Von Andreas Kißler
WASHINGTON (Dow Jones)--Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis hat eine Unterzeichnung der bestehenden Vereinbarung mit den Gläubiger-Institutionen als falsch bezeichnet und eine Änderung der Bedingungen verlangt, zu denen das Land Hilfen von seinen Geldgebern bekommen kann.
Bei einer Veranstaltung in Washington stieß Varoufakis allerdings auf den Widerstand von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der dort erneut hart blieb und von Athen verbindliche Reformzusagen verlangte sowie unter anderem den griechischen Mindestlohn kritisierte.
Beide Finanzminister, die sich Anfang des Jahres in den und außerhalb der Sitzungen der Eurogruppe einen zunehmenden Schlagabtausch über die Hilfen geliefert hatten, sprachen in Washington nacheinander bei einer Diskussionsveranstaltung einer Denkfabrik - schafften es aber, sich dabei nicht zu begegnen.
"Nichts wäre für unsere Regierung einfacher, als zu versprechen, was das bestehende Memorandum of Understanding sagt, und auf diese Weise sehr schnell 7 Milliarden einzusammeln", betonte Varoufakis bei der Diskussion der Brookings Institution. "Außer dass es das Falsche wäre, dies zu tun".
Andere Euro-Länder hätten sich auch deshalb schneller von Krisen erholt, weil ihnen geringere Sparauflagen gemacht worden seien, erklärte der Grieche. Die übrigen Euro-Länder rief Varoufakis dazu auf, Griechenland bei der Suche nach einem Kompromiss bis Ende Juni "ein Fünftel" des Weges entgegenzukommen.
Der gegenwärtige Vorschlag einer Vereinbarung sehe aber Maßnahmen vor, "die kein vernünftiger Mensch als erfolgreich ansehen könnte", beklagte Athens Finanzminister und kündigte entschlossen an: "Wir unterzeichnen keine Ziele, von denen wir wissen, dass sie unsere Volkswirtschaft nicht erfüllen kann." Nötig sei vielmehr eine "neue Vereinbarung", die unter anderem die Effizienz der griechischen Wirtschaft erhöhe und deren soziale Kohäsion verbessere sowie ein anderes Vorgehen bei den Privatisierungen und dem Pensionssystem vorsehe.
Doch Schäuble bestand darauf, dass Athen seine Verpflichtungen erfüllen und verbindliche Reformzusagen machen müsse, um weitere Finanzhilfen zu erhalten. Auf eine Position zu einem eventuellen Austritt des Landes aus der Eurozone wollte sich der Finanzminister aber nicht festlegen. "Es ist allein eine Entscheidung Griechenlands," betonte der deutsche Finanzminister.
Der deutsche Finanzminister betonte, niemand zwinge Athen ein Hilfsprogramm auf, und wenn es woanders Mittel bekomme, sei es ihm recht. Wolle Athen aber eine Auszahlung weiterer Mittel, müsse es "liefern, was vereinbart" worden sei. "Ich will nichts von Griechenland, aber Europa will, dass jeder sich an das hält, was beschlossen wurde", sagte er.
Schäuble bekräftigte auch, dass er wegen der Entwicklung in Griechenland keine Gefahr eines Flächenbrandes sieht. "Was immer in Europa passieren wird - wir werden nicht das Risiko eingehen, die Stabilität der Weltwirtschaft zu gefährden."
Bereits am Mittwoch hatte Schäuble in einer Rede in New York mit Blick auf Griechenland gesagt, man könne "keine Ansteckung an den Märkten" sehen. "Die meisten Finanzmarktteilnehmer sagen uns, die Märkte haben bereits eingepreist, was immer passieren kann", hatte er betont und zugleich heftige Kritik an der linksgerichteten Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras geübt, die "alle Zahlen zerstört" habe, die ihre Vorgänger mühsam erreicht hätten.
Griechenland wird nun auch eine größere Rolle bei den Treffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) spielen, die am Freitag in Washington beginnen, und wegen derer sich Schäuble eigentlich in den USA aufhält. Die Entwicklung in Athen könnte dort zum Konfliktthema werden. Offiziell auf der Tagesordnung steht die Lage in dem vor dem Staatsbankrott stehenden Land allerdings nicht, und Schäuble plant nach bisherigem Stand auch kein bilaterales Treffen mit Varoufakis.
Der Bundesfinanzminister sprach sich in der US-Hauptstadt auch wieder gegen einen weiteren Schuldenschnitt für Athen aus. Eine Restrukturierung von Schulden sei derzeit nicht das drängendste Problem Athens, sondern "die Wiedererlangung von Wettbewerbsfähigkeit", meinte er in dem auf Englisch geführten Fernduell mit Varoufakis. Mit Blick auf die griechische Wettbewerbsfähigkeit kritisierte Schäuble den Mindestlohn in Griechenland, der immer noch höher sei als in manch anderem EU-Land, und eine hohe Zahl öffentlicher Beschäftigter. "Da ist es schwer, wettbewerbsfähig zu werden."
Zuvor hatte auch schon IWF-Chefin Christine Lagarde einen Zahlungsaufschub für das von der Pleite bedrohte Griechenland abgelehnt. Eine Fristverlängerung für die Rückzahlung der nächsten Kreditrate an den IWF sei ein "unpassender" Weg, meinte sie in ihrer Pressekonferenz zum Auftakt der Frühjahrstagung des IWF. Der Fonds habe seit 30 Jahren keinem Land einen Zahlungsaufschub gewährt, erinnerte die Französin.
Varoufakis machte allerdings keine genauen Angaben über die Liquiditätslage seines Landes. "In diesen Tagen wird mir gesagt, dass die Liquidität in Griechenland austrocknet", erklärte er lediglich. "Und das tut sie."
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(mit Material von AFP)
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April 16, 2015 17:18 ET (21:18 GMT)
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