Bremen (ots) - Ein lupenreiner Demokrat ist Mohammed Mursi in seinem Amtsjahr als ägyptischer Präsident nicht gewesen. Aber er ist durch freie Wahlen ins Amt gekommen und er hat es durch einen Putsch wieder verloren. Das ist der Hintergrund, vor dem das nun gefällte Urteil über ihn zu betrachten ist. Keine Rolle darf es hingegen spielen, ob man Mursi oder seine Ideologie sympathisch findet - das sind zumindest die Maßstäbe eines Rechtsstaates. Zu denen gehört es auch, dass Angeklagte im Beisein eines Anwalts verhört werden, dass die Verteidiger rechtzeitig Einblick in die Anklageschrift erhalten und selbstverständlich, dass sie während des Prozesses im Gerichtssaal anwesend sind. All dies war im Prozess nicht gegeben. Zudem droht am Ende doch noch ein Todesurteil - wegen Spionage und der Revolte gegen den früheren Machthaber Mubarak. Das wäre die endgültige Rückkehr zum Willkürstaat. Hier muss auch die politische Bewertung im Westen ansetzen. Da hilft es nichts, dass der weltliche General Al-Sisi ansonsten ein verlässlicher Verbündeter ist und dass er erst geputscht hat, als es schon Massenproteste gegen die zunehmend autokratische Amtsführung Mursis gab. Wer - völlig zu Recht - die willfährige Justiz in Russland geißelt, darf in Ägypten nicht darüber hinwegsehen.
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