Bielefeld (ots) - Kaum ein Land in Europa wird so sehr von den furchtbaren Phasen der eigenen Geschichte bestimmt wie die unseres Nachbarlandes im Osten. Drei Mal teilten Russland, Preußen und Österreich Polen unter sich auf. Und auch damit war es nicht genug: Ob Wiener Kongress, Hitler-Stalin-Pakt oder die Westverschiebung nach dem Zweiten Weltkrieg - immer haben sich die Polen als Opfer ihrer Nachbarn gesehen, und oft genug sind sie es auch tatsächlich gewesen. Man muss sich dies in Erinnerung rufen, um einen einigermaßen verständnisvollen Blick auf die Wahlentscheidungen in Polen vom Wochenende zu erhalten. Die EU ist der Garant des Wohlstands - aber die Polen wählt einen Präsidenten, der auf nationalistische Ideen setzt. Die EU ist die Garantiemacht für Polens Unabhängigkeit gegenüber Rußland - aber die polnische Bevölkerung wählt einen Präsidenten, der die nationale Identität gegen die EU-Partner betont, mehr noch: Von Andrzej Duda dürfen die Polen einen Kurs ähnlich dem des unagrischen Premiers Orban erwarten, der sich national-konservativ von Europa abwendet. Was ist geschehen, dass sich Polen mit seiner Präsidentenwahl abwendet von den Partnerschaften, die ihm Zukunft garantieren? Vermutlich ist der Rückfall aufs Nationale in seinen Ursachen vergleichbar mit dem radikalen Linksruck bei den Kommunalwahlen in Spanien. Dort gründet der Zulauf der Europakritiker auf einer unnachgiebigen Spar- und Vorschriftspolitik der EU, der sich eine wachsende Zahl von Menschen nicht mehr unterwerfen will. Vielleicht aber ist der polnische Nationalismus auch nur begründet in dem Misstrauen gegen einen europäischen Liberalismus, wie er sich im irischen Votum für das Eherecht von Homosexuellen zeigt. Die Wahlergebnisse Polens und Spaniens offenbaren - wie die von Briten und Griechen - eine Legitimationskrise der EU. Es wird Zeit, die Technokraten in die Schranken zu weisen und der politischen Idee der EU, die auf den Werten der Aufklärung beruht, neue Dynamik zu geben. Wohl dem Land, das eine Führung hat, die dieser Tradition nacheifern kann. Aktuell ist sie kaum irgendwo zu erkennen.
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