Regensburg (ots) - Die Welt schaute Anfang März 2014 überrumpelt und konzeptlos zu, wie Russlands Regierung im Handstreich die Krim annektierte. Weder die EU noch die USA waren auf ein solches Szenario vorbereitet. Präsident Putin jedoch hatte seit Jahren in Manövern und verbal auf die Landeinnahme hingearbeitet. Der Georgienkrieg 2008 hätte die Experten im Westen hellhörig werden lassen müssen. Doch wirtschaftliche Verbindungen zu Russland haben die Russlandpolitik aller Bundesregierungen in den vergangenen 15 bis 20 Jahren geprägt. Zudem hoffte Europa, die Führung in Moskau werde Länder wie die Ukraine, Georgien, Moldawien abhalten, an die Türen der EU zu klopfen. Doch die EU hat ihre Rechnung ohne die Bevölkerung der Ukraine gemacht. Als Ende November 2013 Präsident Janukowitsch seine Unterschrift zum EU-Assoziierungsvertrag verweigerte, gingen Hunderttausende Menschen monatelang auf die Straße, um für einen Westkurs ihres Landes und die Absetzung der pro-russischen Regierung zu demonstrieren. Putin verfolgte die Ereignisse aufmerksam. Doch die damalige Führung in Kiew brachte es nicht fertig, auf die Demonstranten einzugehen. Am Ende flüchtete Janukowitsch nach Russland. Im Kreml dürften alle Alarmglocken geläutet haben. Die Proteste in der Ukraine drohten auf Städte wie Sankt Petersburg und Moskau überzugreifen: Zwischen der Kremlmauer und dem Nobelkaufhaus Gum ein Protestlager aus Zelten, einer Bühne sowie Hunderttausenden Unterstützern, die die Absetzung Putins fordern würde - für den Ex-KGB-Mann ein Alptraum. Putin tat, was der Westen fast nie tut: Er griff schnell durch. Der Westen akzeptiert das in Teilen. In der EU gibt es eine Zustimmung dafür, dass sich der Status quo in der Ukraine für viele Jahre nicht verändern wird. Damit hat das Land auf absehbare Zeit keine Chance, bei der EU einen Antrag auf Mitgliedschaft zu stellen. Auf der Krim ist der Konflikt eingefroren, in der Ost-Ukraine droht in den besetzen Regionen von Donezk und Lugansk das gleiche Szenario wie in Georgien. Die Gebiete Abchasien und Südossetien wurden im Augustkrieg von 2008 vom Staatsgebiet Georgiens abgespalten und führen seitdem eine Existenz im Abseits. International nicht anerkannt und wirtschaftlich isoliert, hängen die dort verbliebenen Menschen am Tropf Moskaus, das sich mehr schlecht als recht um sie kümmert. Auf der Krim erleben die Menschen diese Entwicklung bereits. Seit die Russen die Insel übernommen haben, geht es mit der Wirtschaft bergab. Der Tourismussektor brach zur Hälfte ein. Besuchten 2013 noch 6,8 Millionen Gäste die Insel, waren es 2014 noch 3,5 Millionen. Ohne das Reiseprojekt der russischen Regierung, die vor allem Belegschaften staatlicher Unternehmen Krim-Touren zu Sonderkonditionen sponsert, sähe die Bilanz noch schlechter aus. Die Insel ist vom ukrainischen Festland isoliert, es braucht Sondergenehmigungen zur Ein- und Ausreise, und wer sich zur Ukraine bekennt oder die Annexion der Krim kritisiert, riskiert Gefängnisstrafen. Viele Ost-Ukrainer befürchten, dass ihnen das gleiche Schicksal bevorsteht. Die Vereinbarungen von Minsk sehen vor, dem Donbass einen Sonderstatus zu gewähren. In der Ukraine ist man zu oft von westlichen Partnern enttäuscht worden. Deshalb sind die Hoffnungen gedämpft, dass Berlin und Washington im Sinne Kiews verhandeln würden. Präsident Poroschenko wird seinen Landsleuten in den nächsten Wochen und Monaten erklären müssen, wieso die Ukraine nach dem Verlust der Krim nun auch noch auf einen Großteil des Donbass verzichten muss und der Weg Richtung EU für Jahre versperrt sein wird. Es ist fraglich, ob Poroschenko das durchhält.
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