Von Hans Bentzien
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat gegen das von der Europäischen Zentralbank (EZB) beschlossene Anleihekaufproramm gestimmt. In einem Interview mit der Welt am Sonntag sagte Weidmann außerdem, Staatsanleihekäufe seien keine normale Geldpolitik. EZB-Direktor Yves Mersch dagegen stimmte offenbar für die so genannte "Quantitative Lockerung" (QE).
Drei Tage nach dem Beschluss des EZB-Rats, bis mindestens September 2016 monatlich Anleihen für 60 Milliarden Euro anzukaufen, ist klar, dass der wichtigste Kritiker von EZB-Präsident Mario Draghi mit "Nein" gestimmt hat - unter anderem, weil er diese Maßnahme für unnötig hält. "Sicher, die Inflationsraten sind derzeit sehr niedrig, aber das ist stark durch die sinkenden Ölpreise getrieben. Daher spricht einiges dafür, dass die außergewöhnlich niedrigen Teuerungsraten nur ein vorübergehendes Phänomen sind", sagte Weidmann der Welt am Sonntag.
Draghi hatte während der Pressekonferenz gesagt, dass der EZB-Rat zwar nur mehrheitlich für Staatsanleihekäufe gestimmt hatte, er aber einstimmig der Meinung gewesen, dass diese eine "echtes geldpolitisches Instrument" seien. Weidmann sagte in dem Interview dazu: "Staatsanleihekäufe sind kein normales geldpolitisches Instrument, denn sie sind in der Währungsunion mit besonderen Nachteilen und Risiken verbunden. Deshalb sollte die Hürde für ihren Einsatz hoch sein."
Der Rat hatte beschlossen, dass nur für rund 20 Prozent der Ankäufe die Risiken von allen Mitgliedstaaten geteilt werden, die restlichen 80 Prozent aber bei den nationalen Zentralbanken verbleiben. Aber obwohl das konkret heißt, dass die Bundesbank nur die sicheren Bundesanleihen kaufen wird, hat Weidmann dagegen gestimmt.
EZB-Direktor Yves Mersch hat im Gegensatz zu Weidmann für die Anleihekäufe gestimmt. Damit hatte Draghi sein Direktorium fast vollständig hinter sich. Laut Frankfurter Allgemeinen Zeitung versagte auch das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger dem QE-Programm seine Zustimmung.
Im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung verteidigte Mersch das am Donnerstag beschlossene Programm gegen Kritik. Zu den Bedingungen zähle, dass keine volle Verlustteilung vereinbart worden sei, um Risiken und unerwünschte Nebenwirkungen zu verhindern. "Es gibt also keine Gemeinschaftshaftung wie sie bei Eurobonds vorliegen würde", erklärte der EZB-Direktor. "Den deutschen Bedenken ist weitgehend Rechnung getragen worden, auch wenn man es vielleicht nur im Kleingedruckten sieht."
Das Protokoll der Beratungen vom 22. Januar wird die EZB im Februar veröffentlichen. Es wird allerdings nur eine Zusammenfassung der Argumente für und gegen QE enthalten und nichts über das Abstimmungsverhalten verraten.
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January 24, 2015 10:46 ET (15:46 GMT)
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