Hilfe an? Da ist zuerst die Menschenpflicht der Solidarität (früher hieß das mal Nächstenliebe). Es gehört auch zur eigenen Menschenwürde, für Christen allzumal, Menschen in Not zu helfen. Die meisten der Gekenterten und Gestrandeten würden auch lieber in ihrer Heimat bleiben. Das gilt insbesondere für die Flüchtlinge aus dem Irak und aus Syrien. Es ist ihre Heimat, aus der sie vertrieben werden, und es sind die Barbaren der islamistischen Terrormiliz, die alle Andersdenkenden vertreiben, unterjochen, versklaven. Kann man es diesen Flüchtlingen verdenken, dass sie für eine gewisse Zeit Zuflucht, Schutz und Ruhe suchen? Viele stranden irgendwie in Deutschland, und ihnen muss jetzt geholfen werden. Aber das ist nur eine Handvoll im Vergleich zu den Flüchtlingsströmen, die sich derzeit im Nahen und Mittleren Osten in alle Richtungen ergießen. Am schwersten betroffen ist übrigens der Libanon, es folgen Jordanien und die Türkei. Hier muss die Hilfe ansetzen. Wer die Ströme Richtung Europa eindämmen will, der sollte massiv bei den Vertriebenen nahe der Heimat beginnen. Einige Hilfsorganisationen machen genau das. Die päpstliche Stiftung Kirche in Not zum Beispiel baut Schulen für die Flüchtlinge im Nordirak. Das schafft Perspektiven. Nur alimentieren, das schafft Abhängigkeiten, die die meisten Flüchtlinge für sich und ihre Kinder nicht wünschen. Wer noch früher ansetzen will, der sollte sich überlegen, wie die Entwicklungshilfe verstärkt werden kann. Denn aus einem Land mit Perspektiven will keiner fliehen.
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