Bielefeld (ots) - Sonne, Strand und Syrtaki, Oliven, Wein und Tzatziki, vielleicht noch Olympia, Parthenon und das Orakel zu Delphi: Das sind die Zutaten, aus denen sich das Griechenland-Bild der Deutschen jahrzehntelang zusammengesetzt hat. Seit etwa 2010 scheint alles vergessen. Seitdem gibt es nur noch »die« Krise, »die« Faulenzer, »die« Schuldenmacher. Die Schattenseiten der gemeinsamen Vergangenheit haben damals wie heute das Bild nur gestört. So kurz vor dem 8. Mai, dem 70. Jahrestag von Weltkriegsende und der Befreiung Deutschlands, wird es Zeit, dass sich dies ändert.
Etwa 30 Kilometer nordöstlich von Athen, auf einer Anhöhe, erinnert der Kriegsgräberfriedhof Dionysos-Rapendoza an 10 000 tote deutsche Soldaten. Dass sie hier nicht zum Urlaub waren, zeigt die andere Statistik: Während des Zweiten Weltkriegs starben 20 000 griechische Soldaten und mindestens 160 000 Zivilisten. Der materielle Schaden war weitaus größer als die 11 500 Tonnen schweren Maschinen und Werkzeuge, die 1948 als erster Beitrag zur Reparation nach Piräus verschifft wurden. Allein die vom Nazi-Regime erzwungene, aber nie zurückgezahlte Kriegsanleihe von 476 Millionen Reichsmarkt dürfte ein Vielfaches ausmachen.
Bundespräsident Joachim Gauck hat demnach Recht, wenn er an die moralische Seite der Athener Forderung nach Wiedergutmachung erinnert. Er hat vermutlich auch Recht, wenn er feststellt, dass es rechtlich an der Haltung der Bundesregierung nichts zu beanstanden gibt. Damit hat er das Problem aber nicht gelöst. Doch läge dies auch jenseits von Macht und Einfluss, die ein Bundespräsident hat. Immerhin hat Gauck mit seiner Stellungnahme gegenüber der »Süddeutschen Zeitung« deutlich gemacht, dass es nicht nur ein klares Pro und ein klares Contra geben kann. Dazu gehörte - angesichts der aufgeheizten Anti-Griechenland-Stimmung in Deutschland - sogar etwas Mut. Noch hinzu kommt, dass ein großer Teil der Bevölkerung die Auffassung vertritt, dass es 70 Jahre nach dem Weltkriegsende Zeit ist, zumindest geldlich einen Schlussstrich unter die Folgen des Terrors zu ziehen, mit dem die Nazis ganz Europa einschließlich des Balkan und damit Griechenlands überzogen hatten.
Moralisch schuldig, aber nicht finanziell? Wer diesen Spagat versucht, handelt nicht nur geschichtslos, sondern riskiert auch, dass Deutschland andernorts wieder zum Buhmann wird - mit all den Folgen, die das politisch und ökonomisch haben kann. Das sollte einen Kompromiss für beide Seiten als sinnvoll erscheinen lassen. Der beste Zeitpunkt dafür ist im Fall Griechenland allerdings verstrichen. Denn um einen Kompromiss herbeizuführen, müssen beide Seiten dem Anderen vertrauen können. Hier lässt die Regierung seit ihrer Wahl jede Verbindlichkeit und leider auch Seriosität vermissen.
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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
Etwa 30 Kilometer nordöstlich von Athen, auf einer Anhöhe, erinnert der Kriegsgräberfriedhof Dionysos-Rapendoza an 10 000 tote deutsche Soldaten. Dass sie hier nicht zum Urlaub waren, zeigt die andere Statistik: Während des Zweiten Weltkriegs starben 20 000 griechische Soldaten und mindestens 160 000 Zivilisten. Der materielle Schaden war weitaus größer als die 11 500 Tonnen schweren Maschinen und Werkzeuge, die 1948 als erster Beitrag zur Reparation nach Piräus verschifft wurden. Allein die vom Nazi-Regime erzwungene, aber nie zurückgezahlte Kriegsanleihe von 476 Millionen Reichsmarkt dürfte ein Vielfaches ausmachen.
Bundespräsident Joachim Gauck hat demnach Recht, wenn er an die moralische Seite der Athener Forderung nach Wiedergutmachung erinnert. Er hat vermutlich auch Recht, wenn er feststellt, dass es rechtlich an der Haltung der Bundesregierung nichts zu beanstanden gibt. Damit hat er das Problem aber nicht gelöst. Doch läge dies auch jenseits von Macht und Einfluss, die ein Bundespräsident hat. Immerhin hat Gauck mit seiner Stellungnahme gegenüber der »Süddeutschen Zeitung« deutlich gemacht, dass es nicht nur ein klares Pro und ein klares Contra geben kann. Dazu gehörte - angesichts der aufgeheizten Anti-Griechenland-Stimmung in Deutschland - sogar etwas Mut. Noch hinzu kommt, dass ein großer Teil der Bevölkerung die Auffassung vertritt, dass es 70 Jahre nach dem Weltkriegsende Zeit ist, zumindest geldlich einen Schlussstrich unter die Folgen des Terrors zu ziehen, mit dem die Nazis ganz Europa einschließlich des Balkan und damit Griechenlands überzogen hatten.
Moralisch schuldig, aber nicht finanziell? Wer diesen Spagat versucht, handelt nicht nur geschichtslos, sondern riskiert auch, dass Deutschland andernorts wieder zum Buhmann wird - mit all den Folgen, die das politisch und ökonomisch haben kann. Das sollte einen Kompromiss für beide Seiten als sinnvoll erscheinen lassen. Der beste Zeitpunkt dafür ist im Fall Griechenland allerdings verstrichen. Denn um einen Kompromiss herbeizuführen, müssen beide Seiten dem Anderen vertrauen können. Hier lässt die Regierung seit ihrer Wahl jede Verbindlichkeit und leider auch Seriosität vermissen.
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