Regensburg (ots) - Nachdem in der Öffentlichkeit zuletzt meist über das Gymnasium - Stichwort G8/G9 - diskutiert wurde, rückt der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) mit seiner Studie nun die Probleme der Mittelschulen in den Fokus. Und die sind zahlreich: Da ist zum einen der Personalmangel, der die dringend nötige individuelle Förderung von Schülern schwierig bis unmöglich macht. Und da ist das schlechte Image der problembeladenen "Restschule". Mit der Weiterentwicklung der ehemaligen Hauptschulen zu Mittelschulen ab dem Schuljahr 2010/11 wollte das Kultusministerium diese Schulart eigentlich aufwerten. Dieser Plan ist allerdings nicht ganz aufgegangen. Wenn die Mittelschule überleben soll, muss die Politik daher daran arbeiten, sie wieder attraktiver zu machen. Einige positive Veränderungen gab es bereits: Die Berufsorientierung wurde gestärkt, etwa durch die Einführung der drei Zweige Technik, Wirtschaft und Soziales. Auch von den Ganztagsangeboten, die es an jeder Mittelschule - zumindest im Verbund - gibt, profitieren die Schüler. Zudem können sie im sogenannten M-Zug nach der zehnten Klasse einen mittleren Schulabschluss erwerben. Schüler, die sich in der siebten Klasse nicht für den M-Zug entschieden, aber später erfolgreich den qualifizierenden Mittelschulabschluss gemacht haben, können im "9+2-Modell" in zwei zusätzlichen Schuljahren zum mittleren Abschluss kommen. Dieser ist laut Kultusministerium gleichwertig mit einem Realschulabschluss. Klingt soweit alles ganz gut. Doch kamen diese Neuerungen spät, vielleicht zu spät für das Image der Schulen. Der demografische Wandel und sinkende Übertrittsquoten führten in den vergangenen Jahren dazu, dass viele Mittelschulen schließen mussten. Gab es im Schuljahr 2000/01 dem BLLV zufolge noch 1556 staatliche Hauptschulen, sind es im aktuellen aktuellen Schuljahr 2014/15 nur noch 931 Mittelschulen. Immer weniger Eltern wollen ihre Kinder auf die Mittelschule schicken. Mindestens die Realschule soll es sein, besser noch das Gymnasium. Denn mit der Hochschulreife stehen dem Nachwuchs einmal alle Möglichkeiten offen, so hoffen die Eltern. Auch auf dem Ausbildungsmarkt haben es Bewerber mit Abitur oder mittlerer Reife heutzutage leichter als Bewerber mit Mittelschulabschluss. Dieser Trend zum Gymnasium ist durchaus politisch gewollt: Im internationalen Bildungsranking der OECD macht sich eine hohe Quote von Abiturienten und Hochschulabsolventen gut. Der Übertritt wird für Familien zur Zerreißprobe. Es verwundert nicht, wenn BLLV-Präsident Wenzel von Fünftklässlern berichtet, die denken, sie seien nichts wert, weil sie es nur auf die Mittelschule geschafft haben. Diese Schüler zu motivieren, ihnen eine Perspektive zu geben, ist wichtig. Denn viele Firmen - beispielsweise im Handwerk oder der Gastronomie - suchen händeringend Nachwuchs. Eine weniger auf theoretisches Wissen, sondern praktische Fertigkeiten ausgerichtete Schulform hat also nach wie vor ihre Berechtigung. Eine Herausforderung ist die hohe Zahl von Schülern mit Migrationshintergrund, vor allem in den Städten, sowie die steigende Zahl von Flüchtlingskindern ohne Deutschkenntnisse. Hier muss die Politik die Mittelschulen noch stärker unterstützen, etwa indem sie die Ganztags-Übergangsklassen ausbaut, zusätzliche Deutschförderkurse anbietet und mehr Sozialpädagogen an die Schulen schickt. Gelingt es nicht, die Mittelschule attraktiver zu machen, wird man sich früher oder später nach Alternativen umsehen müssen - sei es eine Zusammenlegung mit der Realschule oder die Gemeinschaftsschule, mit der bereits einige Gemeinden liebäugeln.
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