Bielefeld (ots) - Es gibt mehrere Gründe dafür, dass Deutschland derzeit das zweitbeliebteste Zuwanderungsland der Welt ist - nach den USA. Für Europäer ist es attraktiv, weil Deutschland in der Euro-Krise wirtschaftlich noch gut da steht und Beschäftigung bietet. Nicht-europäische Flüchtlinge zieht es zu uns, weil es hier im Wohlfahrtsstaat relativ sicher zugeht und sich die Behörden um verfolgte Menschen kümmern. Bei Licht betrachtet sind die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung nicht so positiv, wie sie verkauft werden sollen. Wenn Leute die Willkommenskultur in ihrem eigenen Land einschätzen, hat das viel von Nabelschau und ist nicht sonderlich aussagekräftig. Im Vergleich zur Studie von Dezember 2012 haben die Meinungsforscher im Januar 2015 sehr ähnliche Resultate ermittelt: Eine stabile Mehrheit von etwa zwei Dritteln der Bevölkerung sieht in der Zuwanderung mehr Probleme als Vorteile - von kulturellen Konflikten bis zu finanziellen Belastungen des Sozialstaats und Schwierigkeiten an Schulen. Dabei ist die Skepsis im Osten der Republik ausgeprägter als im Westen. Die Bereitschaft, verfolgte Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten bei uns aufzunehmen, hängt maßgeblich auch von einem ökonomischen Faktor ab: Wenn die einheimische Bevölkerung den Eindruck gewinnt oder auch nur das vage Gefühl hat, dass Flüchtlinge besser gestellt würden, sinkt die Akzeptanz. Flüchtling, das klingt derzeit fast wie ein Beruf oder eine Qualifikation, wenn man manchen Politikern zuhört. Dabei stellt sich die grundlegende Frage: Sind Flüchtlinge Einwanderer? Vor diesem Hintergrund könnte das vom SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann vorgeschlagene Einwanderungsgesetz inklusive Punktesystem auch betrachtet werden. Allerdings: Das Recht auf Asyl wäre von einem Einwanderungsgesetz natürlich nicht betroffen. Dass die Städte und ihre Behörden oft überfordert sind, zeigt ein Beispiel aus Bielefeld: Die Stadt Bielefeld will Flüchtlinge in der leerstehenden Hausmeisterwohnung auf dem Gelände der Grundschule Hoberge unterbringen. Natürlich fragen sich da nicht nur die Eltern, ob das der richtige Platz sein kann. Für die gesamte Gesellschaft stellt die gestiegene und weiter steigende Zuwanderung eine enorme Herausforderung dar. Wer nach Deutschland kommt, muss mit Anstand behandelt und versorgt werden. Damit dies so ist und auch bleibt, hat die Bundesregierung für zwei Dinge zu sorgen: Die Kanzlerin sollte sich dafür einsetzen, dass die EU-Staaten Flüchtlinge nach einer festzulegenden Quote aufnehmen. Derzeit tragen Schweden und Deutschland die Last in der Europäischen Union zum weitaus größten Teil. Zweitens sollte in den Behörden genauer hingesehen werden, wer einen echten Anspruch auf Asyl und Bleiberecht hat. Nur wenn wir die wirklich Verfolgten aufnehmen, bleibt die Bereitschaft dazu erhalten.
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