Frankfurt (ots) - Fangen wir mit einem Detail an, das aber hohen Symbolwert hat und viel über den Respekt gegenüber den Aktionären jener Bank aussagt, deren Name sie mit einer Nationalität, einer Heimat und einer Sprache verbindet - mögen auch 43% des Grundkapitals im Ausland liegen und mehr als die Hälfte der Mitarbeiter jenseits der Grenze eingesetzt sein. Co-Chef Anshu Jain sprach auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank über die Einlösung von Versprechen. Beim Aktionärstreffen 2013 hatte er in Aussicht gestellt, im Jahr darauf etwas besser Deutsch zu sprechen (wobei die ersten Versuche durchaus respektabel ausgefallen waren). 2014 bat er "erneut um Geduld mit meinem Deutsch". Am Donnerstag entschied sich Jain ("An diesem Tag ist jedes Wort wichtig") für seine Muttersprache Englisch, das Publikum in der Frankfurter Festhalle hörte die Simultanübersetzung.
Die Verständigungsprobleme zwischen Jain und einzelnen anderen Vorstandsmitgliedern, aber auch dem Aufsichtsratsvorsitzenden Paul Achleitner auf der einen und den Aktionären der Bank auf der anderen Seite sowie Schwierigkeiten beim Einlösen von Versprechen beschränken sich indes nicht auf die Sprache. Was hier offenbar wird, ist vielmehr mindestens ein gestörtes Verhältnis, eher wohl sogar ein Zerwürfnis. Wer in den vergangenen Jahrzehnten regelmäßig die Hauptversammlungen deutscher Großbanken besucht hat, muss feststellen, dass die Deutsche Bank anno 2015 das Niveau der Commerzbank erreicht hat, was den Enttäuschungs- und Empörungspegel der versammelten Anteilseigner wegen des höchst unbefriedigenden Zustands und des beklagenswerten Erscheinungsbildes ihrer Bank angeht. Nur waren es bei den Gelben in der Vergangenheit regelmäßig vor allem persönlich betroffene Wutaktionäre, die mit ihrer kolossalen Kritik tosenden Beifall der Hauptversammlung ernteten.
Vertrauen entzogen
Bei den Blauen hingegen probten jetzt vornehmlich Institutionelle, die jeder für sich zig Milliarden Euro an Kapital repräsentieren, den Aufstand. Ihre brutalstmögliche Abrechnung war nicht annähernd so emotional, wie man es von der Commerzbank kennt, dafür aber seziermesserscharf analytisch. Dies und die Tatsache, dass die professionellen Redner reihenweise der Führung der Bank das Vertrauen entzogen und insbesondere Jain als früheren Leiter des Investment Banking für das von ihnen konstatierte Scheitern der "Strategie 2015+", für unzählige Rechtsstreitigkeiten, Skandale aller Art, Strafzahlungen in Multimilliardenhöhe, einen Alptraum für die Aktionäre oder schlicht "den Niedergang dieses Hauses" verantwortlich machten, wiegt ungleich schwerer als Affekte oder Polemik.
Dabei waren die Sympathien der in Frankfurts "Gudd Stubb" anwesenden rund 5000 Aktionäre durchaus aufschlussreich verteilt. Co-Chef Jürgen Fitschen konnte zum Beispiel spontanen unterstützenden Beifall einheimsen, als er mit Blick auf den laufenden Münchener Strafprozess auch bei dieser Gelegenheit noch einmal versicherte, in der Causa Kirch weder gelogen noch betrogen zu haben, und um Geduld bat, bis die Vorwürfe vor Gericht ausgeräumt seien.
Applaus für Neske
Den deutlich stärksten Applaus - neben ein paar warmen Worten Achleitners und des Führungsduos - aber bekam bezeichnenderweise ausgerechnet jenes Vorstandsmitglied, das die Bank verlässt: Privat- und Geschäftskundenchef Rainer Neske. Ein weiterer Bankier, kein Banker, gehe da von Bord, tat Aktionärsschützer Klaus Nieding vielsagend kund. Neske will und kann die Dezimierung seines Bereichs - unter anderem durch die beschlossene Abtrennung der Postbank - nicht mittragen. Und er vermag seinen Leuten nicht zu erklären, dass im Ergebnis sie mit Einsparungen die Zeche für teure Vergleiche oder Bußen zahlen sollen, die auf das Konto der Investmentbanker gehen. So interpretiert man es in der Bank. Ob Neske noch mal gebraucht wird? "Gehen Sie nicht zu weit weg", riet ihm ein Aktionär. Dafür geht Christian Ricken, de facto Neskes Vize, der von manchen eben noch als Nachfolger gehandelt wurde, gleich mit - jedenfalls verlässt er das Group Executive Committee.
Sollte der vom früheren Investmentbanker Achleitner gelenkte Aufsichtsrat geglaubt haben, mit dem am späten Vorabend der Hauptversammlung verkündeten neuerlichen Vorstandsumbau - dem zweiten binnen sieben Monaten - einen Befreiungsschlag landen zu können, so dürfte ihn der Verlauf des Aktionärstreffens eines Besseren belehrt haben. Wobei die eigentliche Überraschung in puncto Reorganisation aus Sicht des Publikums übrigens nicht darin besteht, dass Jain nun im Vorstand die Verantwortung für Strategie und Organisationsentwicklung übernimmt - sondern darin, dass er sie noch nicht hatte (zuständig war zuletzt der bisherige Finanzchef Stefan Krause). Diese Aufgabe hätte doch schon bisher Chefsache sein müssen, gab auch Ingo Speich, Senior Portfoliomanager von Union Investment, mit gewisser Verwunderung zu Protokoll.
Manche mögen Jain durch die Neuverteilung der Zuständigkeiten gestärkt sehen. Doch der Vorstand genießt "in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung", so Hans-Christoph Hirt vom Aktionärsberater und Fondsmanager Hermes EOS und andere, nicht mehr das Vertrauen der Eigentümer. Das wurde in der Hauptversammlung überdeutlich. Als feinfühliger Zeitgenosse sollte man angesichts der zwar sachlichen, aber im Ergebnis niederschmetternden Kritik und des offenbar irreparabel zerstörten Vertrauens darüber nachdenken, ob man nicht vor Scham im Boden versinken und zurücktreten muss - ganz unabhängig von desolaten Abstimmungsergebnissen.
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Die Verständigungsprobleme zwischen Jain und einzelnen anderen Vorstandsmitgliedern, aber auch dem Aufsichtsratsvorsitzenden Paul Achleitner auf der einen und den Aktionären der Bank auf der anderen Seite sowie Schwierigkeiten beim Einlösen von Versprechen beschränken sich indes nicht auf die Sprache. Was hier offenbar wird, ist vielmehr mindestens ein gestörtes Verhältnis, eher wohl sogar ein Zerwürfnis. Wer in den vergangenen Jahrzehnten regelmäßig die Hauptversammlungen deutscher Großbanken besucht hat, muss feststellen, dass die Deutsche Bank anno 2015 das Niveau der Commerzbank erreicht hat, was den Enttäuschungs- und Empörungspegel der versammelten Anteilseigner wegen des höchst unbefriedigenden Zustands und des beklagenswerten Erscheinungsbildes ihrer Bank angeht. Nur waren es bei den Gelben in der Vergangenheit regelmäßig vor allem persönlich betroffene Wutaktionäre, die mit ihrer kolossalen Kritik tosenden Beifall der Hauptversammlung ernteten.
Vertrauen entzogen
Bei den Blauen hingegen probten jetzt vornehmlich Institutionelle, die jeder für sich zig Milliarden Euro an Kapital repräsentieren, den Aufstand. Ihre brutalstmögliche Abrechnung war nicht annähernd so emotional, wie man es von der Commerzbank kennt, dafür aber seziermesserscharf analytisch. Dies und die Tatsache, dass die professionellen Redner reihenweise der Führung der Bank das Vertrauen entzogen und insbesondere Jain als früheren Leiter des Investment Banking für das von ihnen konstatierte Scheitern der "Strategie 2015+", für unzählige Rechtsstreitigkeiten, Skandale aller Art, Strafzahlungen in Multimilliardenhöhe, einen Alptraum für die Aktionäre oder schlicht "den Niedergang dieses Hauses" verantwortlich machten, wiegt ungleich schwerer als Affekte oder Polemik.
Dabei waren die Sympathien der in Frankfurts "Gudd Stubb" anwesenden rund 5000 Aktionäre durchaus aufschlussreich verteilt. Co-Chef Jürgen Fitschen konnte zum Beispiel spontanen unterstützenden Beifall einheimsen, als er mit Blick auf den laufenden Münchener Strafprozess auch bei dieser Gelegenheit noch einmal versicherte, in der Causa Kirch weder gelogen noch betrogen zu haben, und um Geduld bat, bis die Vorwürfe vor Gericht ausgeräumt seien.
Applaus für Neske
Den deutlich stärksten Applaus - neben ein paar warmen Worten Achleitners und des Führungsduos - aber bekam bezeichnenderweise ausgerechnet jenes Vorstandsmitglied, das die Bank verlässt: Privat- und Geschäftskundenchef Rainer Neske. Ein weiterer Bankier, kein Banker, gehe da von Bord, tat Aktionärsschützer Klaus Nieding vielsagend kund. Neske will und kann die Dezimierung seines Bereichs - unter anderem durch die beschlossene Abtrennung der Postbank - nicht mittragen. Und er vermag seinen Leuten nicht zu erklären, dass im Ergebnis sie mit Einsparungen die Zeche für teure Vergleiche oder Bußen zahlen sollen, die auf das Konto der Investmentbanker gehen. So interpretiert man es in der Bank. Ob Neske noch mal gebraucht wird? "Gehen Sie nicht zu weit weg", riet ihm ein Aktionär. Dafür geht Christian Ricken, de facto Neskes Vize, der von manchen eben noch als Nachfolger gehandelt wurde, gleich mit - jedenfalls verlässt er das Group Executive Committee.
Sollte der vom früheren Investmentbanker Achleitner gelenkte Aufsichtsrat geglaubt haben, mit dem am späten Vorabend der Hauptversammlung verkündeten neuerlichen Vorstandsumbau - dem zweiten binnen sieben Monaten - einen Befreiungsschlag landen zu können, so dürfte ihn der Verlauf des Aktionärstreffens eines Besseren belehrt haben. Wobei die eigentliche Überraschung in puncto Reorganisation aus Sicht des Publikums übrigens nicht darin besteht, dass Jain nun im Vorstand die Verantwortung für Strategie und Organisationsentwicklung übernimmt - sondern darin, dass er sie noch nicht hatte (zuständig war zuletzt der bisherige Finanzchef Stefan Krause). Diese Aufgabe hätte doch schon bisher Chefsache sein müssen, gab auch Ingo Speich, Senior Portfoliomanager von Union Investment, mit gewisser Verwunderung zu Protokoll.
Manche mögen Jain durch die Neuverteilung der Zuständigkeiten gestärkt sehen. Doch der Vorstand genießt "in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung", so Hans-Christoph Hirt vom Aktionärsberater und Fondsmanager Hermes EOS und andere, nicht mehr das Vertrauen der Eigentümer. Das wurde in der Hauptversammlung überdeutlich. Als feinfühliger Zeitgenosse sollte man angesichts der zwar sachlichen, aber im Ergebnis niederschmetternden Kritik und des offenbar irreparabel zerstörten Vertrauens darüber nachdenken, ob man nicht vor Scham im Boden versinken und zurücktreten muss - ganz unabhängig von desolaten Abstimmungsergebnissen.
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