Bremen (ots) - Die Verlautbarungen sind die eine Seite. Dazu gehört die Versicherung der Politiker, welch große Bedeutung das Deutsch-Französische auf jeder Ebene hat, von Städtepartnerschaften über wirtschaftliche Kooperation bis zu regelmäßigen Absprachen auf höchstem politischem Niveau. Das Bild vom deutsch-französischen Motor als Antrieb Europas kommt in fast allen Lobreden auf die Bindung der Nachbarn vor. Auf der anderen Seite stimmen die konkreten Handlungen aber nicht immer mit den großen Versprechen überein. Durch die geplante Reform der französischen Mittelschule befürchten alle, denen der Deutsch-Unterricht in Frankreich und generell ein echtes gegenseitiges Verständnis am Herzen liegt, einen gewaltigen Rückschritt. Die Klassen, in denen früh neben Englisch auch Deutsch unterrichtet wird, bringen junge Deutsche und Franzosen einander näher. Sie ermöglichen oft Schüleraustausche und den doppelten gymnasialen Abschluss Abi-Bac. Dieser kann weiterführen zu binationalen Studiengängen, die junge Menschen ideal auf Arbeit und Leben in einer vernetzten Welt vorbereiten, sie mobil und offen machen. Allgemein gilt die Vermittlung von Fremdsprachen als ausbaufähig im französischen Schulsystem, das auf Frontalunterricht und wenig Sprachpraxis setzt. Viele Franzosen empfinden ihre im Vergleich ungenügenden Kenntnisse als Nachteil. Zugleich haftet Deutsch der negative Ruf an, sperrig und kompliziert zu sein. Die ehrgeizigsten Eltern stecken ihre Kinder in Deutsch-Klassen als Garantie für ein gehobenes Niveau. Nun aus einem falsch verstandenen Kampf gegen Elitenbildung heraus diese Möglichkeit einzuschränken, wäre aber ein schwerer Fehler der französischen Bildungsministerin. Überraschend oft sind Deutsche und Franzosen einander fremde Freunde - man glaubt sich zu kennen, doch oft erschöpft sich dieses Wissen in Klischees. Die Sprache dient als Grundlage auf dem Weg zu Verständigung, sie ist der Schlüssel. Sie ermöglicht eine Öffnung des Horizonts, deren Wert nicht hoch genug bewertet werden kann.
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