Frankfurt (ots) - Ein Gespenst geht um in Europa - der Grexit by
accident, der Grexident: die Angst vor einem jähen, ungewollten
Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone wegen der Verkettung
unglücklicher Umstände. Also quasi aus Versehen - hups!
Dieses Szenario geht an der Wirklichkeit vorbei. Gewiss, ein
Grexit ist möglich. Aber sicher nicht aus Versehen. Die griechische
Regierung hat die Euro-Partner bewusst provoziert und wissentlich
Verabredungen in Frage gestellt, die sie zuvor akzeptiert hatte. Wenn
man Sitzungen verlässt und draußen eindeutige Absprachen für
interpretationsbedürftig erklärt und nach Gutdünken auslegt, dann
macht man das nicht aus politischer Unerfahrenheit - und erst recht
nicht aus Versehen.
Also droht nun doch ein Grexit aus Vorsatz? Nein. Denn auch gegen
die Vermutung, dass die Regierung absichtsvoll auf einen Bruch mit
den Euro-Partnern hinarbeitet, spricht vielerlei. Schließlich drohen
dem Land dann wirtschaftliche Verheerung und politische Verwerfungen.
Dass sich Premier Alexis Tsipras und Finanzminister Giannis
Varoufakis so aufführen, wie sie es tun, weil es ihnen nur noch darum
geht, die Schuld für einen Grexit auf die Kapitalgeber abzuschieben,
überzeugt allenfalls die Freunde von Verschwörungstheorien.
Bliebe das Risiko eines Grexit aus Bockigkeit. Ja, die Gefahr
besteht tatsächlich - auf beiden Seiten. Die Euro-Partner haben zwar
bislang trotz Beschlagnahmungsdrohungen, Anfeindungen und
Stinkefinger der Versuchung widerstanden, die Gespräche abzubrechen.
Aber die Sorge wächst, dass sie bald beleidigt dichtmachen, obwohl
viel auf dem Spiel steht - sehr viel.
Und die griechische Regierung? Der scheint es ohnehin nicht so
sehr darum zu gehen, im Kleinen und Konkreten Kompromisse auszuloten,
als vielmehr darum, Europas Rettungspolitik im Großen und Ganzen für
gescheitert zu erklären. Dabei ist das, was als Prinzipienfestigkeit
präsentiert wird (keine Rückkehr zur Sparpolitik!), im Grunde nur
Selbstbezogenheit, wenn nicht gar Eigensinn. Statt politisch
vernünftige Lösungen zu suchen, scheint es darum zu gehen, die
eigenen Versprechungen zu bekräftigen. Hoffentlich erinnern sich
Tsipras und Varoufakis rechtzeitig daran, dass sie nicht gewählt
wurden, um große Auftritte zu haben - weder in Brüssel noch in Paris
Match. Sondern um Kompromisse auszuhandeln, die Griechenland im Euro
halten (denn das ist schließlich erklärter Mehrheitswille), und den
Griechen einen Weg in eine wirtschaftlich bessere Zukunft zu bahnen.
Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Medienmappe: http://www.presseportal.ch/de/pm/100014783
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Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone wegen der Verkettung
unglücklicher Umstände. Also quasi aus Versehen - hups!
Dieses Szenario geht an der Wirklichkeit vorbei. Gewiss, ein
Grexit ist möglich. Aber sicher nicht aus Versehen. Die griechische
Regierung hat die Euro-Partner bewusst provoziert und wissentlich
Verabredungen in Frage gestellt, die sie zuvor akzeptiert hatte. Wenn
man Sitzungen verlässt und draußen eindeutige Absprachen für
interpretationsbedürftig erklärt und nach Gutdünken auslegt, dann
macht man das nicht aus politischer Unerfahrenheit - und erst recht
nicht aus Versehen.
Also droht nun doch ein Grexit aus Vorsatz? Nein. Denn auch gegen
die Vermutung, dass die Regierung absichtsvoll auf einen Bruch mit
den Euro-Partnern hinarbeitet, spricht vielerlei. Schließlich drohen
dem Land dann wirtschaftliche Verheerung und politische Verwerfungen.
Dass sich Premier Alexis Tsipras und Finanzminister Giannis
Varoufakis so aufführen, wie sie es tun, weil es ihnen nur noch darum
geht, die Schuld für einen Grexit auf die Kapitalgeber abzuschieben,
überzeugt allenfalls die Freunde von Verschwörungstheorien.
Bliebe das Risiko eines Grexit aus Bockigkeit. Ja, die Gefahr
besteht tatsächlich - auf beiden Seiten. Die Euro-Partner haben zwar
bislang trotz Beschlagnahmungsdrohungen, Anfeindungen und
Stinkefinger der Versuchung widerstanden, die Gespräche abzubrechen.
Aber die Sorge wächst, dass sie bald beleidigt dichtmachen, obwohl
viel auf dem Spiel steht - sehr viel.
Und die griechische Regierung? Der scheint es ohnehin nicht so
sehr darum zu gehen, im Kleinen und Konkreten Kompromisse auszuloten,
als vielmehr darum, Europas Rettungspolitik im Großen und Ganzen für
gescheitert zu erklären. Dabei ist das, was als Prinzipienfestigkeit
präsentiert wird (keine Rückkehr zur Sparpolitik!), im Grunde nur
Selbstbezogenheit, wenn nicht gar Eigensinn. Statt politisch
vernünftige Lösungen zu suchen, scheint es darum zu gehen, die
eigenen Versprechungen zu bekräftigen. Hoffentlich erinnern sich
Tsipras und Varoufakis rechtzeitig daran, dass sie nicht gewählt
wurden, um große Auftritte zu haben - weder in Brüssel noch in Paris
Match. Sondern um Kompromisse auszuhandeln, die Griechenland im Euro
halten (denn das ist schließlich erklärter Mehrheitswille), und den
Griechen einen Weg in eine wirtschaftlich bessere Zukunft zu bahnen.
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