Frankfurt (ots) - Selbst gestandene Börsenprofis kommen aus dem
Staunen nicht mehr heraus, und sie geben unumwunden zu, das nicht
vorausgesehen zu haben. Die phänomenale Entwicklung des Dax seit
Jahresbeginn sprengt sämtliche Erwartungen - auch die offensivsten
Prognosen, die vor rund drei Monaten gegeben wurden, sind deutlich
übertroffen worden. Purzelte seit dem Januar zunächst eine
Hunderter-Marke nach der anderen, scheinen nun die Tausender dran zu
sein. Zur Marke von 12000 fehlten beim Rekordhoch vom Freitag von
11903 nur noch 0,8%, am Freitag wurde bereits über die Marke von
13000 Punkten diskutiert. Warum nicht auch 14000 oder 15000 Zähler,
wenn wir schon dabei sind?
Der Aktienmarkt - das kann diagnostiziert werden - hat sich nahezu
komplett von den Fundamentaldaten losgelöst. Analysten und Strategen
hatten keine Chance, das Ausmaß der Hausse vorauszusehen, weil die
herkömmlichen Maßstäbe, mit denen das Aufwärtspotenzial zu ermitteln
versucht wird, einfach nicht greifen bzw. zurzeit irrelevant sind.
Zur Jahreswende wurde vielfach noch die These vertreten, dass die
lange Phase der KGV-Expansion (Kurs-Gewinn-Verhältnis), in der die
Kurse bei stagnierenden bis rückläufigen Unternehmensgewinnen kräftig
stiegen, vorbei sei und nun die Ergebnisentwicklung den Aktienmarkt
treiben würde. Tatsächlich stellt sich nun heraus, dass es -
zumindest derzeit - völlig egal ist, ob die Gewinne der
Dax-Unternehmen wie vom Konsens erwartet in diesem Jahr um 10%
wachsen oder aber mit einem Plus im niedrigen einstelligen Bereich
ernüchtern werden. Der Aktienmarkt wird bislang auch in diesem Jahr
von einer KGV-Expansion getrieben, oder auf deutsch: Der Dax wird
weiter aufgebläht. Gut möglich, dass diejenigen richtig liegen, die
die These vertreten, dass für eine Einschätzung der Marktaussichten
angesichts des aktuellen Umfelds mit höheren KGV-Ansätzen gearbeitet
werden muss.
Verselbständigt
Letztlich ist die Entwicklung eine Folge der Aufhebung der
Marktkräfte durch die ultralockere Geldpolitik. Die extrem niedrigen
Zinsen und die seit der abgelaufenen Woche stattfindenden
Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank verstärken den Druck, zu
höher rentierlichen Assets wie etwa Immobilien, Anleihen mit minderer
Bonität oder längerer Laufzeit oder eben Aktien zu greifen. Allein in
der ersten Woche des Anleihekaufprogramms der EZB hat der Dax um 3%
zugelegt, seit Jahresbeginn summieren sich seine Gewinne auf
stattliche 21,4%. Getragen wird die schwunghafte Bewegung auch von
Verselbständigungsprozessen, die die Aufwärtsbewegung verstärken
("die Hausse nährt die Hausse"). Der Markt wird nicht nur durch den
Anlagenotstand befeuert. Allein die Spekulation darauf, dass die
Ausweichreaktionen der Investoren die Kurse noch erheblich weiter
nach oben treiben werden, zieht weitere Käufer an. Hinzu kommt der
steigende Performance-Druck auf Marktteilnehmer, die die
Aufwärtsbewegung verpasst haben. Nicht zuletzt werden Akteure, die
den Markt aus durchaus nachvollziehbaren Erwägungen geshortet haben,
zu Eindeckungen gezwungen.
Es ist allerdings zuzugestehen, dass es durchaus Verbesserungen in
den fundamentalen Rahmenbedingungen gibt. So erhöht der deutliche
Verfall des Euro insgesamt das Ergebnispotenzial der Dax-Unternehmen.
Die Prognosen für das Wachstum Deutschlands ziehen an und bewegen
sich auf die 2%-Marke zu, getragen von einer anziehenden
Binnennachfrage. Unabhängig von der kaum zu beantwortenden Frage, wie
lang und wie hoch die derzeitige Dynamik den Dax noch treiben kann,
ist es jedoch Fakt, dass der Aktienmarkt mit einem jetzt erreichten,
den Durchschnitt der zurückliegenden zehn Jahre weit übertreffenden
KGV von 15 ein hohes Bewertungsniveau erreicht hat. Es gibt zwar
durchaus Argumente für höhere KGVs. Es muss aber auch gefragt werden,
ob sie zu einem Umfeld passen, das geprägt ist von im Vergleich zu
früheren Zyklen strukturell niedrigerem Wachstum und sehr niedrigen
Inflationsraten sowie von möglichen Volatilitätsschüben, wie sie im
Oktober 2014 auftraten. Letztere drohen aufgrund der nicht
unbeträchtlichen Risiken, die etwa von einem Wiederaufflammen der
Ukraine-Krise, dem Wachstum Chinas, einem möglichen "Grexident"
(unfallartiger Staatsbankrott und/oder Ausscheiden aus der Eurozone)
und nicht zuletzt von der kommenden Leitzinswende in den USA, die
z.B. den Druck auf Schwellenländer-Assets weiter erhöhen könnte,
ausgehen.
Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Medienmappe: http://www.presseportal.ch/de/pm/100014783
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Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Staunen nicht mehr heraus, und sie geben unumwunden zu, das nicht
vorausgesehen zu haben. Die phänomenale Entwicklung des Dax seit
Jahresbeginn sprengt sämtliche Erwartungen - auch die offensivsten
Prognosen, die vor rund drei Monaten gegeben wurden, sind deutlich
übertroffen worden. Purzelte seit dem Januar zunächst eine
Hunderter-Marke nach der anderen, scheinen nun die Tausender dran zu
sein. Zur Marke von 12000 fehlten beim Rekordhoch vom Freitag von
11903 nur noch 0,8%, am Freitag wurde bereits über die Marke von
13000 Punkten diskutiert. Warum nicht auch 14000 oder 15000 Zähler,
wenn wir schon dabei sind?
Der Aktienmarkt - das kann diagnostiziert werden - hat sich nahezu
komplett von den Fundamentaldaten losgelöst. Analysten und Strategen
hatten keine Chance, das Ausmaß der Hausse vorauszusehen, weil die
herkömmlichen Maßstäbe, mit denen das Aufwärtspotenzial zu ermitteln
versucht wird, einfach nicht greifen bzw. zurzeit irrelevant sind.
Zur Jahreswende wurde vielfach noch die These vertreten, dass die
lange Phase der KGV-Expansion (Kurs-Gewinn-Verhältnis), in der die
Kurse bei stagnierenden bis rückläufigen Unternehmensgewinnen kräftig
stiegen, vorbei sei und nun die Ergebnisentwicklung den Aktienmarkt
treiben würde. Tatsächlich stellt sich nun heraus, dass es -
zumindest derzeit - völlig egal ist, ob die Gewinne der
Dax-Unternehmen wie vom Konsens erwartet in diesem Jahr um 10%
wachsen oder aber mit einem Plus im niedrigen einstelligen Bereich
ernüchtern werden. Der Aktienmarkt wird bislang auch in diesem Jahr
von einer KGV-Expansion getrieben, oder auf deutsch: Der Dax wird
weiter aufgebläht. Gut möglich, dass diejenigen richtig liegen, die
die These vertreten, dass für eine Einschätzung der Marktaussichten
angesichts des aktuellen Umfelds mit höheren KGV-Ansätzen gearbeitet
werden muss.
Verselbständigt
Letztlich ist die Entwicklung eine Folge der Aufhebung der
Marktkräfte durch die ultralockere Geldpolitik. Die extrem niedrigen
Zinsen und die seit der abgelaufenen Woche stattfindenden
Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank verstärken den Druck, zu
höher rentierlichen Assets wie etwa Immobilien, Anleihen mit minderer
Bonität oder längerer Laufzeit oder eben Aktien zu greifen. Allein in
der ersten Woche des Anleihekaufprogramms der EZB hat der Dax um 3%
zugelegt, seit Jahresbeginn summieren sich seine Gewinne auf
stattliche 21,4%. Getragen wird die schwunghafte Bewegung auch von
Verselbständigungsprozessen, die die Aufwärtsbewegung verstärken
("die Hausse nährt die Hausse"). Der Markt wird nicht nur durch den
Anlagenotstand befeuert. Allein die Spekulation darauf, dass die
Ausweichreaktionen der Investoren die Kurse noch erheblich weiter
nach oben treiben werden, zieht weitere Käufer an. Hinzu kommt der
steigende Performance-Druck auf Marktteilnehmer, die die
Aufwärtsbewegung verpasst haben. Nicht zuletzt werden Akteure, die
den Markt aus durchaus nachvollziehbaren Erwägungen geshortet haben,
zu Eindeckungen gezwungen.
Es ist allerdings zuzugestehen, dass es durchaus Verbesserungen in
den fundamentalen Rahmenbedingungen gibt. So erhöht der deutliche
Verfall des Euro insgesamt das Ergebnispotenzial der Dax-Unternehmen.
Die Prognosen für das Wachstum Deutschlands ziehen an und bewegen
sich auf die 2%-Marke zu, getragen von einer anziehenden
Binnennachfrage. Unabhängig von der kaum zu beantwortenden Frage, wie
lang und wie hoch die derzeitige Dynamik den Dax noch treiben kann,
ist es jedoch Fakt, dass der Aktienmarkt mit einem jetzt erreichten,
den Durchschnitt der zurückliegenden zehn Jahre weit übertreffenden
KGV von 15 ein hohes Bewertungsniveau erreicht hat. Es gibt zwar
durchaus Argumente für höhere KGVs. Es muss aber auch gefragt werden,
ob sie zu einem Umfeld passen, das geprägt ist von im Vergleich zu
früheren Zyklen strukturell niedrigerem Wachstum und sehr niedrigen
Inflationsraten sowie von möglichen Volatilitätsschüben, wie sie im
Oktober 2014 auftraten. Letztere drohen aufgrund der nicht
unbeträchtlichen Risiken, die etwa von einem Wiederaufflammen der
Ukraine-Krise, dem Wachstum Chinas, einem möglichen "Grexident"
(unfallartiger Staatsbankrott und/oder Ausscheiden aus der Eurozone)
und nicht zuletzt von der kommenden Leitzinswende in den USA, die
z.B. den Druck auf Schwellenländer-Assets weiter erhöhen könnte,
ausgehen.
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