Regensburg (ots) - Der Name könnte passender nicht sein. Unter dem Codenamen "Darwin" ermittelt die Schweizer Bundesanwaltschaft gegen den Fußball-Weltverband Fifa - weil bei der Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar Schmiergeld geflossen sein soll. Und was der britische Forscher für die Natur entdeckt hat, gilt nun auch für eine der bedeutendsten Sportarten des Planeten: "survival of the fittest" - zu deutsch: Überleben des am besten Angepassten. Die Fifa muss sich - freiwillig oder gezwungen - schnell reformieren, weil sie sonst den Fußball zerstört. Natürlich hat es dort schon immer Skandale gegeben. Doping, Wettskandal, Schmiergelder... Die Liste ließe sich lange fortsetzen, nachhaltig geschadet hat es der Sportart nie - bisher. Doch der jetzige Skandal und noch mehr der Umgang der Fifa damit drohen, den Fußball zu zerstören: von der WM bis zur B-Klasse. Fußball ist ein selbstverständlicher Teil des Schulsports, im deutschen Vereinsleben ist der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit mehr als sechs Millionen Mitgliedern der wichtigste Verband, und zumindest die rudimentären Fußballregeln sind jedem bekannt. Fußball ist ein Volkssport. Doch er krankt schon länger an der Kluft zwischen Verbandsfunktionären, Ehrenamtlichen sowie den Profi- und Amateur-Sportlern. Der jetzige Skandal wird nicht nur diese Kluft noch verschlimmern, sondern droht auch die Unbefangenheit an der Basis und bei den Fans zu erschüttern. Die verbalen Empörungen aus Wirtschaft, Medien, Politik und dem Fußball selbst, die über den Zürichsee hallen, sind ein erster Donnerhall des Sturms, der gerade heraufzieht. Nun wird natürlich keine Mutter sagen: "Der Blatter hat betrogen, mein Junge, du darfst jetzt nicht mehr zum Jugendtraining." Aber die Krise, in welcher der Fußball aktuell steckt, markiert den Beginn einer Entwicklung. Ähnliches ist mit dem Radsport passiert, den der Doping-Skandal an den Rande der Bedeutungslosigkeit getrieben hat. Das wird auch dem Fußball passieren - wenn nicht schnell gegengesteuert wird. Das Beispiel Radsport zeigt auch das zweite große Problem: Geld. Wenn tatsächlich große Sponsoren - wie Visa, Coca Cola und McDonald's - oder Medienpartner nicht nur drohen, sondern sich wirklich abwenden würden, wäre schnell das Geld knapp. Der Beginn einer fatalen Abwärtsspirale: TV-Vermarktungsrechte wären weniger wert, wenn sie keiner haben will. Das komplexe Finanzsystem würde kollabieren. Aber auch anderweitig trägt die Fifa dazu bei: zum Beispiel durch die WM in Katar. Dieses Turnier wird ein Flop. Punkt. Vorher: Tote Bauarbeiter, Skandale bei der Vergabe und offizielle Ermittlungen. Währenddessen: Kaum Fans vor Ort und sportlich fragwürdige Bedingungen. Danach: Verwaiste Millionenstadien in Katar, völlig durcheinandergewirbelte Spielpläne vieler europäischer Ligen und kaum Regenerationschancen für die Spieler. Das und nichts anderes wird diese verrückte Veranstaltung bringen. Ganz am Ende bleibt eine gute Nachricht: Noch ist Zeit, dem Wahnsinn Einhalt zu gebieten - und hier stehen viele in der Verantwortung. Denn die Fifa hat bewiesen, dass sie nicht in der Lage ist, sich selbst zu reformieren. Erstens sind daher externe Beobachter unerlässlich, wenn der dunkle Moloch, in den sich der Verband verwandelt hat, wieder Tageslicht sehen soll. Zweitens ist die Politik gefordert. Es kann nicht sein, dass der englische Premier Cameron Stellung bezieht, während die deutsche Politik herumlaviert. Drittens müssen die Sponsoren und auch die Uefa nicht drohen, sondern handeln. Viertens muss die Heuchelei der Fans ein Ende haben: Sich zwischen zwei Turnieren kurz aufzuregen, um dann 2022 auf dem Weihnachtsmarkt Deutschland-Fahnen zu schwenken, ist an Doppelmoral schwer zu überbieten. Und erst dann kann passieren, was schon lange überfällig ist: Blatter muss zurücktreten. Dass er es überhastet vor der Wahl nicht gemacht hat, war richtig. Ohne das Feld für seinen Nachfolger zu bereiten, wäre die Fifa noch tiefer im Chaos versunken. Doch er muss gehen. "Der Fußball ist größer als jeder Präsident", hat Uefa-Chef Platini gesagt. Recht hat er.
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