Bremen (ots) - Dass Eroberer mit den Kulturgütern der Unterworfenen pfleglich umgehen, ist in der Weltgeschichte eher selten der Fall gewesen - und doch ist die bewusste Vernichtung, das gezielte Auslöschen aller kulturellen Identität die größere Ausnahme. Es ist ein Zivilisationsbruch, der die in bewaffneten Konflikten übliche Menschenverachtung noch übertrifft. Als die Muslime 1187 Jerusalem zurückeroberten, ebneten sie die Jakobus-Kathedrale und andere Kirchen nicht ein. Nachdem die Spanier 1236 in Cordoba einmarschiert waren, klotzten sie später eine Kathedrale in die größte Moschee - aber sie machten sie nicht dem Erdboden gleich. Und natürlich verschonte die Reconquista auch die Alhambra von Granada, den letzten Königspalast der spanischen Mauren. Bei aller Brutalität der Kämpfe blieb doch immer ein Rest an Respekt vor der Kultur der Gegner. Dieser Respekt ist offenbar nur möglich, wenn man selbst über ein Minimum an schöpferischen Fähigkeiten verfügt. Die aber gehen dem militanten Islamismus völlig ab. Selbst die immer professioneller gemachten Filme, mit denen der Islamische Staat seine Barbarei ausstellt, sind nichts anderes als besonders perverse Snuff-Videos. Der einzige Unterschied zu jenen kriminellen Machwerken, die echte Vergewaltigungen oder gar Morde zeigen, besteht darin, dass die IS-Videos nicht gegen viel Geld gehandelt werden. Die Terroristen streuen sie kostenlos, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Der IS kennt einzig Kampf und Vernichtung - sei es die von Leben oder von Kunstschätzen. Er steht damit in der Tradition der Wiedertäufer, der SS, der Roten Garden der Kulturrevolution, der Roten Khmer in Kambodscha. In seiner perversen Logik ist es deshalb auch folgerichtig, mit dem schöpferischen Islam zu brechen, der vor 1000 Jahren für Wissenschaft, Kunst und raffinierte Lebensweise stand. Also werden auch die jahrhundertealten Schreine muslimischer Gelehrter gesprengt, planiert, ausradiert und ganze Bibliotheken abgefackelt. In Wahrheit ist diesen Leuten nichts heilig, ihre Ideologie ist hohl und absolut böse. Bezeichnend, vielleicht sogar tröstlich ist es, wenn nun sogar radikal-islamische Regimes wie jene in Iran oder Saudi-Arabien gegen diese neue Geißel der Menschheit kämpfen wollen. Das ist sicher noch kein Grund zur Euphorie, aber es zeigt doch: Es gibt ihn immer noch, den kleinsten gemeinsamen Nenner der Zivilisation gegen die Barbarei.
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