Bielefeld (ots) - Die harmonischen Bilder vom Fuße des Karwendel-Gebirges ließen für einen Moment vergessen, vor welcher Steilwand Gipfelstürmer der G7 standen. Es lag an den Demonstranten hinter dem Sicherheitszaun, daran zu erinnern, dass im bayerischen Elmau tatsächlich nicht alles eitel Sonnenschein war. Selten zuvor standen die Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industrienationen vor so vielen Herausforderungen gleichzeitig. Mit dem wieder auflodernden Konflikt in der Ukraine, dem Vormarsch der Terrortruppen des »Islamischen Staats« und dem Widerstand gegen die internationalen Handelsabkommen mussten die G7-Führer ihre ganze politische Bergsteigerkunst unter Beweis stellen. Die Obama-Merkel-Seilschaft erwies sich dabei einmal mehr als unverzichtbar. Der US-Präsident wendet sich in Krisensituationen inzwischen nicht mehr instinktiv an den britischen Premierminister, sondern an die deutsche Regierungschefin. »Angela's« abgeklärte Coolness kommt seinem eigenen Naturell sehr entgegen. Die Kanzlerin dankte Obama nicht nur mit einer zünftigen Brotzeit, sondern höflichem Schweigen über die jüngsten NSA-Unstimmigkeiten im transatlantischen Verhältnis. Der Präsident versteht umgekehrt, dass er das Leben der Gastgeberin leichter macht, wenn er mit einer Charmeoffensive die »Krauts« für sich einnehmen kann. Bei Weißwurst und alkoholfreiem Weißbier tat er sein Bestes. Auch in der Sache ging es voran. Die Kanzlerin sagte unmissverständlich, was auch Obama denkt: Eine Teilnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin an der G7-Runde sei unter gegebenen Umständen nicht vorstellbar; erst Recht nicht vor dem Hintergrund seiner polemischen Angriffe auf den Westen. Putin feuert zurück und hilft Obama damit, die Gipfel-Teilnehmer darauf einzuschwören, das Prinzip der Unverletzbarkeit der Grenzen souveräner Staaten in Europa zu verteidigen und an den Sanktionen festzuhalten. Im Kampf gegen den »Islamischen Staat« geht es ebenfalls darum, die Einheit zu wahren. Wobei die G7 von einer durchschlagenden Strategie für einen Sieg über die Extremisten weit entfernt bleibt. Die USA fahren im Mittleren Osten auf Sicht; in der Hoffnung, auch so ans Ziel zu kommen. Nüchtern betrachtet gibt es nicht viel mehr als einen Minimal-Konsens darüber, was man nicht tun will: Bodentruppen zurück in den Irak oder nach Syrien zu schicken. Beim Thema Handelsabkommen rannte Obama offene Türen ein. So idyllisch der Rahmen des Alpenpanoramas für das Gruppenbild der G7 auch ausfiel, so besorgt verfolgten die Gastgeber den Wetterbericht, der Donnern und Blitze vorhersagte. Das Gewittergrollen der Weltkrisen war keinesfalls zu überhören und ließ die Gipfelstürmer nach diesem Auftakt bestenfalls eine kleine Etappe zurücklegen.
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