Regensburg (ots) - Wenige Tage vor dem Anschlag auf die Redaktion der Satire-Zeitung Charlie Hebdo veröffentlichte der "Islamische Staat" ein Video mit dem Titel "Worauf wartest Du?". Gerichtet war der achtminütige Propagandastreifen an Sympathisanten der Extremisten-Gruppe in Frankreich. Wer nicht nach Syrien oder Irak kommen könne, so die unverhüllte Botschaft, solle zu Hause gegen die Ungläubigen kämpfen. "Terrorisiert sie und bringt sie mit Angst und Horror um den Schlaf". Ob sich die Attentäter von Paris von diesem Aufruf inspirieren ließen, den Auftrag von der Al Kaida auf der Arabischen Halbinsel erhielten oder aus eigenem Antrieb handelten, macht am Ende keinen Unterschied. Ihr mörderisches Treiben steht in einer Reihe mit anderen Massakern islamischer Extremisten, die Sicherheitsbehörden rund um die Welt mit einer veränderten Taktik herausfordern. Statt sich allein auf relativ komplexe Operationen vom Stil der Anschläge des 11. September zu konzentrieren, haben Al Kaida und Co. das Spektrum des Terrors erweitert. Erstmals trat das 2008 bei dem Anschlag der "Lashkar-e-Taiba"-Extremisten in Mumbai in Erscheinung. Vier Tage lang terrorisierte die Gruppe die indische Metropole. Dabei kamen 164 Menschen ums Leben, mehr als 300 wurden verletzt. In Terrorkreisen galt der vor allem mit Handfeuerwaffen verübte Anschlag als spektakulärer Erfolg. Von Mumbai über den Anschlag auf die Westgate Shopping Mall in Nairobi, dem Massaker an pakistanischen Schulkindern in Peschawar, der Geiselnahme in einem Café in Sydney bis hin zu dem Massaker in Paris zieht sich seitdem die blutige Spur der urbanen Kriegsführung gegen Zivilisten. Ein globaler Trend, den die Vereinten Nationen ebenso ausgemacht haben wie ein Bericht des US-Kongresses. Der Chef des britischen Geheimdienstes MI-5 Andrew Parker warnt aus gutem Grund vor weiteren Anschlägen nach diesem Muster. Zumal Tausende Freiwillige aus Europa und Nordamerika in den Mittleren Osten als Kämpfer des Islamischen Staats das teuflische Handwerkszeug des Terrors erlernten. Die Augen vor dieser Entwicklung zu verschließen wäre nicht nur fahrlässig, sondern verantwortungslos. Sie stellt die Sicherheitsbehörden in den USA, Europa und vielen anderen Staaten vor eine massive Herausforderung. Denn anders als Flugzeuge, Militärbasen und Ziele mit Symbolwert lassen sich bevölkerungsreiche Zentren nur begrenzt schützen. Es führt kein Weg daran vorbei, die Beobachtung extremistischer Gruppen zu verstärken und Terror-Touristen an der Rückkehr zu hindern. Das kann aber nur ein Teil der Antwort sein. Mindestens so wichtig ist die Immunisierung gegen den Hass, mit dem die Extremisten die Zivilgesellschaften des Westens infizieren wollen. Die Rechnung der Terroristen ginge auf, wenn Pauschalverurteilungen an die Stelle differenzierter Auseinandersetzungen träten. Sie setzen auf die Wut von Pegida, Front National, Ukip, Teaparty oder wie auch immer die Rechtspopulisten auch heißen mögen. Es muss intensiv darüber nachgedacht werden, wie sich junge Muslime aus Einwandererfamilien in ihrer neuen Heimat zu Hause fühlen. Europa kann an dieser Stelle viel von den USA lernen, die bei allen Problemen die Integration der Zuwanderer aus islamischen Staaten sehr viel besser hinbekommen hat. Umgekehrt könnten die Führer muslimischer Gemeinden und Organisationen ihrerseits einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie sich an die Spitze der Proteste gegen den Terror setzten. Angesichts der Herausforderung durch extremistische Dschihadisten gilt es, keine Zeit zu verlieren. Worauf warten wir noch?
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