Regensburg (ots) - Es bleibt alles anders in Bremen, dem kleinsten und zugleich hoch verschuldeten Bundesland, das gestern mit nur magerer Beteiligung eine neue Bürgerschaft wählte. Gewiss wird es weiterhin vom bodenständigen SPD-Bürgermeister Jens Böhrnsen regiert werden. Einem Mann, der innerhalb seines Landes nicht groß auffällt und außerhalb kaum gekannt wird. Dass er vor fünf Jahren für ein paar Wochen den zurückgetretenen Horst Köhler als deutsches Staatsoberhaupt vertrat, hat daran nichts geändert. Unauffälligkeit und Unaufdringlichkeit, wie sie der Bremer Regierungschef an den Tag legt, sind offenbar Tugenden, die im Norden geschätzt werden. Wenn auch heute vielleicht nicht mehr so sehr wie früher. Die Sozialdemokraten bestimmen die Geschicke an der Weser seit sieben Jahrzehnten. Das ist sogar noch länger, als es die Christsozialen bislang in Bayern schafften. Doch Böhrnsens rot-grünes Regierungsbündnis bekam jetzt einen herben Dämpfer verpasst. Weil sowohl die sieggewohnten Bremer Sozialdemokraten als auch die Grünen kräftig Federn lassen mussten, könnte nun die kuriose Situation eintreten, dass ausgerechnet die beiden Wahlverlierer in der Hansestadt weiter regieren können. Bremen bestätigt damit, was auch im Bund seit geraumer Zeit Trend ist: Rot-Grün ist nicht mehr sexy. Und will die SPD wirklich wieder einmal den Kanzler stellen, dürfte sie nicht nur einen, sondern gleich zwei Partner brauchen. Aber weder ein Dreierbündnis unter Einschluss der Linken noch eines mit den offenbar wiedererstarkenden Liberalen wäre eine wirkliche Macht-Option für Gabriel, Nahles, Steinmeier und Co. Die SPD steckt in einer Zwickmühle. Das nicht berauschende Abschneiden der CDU hingegen war im Berliner Konrad-Adenauer-Haus bereits vor dem Urnengang an der Weser eingepreist. Mit einer zur Spitzenkandidatur gedrängten Elisabeth Motschmann, die keinen wirklich zündenden Gegenentwurf zum Weiter-so der Bremer SPD zu bieten hatte, bleiben für die Christdemokraten wahrscheinlich wieder nur die harten Oppositionsbänke. Das ist invielen bayerischen Großstädten übrigens nicht anders. Und beide C-Parteien haben kein Rezept dagegen. Hinzu kommt im Norden, dass die ausländerkritische AfD im Lager der Konservativen wildert. In Bremen gesellt sich obendrein noch die Wählervereinigung Bürger in Wut hinzu, die über Bremerhaven den Einzug ins Länderparlament geschafft haben könnte. Die Gegnerschaft von Rechts, von Euro- und ausländerkritischen bis offen rechtsextremen Parteien macht es den Unionsparteien in Deutschland auch nicht leicht. Die alles überragende Beliebtheit von Kanzlerin Angela Merkel überdeckt dieses Problem jedoch. Und für diejenigen in der CDU, die nach 2017 im Bund allen Ernstes mit Schwarz-Grün liebäugeln, dürfte nun klar sein, mit schwachen Grünen, die sich in vielen Fragen als Fundamentalopposition gerieren, ist kein Staat zu machen. Vor dieser Gemengelage kommt das Abschneiden der Freidemokraten fast wie eine politische Wiederauferstehung daher. Bereits in Hamburg hat die neuformierte Partei von Christian Lindner mit einer jungen flotten Spitzenfrau den Einzug in die Bürgerschaft geschafft. In Bremen gelang dies nun nach vierjähriger Parlamentsabstinenz. Und sollte sich die AfD bundesweit weiterhin so zerlegen, wie sie das bisher tut, dann könnte das die Liberalen weiter beflügeln. Die schwarz-rote Koalition tut ohnehin das Ihrige dafür, dass die totgesagte FDP wieder quicklebendig aus der Gruft springen könnte. Angela Merkel wäre vermutlich nicht böse darüber.
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