Bielefeld (ots) - Was richtet mehr Schaden für Europa an: Wenn Griechenland im Euro bleibt oder die Drachme wieder einführt? Nur noch 40 Prozent der Deutschen meinen, dass Griechenland den Euro behalten sollte. Vor drei Wochen waren noch 52 Prozent der Befragten dieser Ansicht. Das Vertrauen in die ernsten Sparabsichten der Regierung Tsipras geht gegen Null: 14 Prozent halten die Ankündigungen für glaubhaft. Nach Wochen der Drohungen und Erpressungsversuche sind nicht nur die Leute in Deutschland mehrheitlich der Meinung, dass es jetzt mal reicht. Der Geduldsfaden ist auch in den Ländern gerissen, die sparsam sind und deren Lebensstandard unter dem der Griechen liegt. Das gilt für Litauen, Lettland und Slowenien. Doch nicht nur in diesen kleinen EU- und Euro-Staaten wären die Auswirkungen problematisch, wenn Brüssel gegenüber Athen immer weiter nachgäbe. Längst schauen die nicht mehr ganz so kriselnden Südländer Spanien und Portugal besorgt nach Brüssel. Wie sollen die Verantwortlichen den Menschen weiterhin einen schmerzhaften Sparkurs abverlangen, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) de facto die Finanzierung eines Schuldenstaates übernimmt? Was Syriza in Griechenland ist, könnte Podemos (»Wir können«) in Spanien werden. Die linke Bewegung lehnt Sparmaßnahmen ab und liegt in Umfragen stabil zwischen 25 und 30 Prozent. Spanien wählt im Spätherbst ein neues Parlament. Der spanische Alexis Tsipras heißt Pablo Iglesias und strebt die Regierungsübernahme an. Und seine Chancen steigen mit jeder Woche, in der Griechenland die EU und ihre Institutionen vorführt. Daher senden Schwüre wie der von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ein falsches Signal. Auch sein Währungskommissar, der umstrittene Franzose Pierre Moscovici, nennt das »Grexit«-Szenario eine Katastrophe. Seine Sorge: Nach einem Ausstieg Griechenlands aus dem Euro könnten die Finanzmärkte spekulieren, welches Land es als nächstes trifft. Was Moscovici verschweigt: Genau das tun die Finanzmärkte längst. Wer der Regierung in Athen einen Persilschein ausstellt, handelt unverantwortlich. Denn wenn die andauernden Regelverstöße der Griechen weiterhin belohnt werden, darf sich niemand wundern, dass in anderen Euro-Staaten Regierungen an die Macht gewählt werden könnten, die das nachzumachen versuchen. Was ist für Europa gefährlicher: ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro oder finanzpolitische Amokläufe in weiten Teilen Südeuropas - mit unabsehbaren Folgen für die bislang einigermaßen geschonten großen Volkswirtschaften Frankreich und Italien? Es geht nicht nur ums Geld. Es steht viel mehr auf dem Spiel als die Währung der 19 Euro-Staaten. Es geht ums Ganze, um die Idee von Europa, um das Zusammenleben auf unserem Kontinent. Es wäre irrsinnig, wenn die linkspopulistische Regierung eines Elf-Millionen-Landes das Haus Europa zum Einsturz brächte.
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